Der Positionssprung ist zentrales Element in der Bestimmung des präferenziellen und nicht-präferenziellen Ursprungs von Waren. Dieser Beitrag erläutert präzise, wann ein solcher Sprung stattfindet, warum er entscheidend ist und wie er  im Rahmen von Schweizer Freihandelsabkommen zur Anwendung kommt.
Wie der Positionssprung die Ursprungsbestimmung in Schweizer Freihandelsabkommen prägt – dargestellt an Buchbindemaschinen (HS 8540) und ihren Teilen
Der Positionssprung im Ursprung: Anwendung, Bedeutung und Besonderheiten am Beispiel von Maschinenkapitel 85

Positionssprung im Warenursprung: Mechanismus, Abkommen und praktische Umsetzung

 

Grundlagen: Was ist der Positionssprung?

Der Positionssprung beschreibt den Wechsel einer Ware in eine andere Zolltarifposition im Vergleich zu den verwendeten Vormaterialien ohne präferenziellen Ursprung. Das bedeutet: Das Fertigprodukt erhält eine eigene, neue vierstellige Position im Harmonisierten System (HS-Code), die sich klar von jener der Nicht-Ursprungsmaterialien abhebt. Dies wird auch als CTC bezeichnet. Insbesondere die Differenzierung der ersten vier Ziffern ist dabei in vielen, aber nicht in allen Freihandelsabkommen massgeblich. Vereinfacht gesagt: Wird aus mehreren Einzelteilen ein neues Produkt erstellt, das sich zolltariflich von seinen Vormaterialien unterscheidet, liegt ein Positionssprung vor – eine der häufigsten Methoden zur Ermittlung des präferenziellen Ursprungs bei industriellen Produkten.

Präferenzieller vs. nicht-präferenzieller Ursprung: Kurze Einordnung

Wichtige Unterscheidung:
  • Der präferenzielle Ursprung ist relevant, wenn ein Produkt gegenüber Ländern mit Freihandelsabkommen besonders zollbegünstigt behandelt werden soll.
  • Der nicht-präferenzielle Ursprung bestimmt, aus welchem Staat eine Ware im rein zollrechtlichen oder handelsstatistischen Sinn stammt und greift bei Antidumpingmassnahmen, Einfuhrbeschränkungen oder Herkunftskennzeichnungen.
In beiden Konstellationen spielt der Positionssprung eine Schlüsselrolle bei der Bewertung, ob die Verarbeitung tiefgreifend genug war, damit das Endprodukt als „aus dem Ursprungsland stammend“ gilt.

Mechanik des Positionssprungs: Die Hierarchie des Tarifschemas

  • Das Harmonisierte System (HS) klassifiziert Waren mittels Zolltarifnummern weltweit einheitlich.
  • Zentrale Hierarchieebenen:
    • Kapitel (zweistellig)
    • Position (vierstellig)
    • Unterposition (sechsstellig)
In vielen Schweizer Freihandelsabkommen, etwa dem PEM-Übereinkommen, wird als Mindestanforderung der vierstellige Positionssprung gefordert. Das bedeutet: Die ersten beiden Stellen (Kapitel) bleiben identisch, die Stellen drei und vier des Endprodukts müssen sich von denen der kritischen Vormaterialien unterscheiden. Gelegentlich verlangen spezifische Abkommen einen Sprung auf Unterpositionsebene. Unternehmen müssen daher präzise analysieren, welche Kriterien jeweils gelten.
Hierarchie des Harmonisierten Systems

Beispiel Analyse: Buchbindemaschinen und deren Teile im Kapitel 85

Am Beispiel von Buchbindemaschinen im HS-Code 8540 zeigen sich die Herausforderungen besonders deutlich:
  • 8540.10 bezeichnet die vollständige Maschine
  • 8540.90 steht für Teile zu diesen Maschinen
Werden Komponenten, die ursprünglich unter 8540.90 (Teile) eingereiht waren, zusammengesetzt, sodass daraus eine komplette Buchbindemaschine nach 8540.10 entsteht, könnte ein Positionssprung vorliegen, wenn keine der wesentlichen Teile – ohne Ursprungsnachweis – noch unter 8540.90 verbleibt. Im umgekehrten Fall, bei Import von Teilen, bleibt die Tarifnummer unverändert – ein Positionssprung findet nicht statt, auch wenn die Komponentenzusammenstellung komplex ist. Dies gilt es bei der Ursprungsprüfung zu beachten.

