Einleitung: WachgerĂŒttelt â und jetzt?
Strafzölle mĂŒssen nicht das Ende sein â sondern der Anfang einer strategischen Neuaufstellung. Mögliche Strategien der Schweiz im Umgang mit den angekĂŒndigten reziproken US-Zöllen von 39 %. Eine persönliche und lösungsorientierte Stellungnahme von Claudia Feusi.ÂDie Schweiz wurde durch die AnkĂŒndigung reziproker US-Zölle von 39 % kalt erwischt. Trotz aller wirtschaftlichen Vernunft trifft ein machtpolitisches Signal den Werkplatz hart â gerade weil die Schweiz zu den offensten Volkswirtschaften der Welt gehört. Mit einem durchschnittlichen Zollsatz von nur 1,7 % und einem dichten Netz an Freihandelsabkommen steht sie fĂŒr regelbasierten Welthandel. Doch diese Offenheit wird zur Verletzlichkeit. Die ungerechtfertigten Zölle bedrohen mehrere 10'000 Jobs in der Exportindustrie. Und doch: Dieser Moment birgt auch eine Chance.
Strategien fĂŒr Unternehmen haben wir die letzten Monate zahlreiche erarbeitet, zum Beispiel:- https://douana.ch/strategien-von-unternehmen-zur-umgehung-von-strafzoellen/
- https://douana.ch/warenursprungsfestlegung-im-us-zollrecht-detaillierte-analyse-der-regelungen-nach-19-cfr-%c2%a7-102-20/
- https://douana.ch/ursprungsbestimmung-im-us-zollrecht-analyse-des-cbp-rulings-hq-h302821-am-beispiel-volvo/
- https://douana.ch/handelsabkommen-zwischen-den-usa-und-der-schweiz-sowie-circumvention-geschaefte/
- https://douana.ch/leitfaden-section-232-zoelle-auf-stahl-und-aluminium-derivate-und-kapitel-73-76-unterschiede/
- https://douana.ch/anteil-von-stahl-und-aluminium-berechnen-strafzoelle-usa/
- https://douana.ch/fachtagung-export-import-themen/
- https://douana.ch/first-sale-rule-wie-unternehmen-beim-export-in-die-usa-zoll-sparen-koennen/
- Ursprungsland im Export und Import korrekt angeben
FĂŒr Unternehmen stellen wir hier unser E-Learning zu Strafzöllen bereit. Unser FAQ_Strafzoelle_040525.Â
Heute möchte ich mich lösungsorientiert zu den politischen Möglichkeiten Ă€ussern.Denn was als einseitige Strafmassnahme beginnt, kann die Schweiz zu einer strategischen Neuaufstellung zwingen â mutiger, diversifizierter, souverĂ€ner. Jetzt geht es darum, Verluste nicht nur zu verwalten, sondern Zukunft zu gestalten: Wie kann die Schweiz unter geopolitischem Druck neu denken â ohne ihre Prinzipien preiszugeben.
Analyse der Ausgangslage
Die wirtschaftliche Relevanz der Schweiz mit den USA ist beachtlich: Ăber 300 Mrd. CHF an Direktinvestitionen, rund 500'000 geschaffene US-ArbeitsplĂ€tze, höchste Löhne aller auslĂ€ndischen Arbeitgeber, und ein struktureller US-Ăberschuss im Dienstleistungshandel von ĂŒber 20 Mrd. CHF jĂ€hrlich.
Hinzu kommt: 17,3 % des Schweizer BIP stammen aus dem Warenexport. 2023 waren die USA mit 6,1 % des BIP der wichtigste Absatzmarkt fĂŒr Schweizer Produkte â dreimal so bedeutend wie China. Der Wohlstand der Schweiz hĂ€ngt also ĂŒberdurchschnittlich stark vom regelbasierten Welthandel ab â und genau dieser wird nun zur Machtfrage.
Besonders betroffen vom Zollkonflikt ist die chemisch-pharmazeutische Industrie, die mehr als die HÀlfte aller Schweizer Warenexporte trÀgt. Dahinter folgen Maschinenbau und Elektronik mit rund 11 %. Auch im Dienstleistungsbereich ist die Schweiz stark: Softwarelizenzen, Markenrechte und Engineering-Leistungen machen sie zu einem gefragten globalen Anbieter. Vieles ist noch unklar, aber der Grundton ist gesetzt. Auch wenn der Wind seine Richtung jederzeit drehen kann, sollte man vom Worst Case ausgehen.
