Am 4. Juni 2025 trat eine weitreichende Änderung der US-Handelspolitik in Kraft: Die Vereinigten Staaten haben die Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte von 25% auf 50% verdoppelt. Diese Massnahme, die durch eine Proklamation von Präsident Trump am 3. Juni angekündigt wurde, betrifft nahezu alle globalen Handelspartner und verändert die Dynamik des internationalen Metallhandels grundlegend. Die neuen Zollregelungen bringen komplexe Berechnungsmethoden, Ausnahmen und Prioritätenreihenfolgen mit sich.
Neue Handelspolitik unter Trump sorgt für globale Marktveränderungen
US-Zölle auf Stahl und Aluminium: Die 50%-Wende

US-Zölle auf Stahl und Aluminium ab 4. Juni 2025 – Überblick, Berechnung, Auswirkungen

 
Historischer Kontext und aktuelle Entwicklungen
Die jüngste Verdopplung der US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte stellt eine bedeutende Eskalation in der amerikanischen Handelspolitik dar. Diese Massnahme hat ihre Wurzeln in der ersten Amtszeit von Präsident Trump, als bereits 2018 erstmals Zölle auf Metallimporte eingeführt wurden. Damals berief sich die US-Regierung auf Section 232 des Trade Expansion Act von 1962, der dem Präsidenten erlaubt, Handelsbeschränkungen zu verhängen, wenn Importe die nationale Sicherheit gefährden.
Nach einer Phase relativer Stabilität wurden die Zölle im Februar 2025 erneut thematisiert und am 12. März 2025 wieder vollständig in Kraft gesetzt. Der aktuelle Schritt vom stellt eine dramatische Verschärfung dar: Die Zölle steigen von 25% auf 50% für nahezu alle Handelspartner. Die Proklamation, die Präsident Trump am Abend des 3. Juni 2025 unterzeichnete, wurde erstmals in der Vorwoche bei einer Rede bei U.S. Steel angekündigt. Diese zeitliche Nähe zur Unterzeichnung liess internationalen Handelspartnern und betroffenen Unternehmen kaum Zeit, sich auf die neuen Bedingungen vorzubereiten. Die Begründung für diese Massnahme liegt laut offiziellen Stellungnahmen in der Stärkung der amerikanischen Stahlindustrie. Tatsächlich wird etwa ein Viertel des in den USA verwendeten Stahls importiert, wobei ein Grossteil aus den Nachbarländern Mexiko und Kanada sowie aus verbündeten Nationen in Asien und Europa stammt. Besonders bemerkenswert ist, dass die neuen Zollregelungen auch Ausnahmen aufheben, die zuvor für bestimmte Länder galten. Nun sind auch Stahl- und Aluminiumprodukte aus MX und CA vom erhöhten Zollsatz betroffen. Eine Ausnahme bildet das Vereinigte Königreich: Aufgrund des am 8. Mai 2025 unterzeichneten U.S.-UK Economic Prosperity Deal bleiben die Zölle für britische Stahl- und Aluminiumimporte vorerst bei 25%. Besonders hart trifft es russische Aluminiumprodukte, für die ein prohibitiver Zollsatz von 200% gilt. Diese Massnahme macht Exporte russischer Metallprodukte in die USA praktisch unmöglich, insbesondere im Kontext des 16. Sanktionspakets gegen Russland. Für Schweizer und EU-Unternehmen ist relevant, dass sie bei Lieferketten streng auf den Ausschluss russischer Vorprodukte achten müssen, sofern der US-Markt beliefert werden soll. Analysten erwarten Gegenmassnahmen betroffener Länder und eine Zunahme globaler Handelskonflikte.
Neue Zollberechnung und kumulative Anwendung
Mit der Proklamation vom 3. Juni 2025 wurden nicht nur die Zollsätze erhöht, sondern auch die technische Anwendung und Berechnung grundlegend verändert. Zukünftig gilt bei komplexen Produkten eine neue Reihenfolge:
  1. Automobilzölle (25%)
  2. Stahl- und Aluminiumzölle (50%)
  3. IEEPA-Zölle für Kanada und Mexiko (25%, für bestimmte Produkte 10%)
Diese neue Prioritätenfolge bedeutet, dass Metalle aus Kanada und Mexiko jetzt dem vollen 50%-Satz unterliegen. Zudem werden der Stahl-/Aluminiumanteil und der Nicht-Metallanteil eines Produkts separat verzollt: Der metallische Anteil mit 50%, der nichtmetallische Anteil mit reziproken Zöllen (10% bis 9. Juli 2025, danach 20% für EU-Produkte). Dies führt bei komplexen Produkten zu einer kumulativen Zollbelastung.
Praxisbeispiel zur BerechnungEin deutsch-schweizerischer Maschinenbauer exportiert eine Werkzeugmaschine mit 60% Metall- und 40% Nichtmetallanteil. Auf den Metallanteil werden 50% Zoll erhoben, auf den Nichtmetallanteil bis zum 9. Juli 2025 10% – danach 20%.
Die Zollklassifizierung erfolgt weiterhin nach dem HTSUS. Die spezifischen Produkte werden in den Anhängen I und II der Proklamation gelistet. Intensive Beratung durch Zollexperten und sorgfältige Analyse der eigenen Produktpalette sind nun unerlässlich.
Wirtschaftliche Auswirkungen und Handlungsempfehlungen
Die Verdopplung der US-Zölle auf Stahl- und Aluminiumimporte wird tiefgreifende wirtschaftliche Auswirkungen haben – sowohl für die USA selbst als auch für internationale Handelspartner.
Ziel der US-Massnahme ist es, die heimische Metallindustrie zu stärken. Kurzfristig resultieren daraus höhere Margen für US-Hersteller, aber auch steigende Preise für nachgelagerte Industrien. Branchen wie Automobil, Maschinenbau und Bau sehen sich mit Kostensteigerungen konfrontiert, die an Endkunden weitergereicht werden könnten – mit inflationären Effekten. Empfehlungen für Unternehmen:
  • ĂśberprĂĽfung der Produktklassifizierung nach HTSUS
  • Anpassung und Diversifizierung der Lieferketten
  • Neukalkulation der Preisstrategien fĂĽr den US-Markt
  • Beantragung möglicher Ausnahmeregelungen
  • Eröffnung alternativer Absatzmärkte
  • Stärkung des Compliance-Managements
  • Engagement in Brancheninitiativen/Lobbyarbeit
Langfristig könnten die erhöhten Zölle eine Regionalisierung der Produktion und Innovationen im Metallsektor befördern.
Stahl- und Aluminiumimporte in die USA (2024, in Prozent nach Herkunftsländern):
Sonderregelungen und länderspezifische Auswirkungen
Die neuen US-Zollbestimmungen sind durch ein differenziertes System von Ausnahmen geprägt:
  • Vereinigtes Königreich: Bis 9. Juli 2025 bleiben die Zölle bei 25%, ab dann auch 50%.
  • Russland: Drakonische Zölle von 200% auf Aluminium (und Derivate), was den Import faktisch unmöglich macht.
  • Kanada/Mexiko: Neuordnung der Prioritäten, jetzt 50% auf Stahl/Aluminium – signifikante Verschlechterung der bisherigen Sonderbedingungen.
  • EU: 50% Basissatz auf Metalle, zusätzlich ab 9. Juli 2025 20% reziproker Zoll auf Nicht-Metall-Anteil bei Mischprodukten.
  • Schweiz: Besondere Aufmerksamkeit fĂĽr Spezialstähle und Präzisionskomponenten, explizit betroffen sind Waren gem. HS Kapitel 72, 73 und 76.
Unternehmen müssen ihre Lieferketten präzise dokumentieren, um keine russischen Vorprodukte zu verwenden (sonst 200% Zoll).

