Am 29. April 2025 erliess der US-Präsident die Executive Order 14289, um die kumulative Wirkung sich überschneidender Zölle auf importierte Artikel zu beseitigen. Diese bedeutende zollrechtliche Änderung betrifft zahlreiche Warengruppen, darunter Automobile, Autoteile, Aluminium- und Stahlprodukte, und hat weitreichende Auswirkungen für Importeure und internationale Handelsbeziehungen.
Neue Regelung verhindert Zollkumulation bei importierten Artikeln aus Kanada, Mexiko und anderen Ländern
Executive Order 14289: Eliminierung von Mehrfachzöllen

Executive Order 14289: Neue US-Zollregeln fĂĽr importierte Waren

Ein Überblick über die wichtigsten Änderungen, Prioritäten und Auswirkungen der US-Zollpolitik ab Mai 2025

 

Hintergrund der Executive Order 14289

Die Vereinigten Staaten haben in den vergangenen Jahren zahlreiche Zollmassnahmen ergriffen, um die nationale Sicherheit zu schützen und aussergewöhnliche Bedrohungen für die Wirtschaft abzuwehren. Diese Zölle wurden auf Grundlage verschiedener gesetzlicher Ermächtigungen verhängt, darunter der IEEPA, der National Emergencies Act, Abschnitt 604 des Handelsgesetzes von 1974 sowie Abschnitt 232 des Trade Expansion Act von 1962.
Diese unterschiedlichen Zollmassnahmen führten zu einer problematischen Situation: Viele importierte Artikel waren gleichzeitig von mehreren Zollregimen betroffen, was zu einer kumulativen Belastung führte – dem sogenannten „Stacking“ oder der Zollkumulation. Die Executive Order 14289, unterzeichnet am 29. April 2025, adressiert genau dieses Problem und trägt den Titel „Addressing Certain Tariffs on Imported Articles“. Sie zielt darauf ab, die Überlappung von Zöllen zu eliminieren, indem sie klare Prioritätsregeln für deren Anwendung festlegt.
Betroffene präsidiale Massnahmen (2018–2025):
  • Proklamation 10908 vom 26. März 2025 (Automobile und Autoteile)
  • Executive Order 14193 vom 1. Februar 2025 (Zölle gegen illegalen Drogenhandel, Kanada)
  • Executive Order 14194 vom 1. Februar 2025 (Zölle fĂĽr Situation an der sĂĽdlichen Grenze, Mexiko)
  • Proklamation 9704 vom 8. März 2018 (Aluminiumeinfuhren)
  • Proklamation 9705 vom 8. März 2018 (Stahleinfuhren)
Diese Massnahmen fĂĽhrten zu komplexen und teilweise ĂĽberlappenden Zollstrukturen, die nun durch die Executive Order 14289 systematisch geordnet werden sollen.

Prioritätsordnung der Zölle

Die Executive Order 14289 etabliert eine klare hierarchische Struktur für die Anwendung von Zöllen, wenn ein Artikel von mehreren Zollmassnahmen betroffen ist. Diese Prioritätsordnung ist entscheidend für Importeure, um die korrekte Zollbelastung zu bestimmen.
Prioritätsreihenfolge:
  1. Höchste Priorität: Zölle auf Automobile und Autoteile (Proklamation 10908). Werden diese angewendet, entfallen weitere Zölle aus den anderen Abschnitten.
  2. Zweite Prioritätsstufe: Zölle auf Waren aus Kanada und Mexiko (Executive Orders 14193, 14194). Werden diese angewendet, entfallen die materialspezifischen Zölle.
  3. Dritte Prioritätsstufe: Kombination von Aluminium- und Stahlzöllen. Hier können beide Zölle kumulativ greifen, sofern die Bedingungen erfüllt sind.
Die Executive Order 14289 ändert oder begrenzt nicht die Anwendung anderer Zölle, Steuern, Gebühren oder Abgaben, die nicht in Abschnitt 2 der Verordnung aufgeführt sind.