Ein erhebliches Risiko - die grösste Gefahr fĂŒr die Schweiz- ergibt sich somit in den erst noch angedrohten hohen Zöllen auf Pharmaprodukte.Die wichtige Pharmaindustrie steht unter einer Section 232-Untersuchung. (Trump sprach von 200% Zollansatz innerhalb den nĂ€chsten Jahren, Indien bezahlt bereits seit 1.8 bereits 40% u.a fĂŒr Generika, auch bei der EU sind 15% im Fokus). Gleichzeitig stehen Drohungen im Raum, dass die Preise fĂŒr Pharmaprodukte in den USA auch von Schweizer Herstellern gesenkt werden sollten.KOF veröffentlicht dazu, ich zitiere:
- WĂŒrde insgesamt der 39% Zollansatz zur Anwendung kommen, mĂŒsste mit einem scharfen RĂŒckgang des BIPs von mindestens 0.7% gerechnet werden und damit Einkommensverluste im Durchschnitt von gegen 700 CHF pro Person und Jahr.
- Pharma mit 10%-Zoll:mindestens 0.3% RĂŒckgang des BIPs zu erwarten, was jeden Schweizer und jede Schweizerin im Durchschnitt fast 300 CHF pro Jahr kosten wĂŒrden.
Kurzfristige Reaktionen: Nicht Vergeltung, sondern Profil schÀrfen
WTO-konforme Retorsionsmassnahmen wie spezifische Dienstleistungssteuern oder Abgaben auf US-Produkte wÀren theoretisch denkbar. Doch sie passen nicht zur aussenwirtschaftlichen IdentitÀt der Schweiz. Sie erzeugen weder in Washington Druck noch verbessern sie das strategische Umfeld. Einerseits sind im Pharmabereich daher deutlich Investitionsversprechungen in den USA notwendig, aber was noch?
Standort Schweiz im zukunftstrÀchtigen Tech-Markt ausbauen und Innovationen lokal sichern
Die Schweiz sollte jetzt nicht nur an Exportförderung denken, sondern ihre strukturellen Standortvorteile proaktiv kommunizieren: attraktive Unternehmenssteuern, stabile Rahmenbedingungen, zentrale Lage, Innovationskraft. Auch US-Investoren und Unternehmen lassen sich nicht mit Gegendruck, sondern mit positiven Anreizen halten und anlocken.Beispiel: Unser Forschungsstandort und unsere Innovationskraft gehören weltweit zur Spitze: Die Schweiz investiert pro Kopf mit am meisten in Forschung und Entwicklung (ĂŒber 3 % des BIP), zĂ€hlt ĂŒber 20 UniversitĂ€ten und Hochschulen mit internationaler Ausstrahlung und fĂŒhrt regelmĂ€Ăig die Rankings der InnovationsfĂ€higkeit an.
Die Schweiz steht unbestritten an der Spitze der Deep-Tech-Nation: Innovatoren aus ETH, EPFL und anderen Institutionen haben Unternehmen hervorgebracht wie Climeworks, ID Quantique, Oxyle oder LatticeFlow, die globale Beachtung und massive internationale Finanzierung erhalten. Ihr globaler Unternehmenswert liegt bei ĂŒber 100 Mrd. USD. Doch viele Exits â wie bei Calypso Biotech oder Viventis Microscopy â fanden im Ausland statt. HĂ€ufig wurden sie von internationalen Konzernen ĂŒbernommen.
Zwischen 2019 und 2025 flossen 60 % des gesamten Venture-Kapitals in Deep Tech, bis zu 96 % der spĂ€teren Finanzierungsrunden wurden von Investor:innen aus dem Ausland â mehrheitlich aus den USA â angefĂŒhrt.
Es geht heute nicht mehr nur um Exportförderung. Viel entscheidender ist die Frage: Wie behalten wir diese zukunftsbestimmenden Produkte im Land, die aus unserer Spitzenforschung entstehen? Denn genau diese technologischen DurchbrĂŒche sind unsere wirtschaftliche Zukunft â in einer Welt, die sich technologisch gerade radikal neu sortiert. In DĂŒbendorf sollen zukĂŒnftig Chips hergestellt werden - ein wichtiger Schauplatz der Zukunft der Schweiz.