Schritt fĂĽr Schritt Anleitung

  1. Ist ihr Produkt aus Stahl oder Aluminium? Wenn ja:
  2. Findet die Lieferung nach dem 04. Juni 2025 statt? Wenn ja: Es fällt 50% Zusatzzoll an (Ausnahme UK: 25% bis am 09.Juli 2025). Wenn nein: der bisherige Ansatz von 25% gilt
  3. Besteht das Produkt aus Metal und Nichtmetall? wenn ja: Aufteilung empfohlen: nur Stahl- und Aluminiumanteile unterliegen Section 232. Andere Materialanteile könnten mit EO 14257 abgehandelt werden.
  4. Wissen Sie, wo der Stahlanteil oder Aluminiumanteil herkommt? Wenn ja, ISO-Code angeben! Falls nein, kann die Lieferung verzögert werden oder Penalities erstellen.
  5. Ist das Produkt von Kanada oder Mexiko? Wenn ja, USMCA Note 11 anschauen, ansosten greift Section 232.
  6. War die Ware in einem Zollager (FTZ) vor dem 04.Juni 2025? Wenn ja, können mit "Privileged Foreign Status" die 50% ggf. umgangen werden.
  7. Haben Sie russische Anteile am Aluminium oder Stahl? Falls dies nicht explizit ausgeschlossen wird ( "no Russia material used"), greift ein höherer Satz von 200%
 
Ausblick: Globale Anpassungen erforderlich
Die neuen 50%-Zölle auf Stahl und Aluminium markieren einen Wendepunkt in der US-Handelspolitik mit weitreichenden Folgen. Exporteure müssen ihre Lieferketten und Preisstrategien umgehend anpassen. Während die USA den Schutz der heimischen Industrie priorisieren, könnte diese Politik langfristig zu Gegenmassnahmen führen und das globale Handelsgefüge verändern. Unternehmen sollten die CBP-Richtlinien genau beachten und ihre Compliance-Prozesse aktualisieren, um in diesem neuen Handelsumfeld erfolgreich zu agieren.