Seit 2010 ist China als wichtigster Wirtschaftspartner der Schweiz in Asien eine Schlüsselfigur im globalen Handel. Mit dem Freihandelsabkommen von 2014 erreicht die Zusammenarbeit eine neue Qualität. 2025 stehen nun umfassende Verhandlungen zur Optimierung des Abkommens an – mit weitreichenden Folgen für Marktzugang, nachhaltige Entwicklung und die globale Positionierung beider Länder.
Wie ein umfassendes Abkommen die Wirtschaftsbeziehungen stärkt und warum 2025 die Karten neu gemischt werden
Das Freihandelsabkommen Schweiz–China: Stand, Herausforderungen und Zukunft
Historische Entwicklung der bilateralen Beziehungen
Entwicklung seit 1974
Die Beziehungen zwischen der Schweiz und China reichen bis ins Jahr 1974 zurück, als beide Länder ein grundlegendes Handelsabkommen unterzeichneten. In den darauffolgenden Jahrzehnten entwickelte sich eine immer engere wirtschaftliche Partnerschaft. 2010 stieg China zum wichtigsten asiatischen und drittwichtigsten globalen Handelspartner der Schweiz auf. Diese Entwicklung wurde durch mehrere Dialogformate, darunter wirtschaftliche Kommissionen, regelmässige Treffen zum Thema geistiges Eigentum seit 2007 und ein Finanzdialog seit 2013, gestützt. Die schrittweise Intensivierung der Zusammenarbeit legte den Grundstein für ein umfassendes Freihandelsabkommen, das 2014 in Kraft trat und eine neue Ära bilateraler Wirtschaftsbeziehungen einläutete.
Das Freihandelsabkommen von 2014: Inhalte und Ziele
Wichtige Elemente und Zielsetzung
Das Freihandelsabkommen (FHA) zwischen der Schweiz und China wurde im Juli 2013 in Peking unterzeichnet und trat am 1. Juli 2014 in Kraft. Ziel des Abkommens ist es, den gegenseitigen Marktzugang für Waren und Dienstleistungen zu erleichtern, nicht-tarifäre Handelshemmnisse zu reduzieren, den Schutz des geistigen Eigentums zu stärken und nachhaltige Entwicklung zu fördern. Für den Grossteil des bilateralen Handels wurden Zölle abgebaut – teils mit Übergangsfristen, teils sofort. Sektorspezifische Kooperationsvereinbarungen sollen technische, sanitäre und phytosanitäre Handelshemmnisse beseitigen. Zudem wurden die Verpflichtungen für Dienstleistungen präzisiert, was insbesondere für Zulassungsverfahren und den Marktzugang verschiedener Branchen relevant ist.Quellen: SECO, sowie Factsheet SECO PDF
Marktzugang und Zollabbau: Was wurde erreicht?
Handelserleichterungen und Effekte
Nach Inkrafttreten des Abkommens profitierten vor allem Schweizer Exporteure von einem erleichterten Zugang zum chinesischen Markt. Viele Zölle fielen umgehend weg, andere wurden nach und nach abgebaut – nach fünf und zehn Jahren Übergangsfrist. Im Gegenzug öffnete die Schweiz ihren Markt für zahlreiche chinesische Produkte. Diese beidseitigen Erleichterungen führten zu einer deutlichen Intensivierung des Handelsvolumens. Gleichzeitig wurde der administrative Aufwand reduziert, etwa durch den Wegfall bestimmter Ursprungsnachweise. Dennoch bestehen weiterhin einige tarifäre und nicht-tarifäre Hindernisse, die Handelsströme beeinflussen.Quellen: SECO
Geistiges Eigentum, Dienstleistungen und Regulierung
Schutzmechanismen und Regulierungsrahmen
Ein zentrales Element des FHA ist der Schutz des geistigen Eigentums. Die Schweiz und China haben hierfür spezialisierte Dialogformate eingerichtet, um Innovationen, Patente und Marken zu schützen und Missbrauch zu verhindern. Besonders relevant ist dies für Schweizer Unternehmen in technologieintensiven Branchen. Im Dienstleistungsbereich regelt das Abkommen verbesserte Marktzugangspflichten und klarere Zulassungsverfahren, die über den Rahmen des WTO-GATS-Abkommens hinausgehen. Beide Seiten profitieren so von grösserer Rechtssicherheit und planbarer Expansion.Starkes Engagement im IP-Schutz und klare Regeln im Dienstleistungssektor prägen die Zusammenarbeit.