Positionssprung im Kontext Schweizer Freihandelsabkommen

Die grosse Mehrheit der schweizerischen Freihandelsabkommen, wie das Abkommen mit der EU oder das PEM-Übereinkommen, fordern explizit einen Positionssprung als Kriterium für Ursprungswaren, jedoch nicht ausschlliesslich. Die vierstellige Unterscheidung ist dabei Standard, wobei das jeweilige Abkommen Details regelt. Beachten: Nur bei Vormaterialien ohne Präferenzstatus ist der Positionssprung zu prüfen; bereits präferenzielle Vormaterialien werden ausgenommen. Entscheidend ist stets die präzise und korrekte Tarifierung sämtlicher Komponenten im Zolltarif, da Fehlzuordnungen gravierende Folgen für die Zollbegünstigung haben können.

Toleranzregelungen und deren Auswirkungen

Viele Freihandelsabkommen sehen spezielle Toleranzregelungen vor, um produktspezifische Besonderheiten auszugleichen. Diese sogenannten Werttoleranzen (meist 10%, oft sind jedoch Warengruppen ausgeschlossen, in Ausnahmefällen bis zu 15%) erlauben einen gewissen Anteil von Nichtursprungsmaterialien in der Endware, auch wenn der strenge Positionssprung nicht erfüllt ist. Diese Toleranzen gelten jedoch meist nicht für bestimmte Produkte oder Bearbeitungen und sind exakt begrenzt – so können sie beispielsweise bei Maschinen und Teilen des Kapitels 85 unterschiedlich interpretiert werden. Entscheidend ist die konkrete Regelung des jeweiligen Abkommens.

Grenzfälle und typische Fehlerquellen bei Maschinen und Teilen

Typische Fehlerquellen:
  • Unsachgemässe Tarifierung von Teilen oder Baugruppen
  • Übersehen von verdeckten Nichtursprungsmaterialien in komplexen Baugruppen
  • Falsche Annahme, dass die Montage allein immer einen Positionssprung erzeugt
Ein häufiger Fehler ist die Annahme, dass durch das Zusammenbauen mehrerer Teile (z.B. aus 8540.90) eine originäre Maschine (8540.10) mit Schweizer Ursprung entsteht, ohne die eigentlichen Ursprungsregeln einzuhalten. Dagegen muss jede Komponente einzeln geprüft und die jeweilige Listenregel korrekt angewandt werden. Auch die Dokumentation und transparente Darlegung der verwendeten Vormaterialien ist eine unerlässliche Voraussetzung für eine erfolgreiche Ursprungsprüfung. Ermächtige Ausführer profitieren von vereinfachten Ursprungsnachweisen.

Praktische Umsetzung im Unternehmen und Compliance

  • Aufbau einer zuverlässigen Tarifierungssystematik
  • Schulung des Personals im Umgang mit dem HS-Code und den jeweiligen Listenregeln
  • IT-gestützte Präferenzkalkulationen, die automatisierte Tarifierungs- und Ursprungsnachweise ermöglichen
  • Regelmässige Überprüfung der jeweiligen Freihandelsabkommen sowie der internen Prozesse
So lassen sich Risiken minimieren und mögliche Zollvorteile nachhaltig sichern.
Beispielhafte Prozessschritte für die Compliance
 
Quellen: douana.ch
Schlussbetrachtung: Positionssprung als Schlüsselkriterium
Der Positionssprung entscheidet massgeblich über den zollrechtlichen Ursprung und damit die Präferenzfähigkeit von Waren im Aussenhandel. Präzise Kenntnis der Tarifierung und Vereinbarungen ist für Unternehmen unerlässlich, um Fehler und zollrechtliche Nachteile zu vermeiden. Vor allem bei komplexen Maschinen und ihren Komponenten wie im HS-Kapitel 85 sollte den Details grösste Aufmerksamkeit geschenkt werden.

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