Damit diese Produkte und Firmen in der Schweiz wachsen können, braucht es zudem schlanke, innovationsfreundliche Rahmenbedingungen. Die EU arbeitet sich aktuell an detaillierten KI-Gesetzen und Regulierungswerken ab â wir dĂŒrfen dies nicht zu restriktiv nachahmen. Der Schweizer Vorteil war meines Erachtens schon immer Pragmatismus und AgilitĂ€t â und genau das ist jetzt gefragt: Denn wer zuerst die Autobahn plant, bevor es Autos gibt, verpasst den Anschluss. Wir mĂŒssen zuerst Bewegung ermöglichen â dann kommt die Richtung. Unser regulatorischer Vorsprung ist genauso unser Standortvorteil. Den mĂŒssen wir jetzt aktiv nutzen.
Diversifizieren und breit denken
Wichtiger denn je ist die strategische Diversifikation der ExportmĂ€rkte. Neue MĂ€rke erschliessen. Die Schweiz steht mit mehreren neuen Freihandelsabkommen bereit:- Indien (EFTA-TEPA) tritt im Herbst 2025 in Kraft â mit Potenzial fĂŒr Milliardeninvestitionen und tiefere Zölle.
- Auch Thailand (unterzeichnet), Mercosur und Malaysia (bereit zur Ratifizierung) bieten neue ExportkanÀle.
- Weitere Marktpotentiale ergeben sich anhand der aktuellsten Ăbersicht der Freihandelsabkommen.
CPTPP und Schweiz als strategischer Hebel
Ganz besonders betonen möchte ich auch den möglichen Zugang zur CPTPP: Bereits mit etlichen LĂ€ndern der Zone haben wir Freihandelsabkommen. Eine Vereinheitlichung mit Mut zur LĂŒcke könnte den Handlungsspielraum der Schweiz im pazifischen Raum deutlich erweitern. Dieses Thema erachte ich als besonders wichtig,
Neue und modernisierte Freihandelsabkommen sind kein Selbstzweck, sondern strategische Schutzmechanismen. Sie reduzieren AbhÀngigkeiten und öffnen ZugÀnge zu wachstumsstarken MÀrkten:
Ein Blick auf bestehende Abkommen zeigt, wie wirksam Freihandel sein kann: Die Schweiz und Japan steigerten ihren bilateralen Warenverkehr seit dem Inkrafttreten ihres Freihandelsabkommens im Jahr 2009 um insgesamt 51 %. Im ersten Halbjahr 2025 belief sich das Handelsvolumen auf 8,0 Mrd. Franken â Japan ist heute der zehntwichtigste Handelspartner der Schweiz.
Diese Entwicklung zeigt: Gezielte Abkommen bringen echten wirtschaftlichen Nutzen â nicht nur symbolisch, sondern substanziell.
EU: SchwÀche als Risiko, NÀhe als Pflicht
Die EU ist der wichtigste Wirtschaftspartner der Schweiz â trotz blockierter institutioneller Beziehungen. Die Stagnation birgt Risiken: regulatorische Erosion, ungleiche MarktzugĂ€nge, Isolation in Forschungsprogrammen.
Gerade deshalb ist es essenziell, die bilateralen VertrĂ€ge auf den Punkt zu bringen. Die EU mag politisch und wirtschaftlich schwĂ€cheln â sie bleibt systemrelevant. Doch die EU alleine wird uns nicht retten. Auffallend ist, dass wir auf EU-Anliegen in Verhandlungen gegenĂŒber USA und China RĂŒcksicht nehmen, aber dadurch oft ein schlechteres Resultat erzielen. Vielleicht ist es Zeit, diesbezĂŒglich erwachsen zu werden:
Ich frage mich, ob wir nicht gewisse Dogmen ĂŒberdenken mĂŒssen. Einerseits ist es wichtiger denn je, dass wir schlanke Rechtssysteme beibehalten und unabhĂ€ngig agieren können. Andererseits sind wir keine Insel inmitten Europas â Europa ist unser wichtigster Kunde und Lieferant, und ein geeintes Europa mit Ă€hnlichen Rahmenbedingungen ist unabdingbar.
Beachtet muss auch die indirekte Exportdynamik werden: Einerseits leiden wir durch den Markteinbruch der EU,  andererseits verlieren wir als Zulieferant der EU-Industrie durch potenzielle Strafzölle an AttraktivitÀt. Es geht also nicht nur um Exporte in die USA, sondern auch um Lieferungen an die EU-Industrie, die die USA beliefern.