Besondere Regelungen fĂĽr USMCA-qualifizierte Waren

Das Handelsabkommen zwischen den Vereinigten Staaten, Mexiko und Kanada (USMCA) spielt eine wichtige Rolle bei der Anwendung der Executive Order 14289. Für Waren, die unter das USMCA fallen, gelten besondere Bestimmungen, die von der allgemeinen Prioritätsordnung abweichen.
Spezielle Bestimmungen:
  • USMCA-qualifizierte Waren unterliegen nicht den zusätzlichen Zöllen auf Teile von Personenkraftwagen und leichten Lastkraftwagen gemäss Abschnitt 2(a).
  • Sie unterliegen auch nicht den zusätzlichen Zöllen gemäss Abschnitt 2(b) oder 2(c), sondern ggf. den Zöllen gemäss Abschnitt 2(d) und/oder 2(e).
  • Erst nach Einrichtung eines spezifischen Verfahrens durch das US-Handelsministerium können bestimmte USMCA-Waren zusätzlichen Zöllen unterliegen.
Diese differenzierte Behandlung von USMCA-qualifizierten Waren unterstreicht das Bestreben der USA, die regionale wirtschaftliche Integration zu fördern und gleichzeitig spezifische handelspolitische Ziele zu verfolgen.

Zeitliche Anwendung und RĂĽckwirkung

Die Executive Order 14289 und die damit verbundenen Änderungen des HTSUS treten zu unterschiedlichen Zeitpunkten in Kraft, abhängig von der Art der betroffenen Waren. Die wichtigsten Fristen:
Inkrafttreten & RĂĽckwirkung:
  • Hauptteil der Ă„nderungen: 16. Mai 2025, 00:01 Uhr EDT
  • Personenkraftwagen & leichte LKW: rĂĽckwirkend ab 3. April 2025
  • Teile von PKW & leichten LKW: rĂĽckwirkend ab 3. Mai 2025
  • Produkte aus Kanada & Mexiko: rĂĽckwirkend ab 4. März 2025
  • Aluminium- & Stahlzölle auf Kanada/Mexiko: rĂĽckwirkend ab 7. März 2025
  • Kombination von Aluminium- & Stahlzöllen: rĂĽckwirkend ab 12. März 2025
Für betroffene Artikel können Importeure ab dem 16. Mai 2025 eine Rückerstattung zu viel gezahlter Zölle beantragen – entweder per Post-Summary Correction (PSC) für nicht liquidierte Einfuhren oder per Protest gemäss 19 U.S.C. 1514 für bereits liquidierte Einfuhren.

Änderungen am Harmonisierten Zolltarifsystem

Die Executive Order 14289 fĂĽhrt zu umfangreichen Modifikationen des HTSUS, die im Anhang zur Federal Register Notice detailliert aufgefĂĽhrt sind.
Wesentliche Änderungen:
  • Modifikation von Anmerkung 33 zu Unterkapitel III von Kapitel 99 (Personenkraftwagen und leichte LKW ab 3. April 2025 von weiteren Zöllen ausgenommen)
  • Ab 3. Mai 2025 ähnliche Ausnahmen fĂĽr Teile von PKW und leichten LKW
  • Ab 4. März 2025 Modifikationen fĂĽr Produkte aus Kanada und Mexiko (keine zusätzlichen Zölle auf Aluminium, Stahl etc.)
  • Ab 7. März 2025 ergänzende Bestimmungen fĂĽr spezifische Produkte aus Kanada und Mexiko
  • Ab 12. März 2025 Klarstellung zur Kombination von Zöllen auf Aluminium- und Stahlderivate
Diese technischen Änderungen am HTSUS sind komplex und erfordern eine sorgfältige Analyse durch Importeure und deren Zollexperten.

Auswirkungen auf den internationalen Handel

Die Executive Order 14289 hat weitreichende Auswirkungen auf den internationalen Handel und beeinflusst insbesondere die Handelsbeziehungen zwischen den USA und ihren wichtigsten Handelspartnern.
Branchen im Fokus:
  • Automobilindustrie: Entlastung durch Wegfall der Zollkumulation, verbesserte Wettbewerbsfähigkeit importierter Fahrzeuge.
  • Nordamerikanische Handelsbeziehungen: Stärkung durch USMCA-Ausnahmen und Schutz der integrierten Lieferketten.
  • Stahl- und Aluminiumindustrie: Grundlegende Schutzzölle bleiben bestehen, Kumulation wird reduziert.
Langfristig könnte die Executive Order 14289 zu einer Vereinfachung des US-Zollsystems beitragen und mehr Transparenz für internationale Händler schaffen.