Nachhaltigkeit und Zusammenarbeit entlang der Wertschöpfungsketten
Soziale und Umweltstandards
Das FHA enthält auch explizite Bestimmungen zur nachhaltigen Entwicklung. Ergänzend wurde im Juni 2014 ein separates Arbeits- und Beschäftigungsabkommen abgeschlossen. Ziel ist es, Sozial- und Umweltstandards im bilateralen Handel zu fördern und eine nachhaltige Wertschöpfung anzustreben. Die Kooperation erstreckt sich auf Fachkräfteaustausch, Umwelttechnologien und gemeinsame Projekte im Rahmen von Chinas Belt and Road Initiative (BRI), für die 2019 ein Memorandum of Understanding unterzeichnet wurde. Damit wird der bilaterale Handel in globale Nachhaltigkeitsinitiativen eingebettet.Die Ursprungskriterien im Abkommen mit China
Die Rolle des Freihandelsabkommens im globalen Kontext
Schweizer Vorreiterrolle
Die Schweiz war das erste kontinentaleuropäische Land mit einem umfassenden Freihandelsabkommen mit China. Dies verschaffte Schweizer Unternehmen einen strategischen Vorteil gegenüber vielen europäischen Konkurrenten. Das Abkommen stärkt nicht nur die bilateralen Beziehungen, sondern etabliert die Schweiz als attraktiven Standort für international tätige Unternehmen mit Chinabezug. Zugleich werden Erfahrungen gesammelt, die in andere Freihandelsverhandlungen, etwa mit Mercosur oder ASEAN-Staaten, einfliessen können.
Verhandlungsrunde 2025: Ziele, Themen und Herausforderungen
Aktuelle und kĂĽnftige Verhandlungen
Vom 18. bis 20. März 2025 fand in Peking die erste Verhandlungsrunde zur Optimierung des FHA statt. Die Schweizer Delegation, angeführt von Botschafter Roger Gschwend, setzte sich für einen vollständigen zollfreien Marktzugang für alle exportierten Schweizer Waren ein. China legte Textvorschläge im Bereich E-Commerce und Wettbewerb vor. In mehreren Kapiteln – darunter Umwelt, Arbeit und Handelserleichterung – wurden bereits erste Textpassagen bereinigt. Besonders komplex gestalteten sich die Diskussionen zu Dienstleistungen, Investitionen und Ursprungsregeln, hier stehen weitere schriftliche Konsultationen bevor. Die kommenden Monate werden durch Arbeitsgruppensitzungen und Videokonferenzen geprägt, die nächste grosse Verhandlungsrunde ist im Sommer/Herbst 2025 geplant.Quellen: SECO
Ausblick: Chancen, Risiken und strategische Perspektiven
Zukunftspotenzial und Herausforderungen
Die Optimierung des Freihandelsabkommens eröffnet für beide Länder Chancen, birgt aber auch Herausforderungen. Während Schweizer Unternehmen von weiteren Zollsenkungen und verbesserten Marktzugängen profitieren können, steht die Schweiz unter dem Druck, ihre hohen Sozial- und Umweltstandards abzusichern. Themen wie digitaler Handel, Investitionsschutz und Wettbewerb werden weiter an Bedeutung gewinnen. Für China ist die Modernisierung des FHA ein Signal an andere Handelspartner, die Öffnung des Marktes fortzusetzen und seine Rolle als globale Wirtschaftsmacht auszubauen. Für die Schweiz bleibt das Abkommen ein Schlüsselinstrument zur Diversifizierung ihrer Aussenwirtschaft und zur Sicherung ihrer Innovationskraft.
Fazit und Ausblick: Eine dynamische Partnerschaft im Wandel
Das Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und China hat sich als Motor für Innovation, Wachstum und nachhaltige Kooperation bewährt. Die jetzt gestartete Optimierung markiert eine neue Etappe: Sie bietet Chancen für weitergehende Marktöffnung und setzt neue Standards für Nachhaltigkeit und Digitalisierung. Die kommenden Verhandlungen werden zeigen, wie beide Länder ihre Interessen ausbalancieren und das Abkommen fit für die Zukunft machen.