Der China-Faktor: Chancen nutzen â aber mit Kompass
Das Freihandelsabkommen mit China von 2014 machte die Schweiz zum Vorreiter in Europa. Heute ist China unser drittwichtigster Handelspartner â besonders fĂŒr Maschinen, Uhren und Pharma. Gleichzeitig ist das VerhĂ€ltnis politisch aufgeladen: Zwischen den geopolitischen Spannungen der USA und Chinas braucht die Schweiz einen prinzipienfesten, aber pragmatischen Kurs.
Auch die EU verfolgt teilweise klare Vorstellungen, wie wir uns in diesem Spannungsfeld zu verhalten haben. Doch Kooperation mit China muss weder naiv noch ideologisch gefĂŒhrt werden â sondern strategisch, sachlich und eigenstĂ€ndig. Gerade im Bereich Technologie, Fertigung und KI ist Chinas Innovationskraft gewaltig â es wĂ€re falsch, sich dieser Dynamik reflexhaft zu verschliessen.
Anstatt in ein Nullsummenspiel zu verfallen, kann eine proaktive, kluge Zusammenarbeit sinnvoller denn je sein â wirtschaftlich wie geopolitisch.
Die eigentliche Herausforderung: Wie können wir gleichzeitig den USA, der EU und China gerecht werden? Es fĂŒhlt sich an wie eine offene Partnerschaft, in der jeder vorgibt, was man mit dem anderen tun darf â und was nicht. Die Schweiz braucht hier keine LautstĂ€rke, sondern strategische SouverĂ€nitĂ€t â einen klaren, selbstbestimmten Kurs zwischen den Blöcken.
Wirtschaftliche Offenheit braucht heute ein aussenpolitisches RĂŒckgrat â und eine klare Kommunikation gegenĂŒber beiden Seiten.
Exportförderung geht auch anders
Parallel zur strategischen Standortpolitik sollte auch die Exportförderung mittels Fördergelder an die Privatwirtschaft anstatt Organisationen erweitert werden. Gerade in volatilen Zeiten kĂŒrzen Unternehmen beispielsweise Innovationen, Weiterbildung und Beratung â mit spĂŒrbaren Auswirkungen auf den Exporterfolg.Genau hier braucht es nicht nur Informationen, sondern die Verbreitung und Förderung von  bestehenden Angeboten. Statt sich primĂ€r auf Eigenleistungen von Organisationen zu konzentrieren und die Organisation noch mehr zu belasten, sollte die Exportförderung offener werden fĂŒr etablierte, privatwirtschaftlich erfahrene, agile, spezialisierte Anbieter wie wir, die praxisnahe Tools, Handlungsempfehlungen und innovative Formate wie kostenlose E-Learnings anbieten und können nicht nur informieren wie Organisationen, sondern zielgerichtete, konkrete und praxisnahe Handlungsempfehlungen bereitstellen. Innovative Ideen und Konzepte zur Exportförderung sollten finanziell unterstĂŒtzt und geteilt werden. Wer sich beispielsweise vorstellt, dass man hierzulande als Zollberater mit Strafzöllen das grosse Kapital schlĂ€gt, hat weit verfehlt, wir stellen die Informationen kostenlos zur VerfĂŒgung.
- Derzeit tragen Unternehmen das Innovationsrisiko allein â obwohl der Nutzen fĂŒr die Exportwirtschaft direkt spĂŒrbar ist. Eine gezielte WiedereinfĂŒhrung öffentlicher Fördermittel fĂŒr externe, innovative Exportinitiativen wĂŒrde nicht nur wirtschaftsnahes Know-how stĂ€rken, sondern auch neue Wege der Zusammenarbeit eröffnen â schneller, branchenspezifischer und nĂ€her an den Unternehmen.
Unternehmen sollen im Bereich Bildung, Support und Beratung finanziell entlastet werden, innovative Projekte mitfinanziert werden. Vor ungefÀhr 10 Jahren gab es ein solches Förderprogramm bereits, diese sind jetzt zu reaktivieren.
Rechtlichkeit der US-Strafzölle als Hebel fĂŒr multilaterale SolidaritĂ€t
Die internationale Reaktion ist laut.
Die Transparenz und LegitimitĂ€t der US-Strafzölle stehen zunehmend zur Diskussion â nicht nur weltweit, sondern auch innerhalb der Vereinigten Staaten selbst. Mehrere WTO-Mitglieder, darunter China, Kanada und die EU, haben bereits Verfahren eingeleitet, in denen sie VerstöĂe gegen zentrale WTO-Prinzipien wie die MeistbegĂŒnstigungspflicht (MFN) oder die Bindung an maximal zulĂ€ssige ZollsĂ€tze geltend machen.