Praktische Schritte fĂĽr Importeure

Empfohlene Massnahmen:
  • Bestandsaufnahme & Analyse: ĂśberprĂĽfen Sie alle Einfuhren, Zolltarifnummern, UrsprĂĽnge und Einfuhrzeitpunkte.
  • Neubewertung der Zollbelastung: Berechnen Sie die anwendbaren Zölle gemäss der neuen Prioritätsordnung.
  • RĂĽckerstattungsanträge: Stellen Sie Anträge auf RĂĽckerstattung ĂĽberzahlter Zölle ab 16. Mai 2025.
  • Compliance-Systeme aktualisieren: Passen Sie interne Datenbanken, Schulungen und Deklarationssysteme an.
  • Zusammenarbeit mit Behörden & Experten: Konsultieren Sie Zollexperten und nutzen Sie die Kontaktmöglichkeiten in der Federal Register Notice.
Die sorgfältige Umsetzung dieser Schritte kann Importeuren erhebliche finanzielle Vorteile bringen und die Compliance mit den neuen Zollbestimmungen sicherstellen.

Langfristige strategische Ăśberlegungen

Strategische Ansätze:
  • Neuausrichtung globaler Lieferketten: Ăśberdenken Sie Beschaffungsquellen und optimieren Sie Produktionsprozesse.
  • Handelsrisikoanalyse: Entwickeln Sie flexible Lieferketten und Szenarien fĂĽr zukĂĽnftige Ă„nderungen.
  • Zollplanung optimieren: Nutzen Sie die neuen Regeln fĂĽr eine strategischere Zollplanung und Produktklassifizierung.
  • Politische Entwicklungen beobachten: Integrieren Sie politische Risiken in Ihre Geschäftsplanung.
  • Nachhaltigkeit & Compliance: BerĂĽcksichtigen Sie Umwelt-, Sozial- und Sanktionsaspekte in der Lieferkette.
Durch die Integration dieser Überlegungen können Unternehmen nicht nur von den unmittelbaren Vorteilen profitieren, sondern auch ihre Widerstandsfähigkeit gegenüber zukünftigen handelspolitischen Veränderungen stärken.
Rechtliche Grundlage
Zusätzlich zu der gestrigen Entscheidung des Gerichts für internationalen Handel zu Trumps IEEPA-Zöllen, die nicht rechtskonform sind, entschied das US-Bezirksgericht für den District of Columbia in einem separaten Fall, dass die IEEPA keine Zölle genehmigt. Das Gericht in Washington D.C. erließ eine einstweilige Verfügung gegen zwei Hersteller von Lernspielzeug, die es ihnen erlaubte, ohne Zahlung von Zöllen zu importieren. Diese einstweilige Verfügung ist jedoch auf die beiden konkreten Kläger beschränkt. (Die gestrige CIT-Entscheidung galt landesweit und unter Berücksichtigung aller Importeure.)
Das Gericht in Washington D.C. stellte fest, dass die IEEPA überhaupt keine Zölle  genehmigt, und untersuchte den Text und die Geschichte der IEEPA. Das ist sogar weiter gefasst als das gestrige Urteil des CIT.
Die Quintessenz bleibt die gleiche: Die Regierung wird Berufung einlegen und wahrscheinlich auch alternative Rechtstheorien prüfen, um einige der Zölle wieder einzuführen, falls die Regierung das Berufungsverfahren verliert.
Handlungsempfehlungen fĂĽr Importeure
Importeure sollten umgehend prüfen, ob ihre Waren von der neuen Zollregelung betroffen sind. Bei bereits verzollten Waren können Rückerstattungsanträge ab dem 16. Mai 2025 gestellt werden. Zudem empfiehlt sich eine enge Zusammenarbeit mit Zollexperten, um die komplexen Neuregelungen korrekt anzuwenden und finanzielle Vorteile zu realisieren.