EU-Nachhaltigkeitsregelungen – Stand April 2025
Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD)
Die neue CSRD erweitert die Pflicht zur Nachhaltigkeitsberichterstattung auf deutlich mehr Unternehmen. Betroffen sind grosse Kapitalgesellschaften und bestimmte mittelständische Unternehmen, gestaffelt in vier Berichtswellen:
Die erste Welle umfasst grosse börsennotierte Unternehmen und andere Unternehmen öffentlichen Interesses, die bereits nach alter Richtlinie berichten mussten – diese müssen ab 2025 über das Geschäftsjahr 2024 berichten.
Die zweite Welle betrifft alle übrigen grossen Unternehmen (über 250 Mitarbeiter bzw. bestimmte Schwellenwerte), ursprünglich berichtspflichtig ab 2026 (für 2025). Hier gab es jedoch eine offizielle Fristverlängerung: Aufgrund eines EU-“Stop-the-Clock”-Beschlusses vom April 2025 verschiebt sich der Start der zweiten Welle um zwei Jahre auf 2028.
Die dritte Welle – kleine und mittelgrosse börsennotierte Unternehmen (ausgenommen Kleinstunternehmen) – war für 2027 geplant und wurde analog auf 2029 verschoben. Schliesslich gilt die vierte Welle für grosse Nicht-EU-Unternehmen mit erheblicher EU-Geschäftstätigkeit; hier bleibt es bei einer Berichtslegung im Jahr 2029 über das Geschäftsjahr 2028.
Die Verschiebungen wurden offiziell beschlossen, um den Unternehmen mehr Vorbereitungszeit zu geben und das Berichtssystem zu vereinfachen. Nur Unternehmen der ersten Welle müssen trotz der Entschleunigung planmäßig 2025 erstmals nach CSRD berichten, da für sie keine Erleichterung vorgesehen ist.
Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD)
Die CSDDD (Richtlinie über unternehmerische Sorgfaltspflichten) wurde 2024 verabschiedet und verpflichtet große Unternehmen, Menschenrechts- und Umweltrisiken in ihren Wertschöpfungsketten zu identifizieren und zu adressieren. Der aktuelle Stand: Die Richtlinie ist beschlossen, aber noch nicht in nationales Recht umgesetzt. Im April 2025 hat die EU ebenfalls eine Fristverschiebung beschlossen, um Unternehmen mehr Zeit zu geben Mitgliedstaaten haben nun bis Juli 2027 (statt 2026) Zeit, die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Entsprechend werden die Sorgfaltspflichten gestaffelt wirksam: Die grössten Unternehmen (z.B. über ~3.000 Mitarbeiter bzw. sehr hoher Umsatz) müssen voraussichtlich ab Ende Juli 2028 die neuen Vorgaben erfüllen. Weitere betroffene Unternehmen (darunter die zweite Kategorie grosser Firmen und bestimmte mittelständische Hochrisiko-Branchen) folgen ein Jahr später, also ab 2029. Offizielle Stellen haben somit eine Verschiebung um ein Jahr für den Start der Pflichten bestätigt. Unternehmen sollten diese Timeline im Blick behalten – auch wenn die genauen Schwellenwerte je nach endgültiger nationaler Umsetzung variieren können, ist derzeit nicht vor 2028 mit konkreten Pflichten für die erste Unternehmensgruppe zu rechnen. Weitere Erleichterung: Parallel zur Fristverlängerung wird überlegt, die inhaltlichen Anforderungen praxisnäher zu gestalten, um den Aufwand für die Unternehmen zu verringern (dies ist aber noch in Abstimmung).
EU-“Plastiksteuer” (Kunststoffabgabe)
Die oft als EU-Plastiksteuer bezeichnete Abgabe ist bereits seit Januar 2021 in Kraft. Es handelt sich dabei um ein Eigenmittel der EU, keine direkte Steuer für Unternehmen, sondern um Beiträge der Mitgliedstaaten . Jeder EU-Staat muss jährlich 0,80 € pro Kilogramm nicht recycelter Kunststoff-Verpackungsabfälle an die EU abführen . Aktuell zahlen die Mitgliedstaaten diese Abgabe größtenteils aus ihren Haushalten.