Auch in den USA regt sich juristischer Widerstand: Im Mai 2025 erklĂ€rte der U.S. Court of International Trade in einem Grundsatzurteil (z.âŻB. V.O.S. Selections, Inc. v. United States) bestimmte ExekutivmaĂnahmen im Zollbereich fĂŒr unrechtmĂ€ssig. Die Anwendung des International Emergency Economic Powers Act (IEEPA) wurde als unzulĂ€ssig bewertet â Handelsungleichgewichte seien kein âaussergewöhnlicher nationaler Notstandâ. Das Gesetz, so das Gericht, enthalte keine Rechtsgrundlage fĂŒr pauschale Zollerhebungen. Auch der U.S. Court of Appeals fĂŒr den Federal Circuit zeigte sich zuletzt in einer Anhörung skeptisch gegenĂŒber der Auslegung des Gesetzes durch die Exekutive.
Diese Entwicklungen untergraben das weit verbreitete Narrativ, US-Sanktionen seien unangreifbar oder durch nationale Sicherheitsinteressen stets gedeckt.
Was folgt daraus fĂŒr die Schweiz?
- Rechtliche Beobachtung intensivieren Die Schweiz sollte die laufenden Verfahren in den USA und bei der WTO aufmerksam beobachten und daraus eigene strategische SchlĂŒsse ziehen â etwa zur Formulierung einer eigenen rechtlich fundierten Position.
- Multilaterale Druckstrategien stĂ€rken Gemeinsam mit gleichgesinnten Staaten (z.âŻB. EU, EFTA, Kanada, Australien) könnte ein koordiniertes Vorgehen geprĂŒft werden â etwa durch kollektive WTO-Konsultationen, gemeinsame ErklĂ€rungen oder abgestimmte diplomatische Initiativen.
- Narrativ setzen: Recht statt Retorsiom Ăffentlichkeitswirksam kann die Schweiz auf ihre Haltung pochen: keine Vergeltung, sondern internationale Rechtsstaatlichkeit. Damit stiftet sie GlaubwĂŒrdigkeit, die ĂŒber den konkreten Konflikt hinausreicht â gerade im geopolitischen Wettbewerb der Systeme.
- Ein âGentlemenâs Clubâ fĂŒr regelbasierten Handel? Mittelfristig könnte die Schweiz zur GrĂŒndung eines informellen BĂŒndnisses wirtschaftlich offener und regelorientierter Staaten beitragen â etwa im erweiterten Kreis der G21, EFTA, ASEAN, Chile, SĂŒdkorea oder Singapur. Ziel wĂ€re es, im Sinne multilateraler Handelsarchitektur fĂŒr StabilitĂ€t, gegenseitige UnterstĂŒtzung und gemeinsame Positionierung gegenĂŒber exterritorialem Handelsdruck zu sorgen. Ein solcher âGentlemenâs Clubâ wĂ€re kein Ersatz, sondern eine ErgĂ€nzung zu WTO und CPTPP â mit Fokus auf SolidaritĂ€t, Transparenz und Rechtsbindung.
Trumps Executive Order vom 12. Mai 2025 â das Ende der Geduld mit Big Pharma
Mit der Executive Order âDelivering Most-Favored-Nation Prescription Drug Pricing to American Patientsâ erhöht Trump den Druck massiv â nach monatelang ergebnislosen GesprĂ€chen mit der Industrie. Er fordert keine AbsichtserklĂ€rungen mehr, sondern sofortige Preissenkungen.
Trump-Zitat: âUnsere BĂŒrger zahlen massiv höhere Preise fĂŒr dieselbe Pille, aus derselben Fabrik⊠Wir finanzieren gĂŒnstige Medikamente im Ausland und zahlen zuhause Wucherpreise.â  Trumps Ziel ist klar:
âą Schluss mit den Preisunterschieden zwischen den USA und Europa/Japan/Kanada
âą Faire Preise fĂŒr amerikanische Patienten
âą Weniger Profite auf Kosten der US-Steuerzahler
âą Direkter Druck auf Unternehmen, die global differenziert kalkulieren
Goldexporte â ein statistisches MissverstĂ€ndnis mit politischem Risiko
Die massiven Goldexporte der Schweiz in die USA sind in erster Linie ein Finanz- und Logistikkonstrukt â kein Ausdruck eines echten Handels. Sie verzerren die offiziellen Handelsstatistiken und lassen den Schweizer WarenhandelsĂŒberschuss kĂŒnstlich höher erscheinen â ein gefundenes Fressen fĂŒr die US-Seite. Die Sorge des Goldverbands vor Zöllen ist nicht unbegrĂŒndet: Auch wenn Gold aktuell ausgenommen ist, bleibt das politische Risiko real.
