In der Praxis übernehmen viele Unternehmen die Zolltarifnummern (auch bekannt als HS-Codes oder Zolltarifcodes) direkt von ihren Lieferanten – insbesondere beim Import. Was auf den ersten Blick nach Zeitersparnis klingt, birgt erhebliche Risiken für die gesamte Aussenhandelsabwicklung. In diesem Fachbericht zeigen wir auf, warum eine eigenständige und korrekte Tarifierung für Schweizer Unternehmen unerlässlich ist – sowohl beim Import als auch beim Reexport oder bei Präferenzkalkulationen.

1. Zolltarifnummern sind national unterschiedlich

Das Harmonisierte System (HS) ist nur bis zur 6-Stelle international einheitlich. Die darĂĽber hinausgehenden Stellen sind landesspezifisch. Ein Lieferant in der EU, den USA oder Asien verwendet daher oftmals eine andere Zolltarifnummer als die in der Schweiz geltende Tares-Nummer. Wer die Nummer ungeprĂĽft ĂĽbernimmt, riskiert falsche Deklarationen – mit potenziellen Folgen wie falschen Zöllen, RĂĽckweisungen oder Verstössen gegen Einfuhrregelungen. Auch wenn Einfuhrzölle in der Schweiz im Industriebereich abgeschafft wurden, bestehen weitere Implikationen: 

2. Falsche Zolltarifnummer = falsche Präferenzkalkulation

FĂĽr die Anwendung von Freihandelsabkommen ist die korrekte Zolltarifnummer entscheidend. Bei vielen Ursprungsregeln ist ein Positionssprung (z.\u202fB. Wechsel der ersten vier Ziffern) gefordert. Eine falsche Tarifnummer kann dazu fĂĽhren, dass ein Produkt fälschlicherweise als präferenzbegĂĽnstigt deklariert wird – oder umgekehrt der Ursprung zu Unrecht verneint wird. Beides kann bei einer Kontrolle durch Zollbehörden teuer werden. Exporteure sollten daher besonders gut auf korrekte Zolltarifnummern achten! Eine Verifizierung ist unerlässlich. 

3. Tarifnummer als Grundlage fĂĽr regulatorische Auflagen im Import

Im internationalen Handel gewinnen nicht-tarifäre Massnahmen an Bedeutung – und immer häufiger sind diese direkt an die Zolltarifnummer geknüpft. Dazu zählen unter anderem:

  • COâ‚‚-Regulierungen (wie CBAM – Carbon Border Adjustment Mechanism),
  • die EU-Entwaldungsverordnung (EUDR), welche bei bestimmten Warennummern zusätzliche Nachweise verlangt,
  • Importverbote oder technische Auflagen fĂĽr spezifische Warengruppen. Wer die falsche Tarifnummer verwendet, ĂĽbersieht unter Umständen solche Verpflichtungen und riskiert einen Verstoss gegen geltende Gesetze.

4. Dual-Use-GĂĽter: Richtige Einstufung erleichtert Exportkontrolle

Bei der Klassifikation von Dual-Use-Gütern (zivil und militärisch nutzbar) dient die Zolltarifnummer häufig als Einstieg in die Evaluierung. Eine korrekte Tarifierung ist daher eine wertvolle Basis für die Einschätzung, ob ein Gut einer Bewilligungspflicht unterliegt – und kann Unternehmen viel Recherche- und Abklärungsaufwand ersparen.

5. Importabwicklung, Steuern und Verbote hängen an der Tarifnummer

Die Zolltarifnummer bestimmt in der Schweiz nicht nur die Höhe der Zölle, sondern auch:

  • ob Einfuhrverbote oder -bewilligungen bestehen,
  • ob Deklarationspflichten oder spezielle technische Anforderungen gelten,
  • ob Steuererleichterungen (z.\u202fB. MWST-Befreiung bei gewissen Produkten) genutzt werden können,
  • sowie die Statistiknummern fĂĽr Meldungen im Aussenhandel.

**Dasselbe gilt bei der Wiederausfuhr bzw. Import im Zielmarkt bei der Exportkundschaft. Fehler werden so lĂĽckenlos weiterkopiert – was mit einer kleiner Nummer im Import begann, wird zum Copy-Paste-Desaster im Export. **

Ein kleiner Zahlendreher kann damit grosse Auswirkungen auf die korrekte Importabwicklung haben.

6. Verantwortung liegt beim Schweizer Unternehmen

Auch wenn eine Zolltarifnummer auf der Handelsrechnung des Lieferanten aufgeführt ist, liegt die Verantwortung für die richtige Tarifierung in der Schweiz allein beim Importeur oder Exporteur. Fehler können zu Nachforderungen, Rücksendungen oder gar Bussgeldern führen – und unter Umständen auch das Vertrauen bei Behörden oder Kunden beschädigen.

Fazit: Zolltarifnummern sind mehr als nur eine Zahl

Die Zolltarifnummer ist die Grundlage für Zölle, Ursprungsregeln, regulatorische Auflagen und viele weitere Prozesse im internationalen Handel. Unternehmen sollten sie nicht blind vom Lieferanten übernehmen, sondern selbständig prüfen oder professionell bestimmen lassen. So sichern sie sich rechtskonforme Importe, korrekte Präferenznachweise und stabile Lieferketten.