Beispiel: Deutschland überweist so rund 1,4 Mrd. € pro Jahr an die EU, was etwa 0,80 € × 1,7 Millionen Tonnen nicht recycelten Verpackungsplastiks entspricht.
Stand der Umsetzung: Auf EU-Ebene ist die Abgabe also schon Realität; es finden keine grundsätzlicen Verhandlungen mehr über die Einführung statt. Allerdings stellt sich die Frage, wer diese Kosten trägt. Einige Länder haben die Abgabe bereits an die Verursacher weitergegeben: Spanien etwa erhebt seit 2023 eine nationale Kunststoffsteuer von 0,45 € pro kg Kunststoffverpackung auf Hersteller und Importeure. Italien hat ebenfalls eine Kunststoffsteuer für Einwegverpackungen beschlossen. Deutschland hat die Abgabe zunächst aus dem Bundeshaushalt beglichen, plante aber, sie ab 1. Januar 2025 auf die Inverkehrbringer von Kunststoffverpackungen umzulegen.
Für Unternehmen bedeutet das: In manchen Mitgliedstaaten der EU kommen zusätzliche Kosten in Höhe von ca. 0,80 € pro kg Kunststoffverpackung auf sie zu, während in anderen Ländern die öffentliche Hand diese Kosten (noch) trägt. Die Zielsetzung der Abgabe bleibt, einen Anreiz zur Reduzierung von Plastikmüll zu schaffen – langfristig müssen sich Unternehmen also auf strengere Kunststoff-Regelungen einstellen, auch wenn die finanzielle Belastung derzeit je nach Land unterschiedlich ausfällt.
EU-Entwaldungsverordnung (EUDR)
Die Verordnung (EU) 2023/1115 gegen Entwaldung („EU-Entwaldungsverordnung“, EU Deforestation Regulation) soll sicherstellen, dass bestimmte Rohstoffe und Produkte, die auf dem EU-Markt gehandelt werden, entwaldungsfrei sind. Die Regel betrifft insbesondere Agrar- und Forstrohstoffe wie Rinderprodukte (z.B. Rindfleisch, Leder), Kakao, Kaffee, Palmöl, Kautschuk, Soja und Holz – sowie daraus hergestellte Waren (etwa Schokolade, Möbel, Papier). Die Verordnung ist am 29. Juni 2023 in Kraft getreten. Ursprünglich hätten Unternehmen die neuen Sorgfaltspflichten nach einer 18-monatigen Übergangsfrist ab Ende 2024 erfüllen müssen.
Aktueller Stand: Diese Frist wurde um ein Jahr verlängert. Grosse Marktteilnehmer und Händler müssen die Vorgaben nun erst ab dem 30. Dezember 2025 einhalten, kleine und Kleinstunternehmen (sofern sie nicht schon unter der früheren EU-Holzhandelsverordnung EUTR fielen) ab dem 30. Juni 2026. Diese Übergangsfristen sind offiziell beschlossen und sollen den Firmen mehr Zeit zur Vorbereitung geben.
Was bedeuten die Vorgaben? Wer unter die EUDR fällt, muss bis zu den genannten Stichtagen eine Sorgfaltserklärung für die betroffenen Waren abgeben und nachweisen, dass seit dem Stichtag 31. Dezember 2020 kein relevantes Ausgangsmaterial auf entwaldeten Flächen produziert wurde . Unternehmen sollten die Lieferketten der genannten Rohstoffe jetzt schon prüfen, da ab Ende 2025 bei Nicht-Einhaltung strenge Kontrollen und Sanktionen (bis zu 4 % des Jahresumsatzes) drohen. Insgesamt gibt die einjährige Verschiebung aber etwas Luft, um interne Prozesse aufzubauen und Compliance zu gewährleisten, ohne das Ziel der Verordnung – den Stopp importbezogener Entwaldung – zu gefährden.
Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM)
Der CO₂-Grenzausgleichsmechanismus (CBAM) ist ein neues Instrument, um Importe emissionsintensiver Produkte an die EU-Klimastandards anzugleichen. Betroffen sind zunächst sechs Warengruppen: Eisen und Stahl, Zement, Aluminium, Düngemittel, Elektrizität sowie Wasserstoff (einschließlich einiger Vor- und Zwischenprodukte in diesen Kategorien) . Der CBAM ist bereits am 1. Oktober 2023 in eine Übergangsphase gestartet. In dieser Phase (Q4 2023 bis Ende 2025) müssen Importeure quartalsweise CBAM-Berichte einreichen, in denen sie die in den importierten Waren enthaltenen Treibhausgas-Emissionen angeben. Diese Berichtspflicht ist rein informatorisch, finanzielle Abgaben fallen während der Übergangszeit noch nicht an. Die Berichte sind jeweils bis einen Monat nach Quartalsende abzugeben (z.B. Bericht Q1 bis 30. April).
Ab 1. Januar 2026 soll der CBAM in den Regelbetrieb übergehen: Dann müssen Importeure für die Emissionen ihrer importierten Waren CBAM-Zertifikate erwerben, deren Preis dem EU-Emissionshandelspreis entspricht. Dies würde effektiv bedeuten, dass für eine Tonne CO₂-Emissionen im Produkt ein Zertifikat erworben und beim Import abgegeben werden muss.
Neuester Stand: Auch hier plant die EU gewisse Erleichterungen und Anpassungen. Zum einen soll der erste verpflichtende Zertifikatekauf erst 2027 erfolgen (statt bereits 2026). Konkret ist im Gespräch, die Abrechnung für das Jahr 2026 erst im Februar 2027 fällig zu stellen – die Bepreisungsphase beginnt zwar 2026, aber Unternehmen hätten länger Zeit, sich auf den Kauf der CO₂-Zertifikate einzustellen. Zum anderen soll eine Bagatellgrenze eingeführt werden: Importeure, die weniger als 50 Tonnen CBAM-Waren pro Jahr einführen, wären dann von CBAM-Pflichten ausgenommen. Diese Ausnahmeregelung würde laut EU-Kommission rund 90 % der Importeure von der Berichtspflicht befreien, während trotzdem etwa 99 % der importbedingten Emissionen vom CBAM erfasst blieben. Die entsprechenden Anpassungen (inkl. Vereinfachungen bei Berechnungsmethoden) sind Teil eines Omnibus-Gesetzespakets der EU-Kommission vom Februar 2025 und müssen noch von Parlament und Rat endgültig gebilligt werden. Für betroffene Unternehmen bedeutet dies voraussichtlich etwas Entlastung in administrativer Hinsicht.
Fazit: Seit Q4 2023 laufen die neuen Reporting-Pflichten im CBAM, und Unternehmen sollten diese Compliance-Aufgabe ernst nehmen. Finanzielle Abgaben durch den Grenzausgleich sind in voller Höhe ab 2026 geplant, werden aber nach aktuellem Stand erst im Jahr 2027 erstmals fällig. Es empfiehlt sich, schon jetzt interne Prozesse aufzusetzen, Emissionsdaten der Lieferanten zu sammeln und – falls relevant – frühzeitig den Status als “zugelassener CBAM-Anmelder” zu beantragen. So können Unternehmen die Übergangszeit optimal nutzen und sind vorbereitet, wenn der CBAM endgültig greift.
Quellen: Offizielle Mitteilungen und Verordnungsdokumente der EU-Kommission und des EU-Gesetzgebers (Amtsblatt der EU).