Ein strategisch sinnvoller Weg wĂ€re eine bilaterale Vereinbarung â idealerweise unter Einbezug von SNB, dass Goldtransfers statistisch gesondert behandelt werden und nicht als handelsrelevantes Defizit gewertet werden.
Langfristige Antworten: Standort, Resilienz, Selbstvertrauen
Die Schweiz muss ihr wirtschaftliches Fundament stĂ€rken â nicht nur durch Steuerpolitik und Bildung, sondern auch durch resilientere Lieferketten, strategische Infrastruktur und gezielte Innovationsförderung. Aussenwirtschaftlich bedeutet das: Strategisches Selbstvertrauen statt reaktiver Anpassung.Die Schweiz darf offen bleiben, ohne naiv zu sein â und Prinzipien wahren, ohne unflexibel zu wirken.
USA als "Vater"? â Vielleicht sind wir lĂ€ngst erwachsen
Muss die USA wirklich unser âVaterâ sein â oder sind wir als souverĂ€ner Standort endlich erwachsen?
Die wirtschaftliche Verflechtung mit den USA ist unbestritten: Allein 2023 erreichten die Schweizer Warenausfuhren in die USA ĂŒber 56 Mrd. USD; der bilaterale Handelsumfang liegt bei knapp 186 Mrd. USD.
Doch viele dieser AbhĂ€ngigkeiten sind historisch gewachsen â nicht strategisch gestaltet. Wenn FinanzmĂ€rkte, WĂ€hrungsmarkt und selbst StaatsanleihekĂ€ufe ĂŒber Jahrzehnte hinweg durch dieses GefĂŒge getragen werden, ist das eher eine Last der Geschichte als ein Zukunftsmodell.
Jetzt ist der Moment, erwachsen zu werden â fĂŒr Europa, mit der Schweiz als Vorreiterin: Ein eigenstĂ€ndiger, souverĂ€ner Kurs wĂŒrde uns widerstandsfĂ€higer machen â auch gegenĂŒber politischen Ăberraschungen wie Strafzöllen.Â
Auch wenn diese Zölle wirtschaftlich schmerzhaft sind - Ich trage sie lieber mit WĂŒrde als mit unterwĂŒrfigem Appeasement. Es gibt immer Lösungen. Pragmatismus und strategische Diversifizierung sind gefragt â Europa, Asien, neue MĂ€rkte. Unsere UnabhĂ€ngigkeit darf nicht lĂ€nger gutes Benehmen sein, sondern muss zur strategischen StĂ€rke werden. Im Pharmabereich wird uns die Lösung so oder so teuer zu stehen kommen. Denn sind Investionen mal getĂ€tigt, gibt es kein zurĂŒck. Es gilt nun, im Pharmabereich alle Mittel auszuloten.
Fazit: SouverÀnitÀt durch strategische Offenheit
Die Schweiz ist durch US-Zölle hart getroffen â doch sie hat auch Instrumente in der Hand. Jetzt geht es darum, souverĂ€n zu agieren statt reflexhaft zu reagieren:
- Neue MĂ€rkte aktiv erschliessen, ohne alte zu verlieren
- Standort Schweiz stĂ€rken â technologisch, rechtlich, steuerlich
- Exportförderung öffnen â fĂŒr neue Ideen, neue Partner und Finanzierung guter Projekte
- China als Markt gestalten â nicht als Risiko blockieren
- Mit der EU modernisieren â auch ohne institutionellen Rahmen
- Und: Den US-Markt nicht aufgeben â sondern durch StandortattraktivitĂ€t lokal neu Tech-Firmen binden
- EingestÀndnisse im Pharmabereich.
Die Schweiz betreibt keine Machtpolitik â aber sie kann kluge Politik machen. Jetzt muss sie zeigen, dass wirtschaftliche Offenheit und strategische StĂ€rke keine GegensĂ€tze sind. Im Gegenteil: Sie sind zwei Seiten derselben souverĂ€nen Antwort auf eine neue Weltlage.