Konkrete Massnahmen für Schweizer Firmen angesichts der drohenden US-Strafzölle

„Die Schweiz war gewarnt, hat die Gefahr aber trotzdem unterschätzt. Nun ist der Schock gewaltig, die Schweiz muss aufwachen.“
Die Strafzölle der USA sind keine theoretische Drohung mehr – sie treffen erste Schweizer Exporteure mit voller Wucht. Höchste Zeit, dass betroffene Unternehmen handeln. Hier sind acht konkrete Schritte:

1. Lieferketten und Ursprung kennen

Viele Firmen wissen nicht, wie viel China, Mexiko oder andere Drittstaaten in ihrer Wertschöpfung steckt. Das ist gefährlich. Wer fundierte Entscheide treffen will, muss seine Warenflüsse analysieren. Entscheidend ist zudem jetzt umso mehr die korrekte Zolltarifnummer – sie bestimmt, ob und wie hoch ein Zoll anfallen kann.

„Wer die Zolltarifnummer nicht kennt, ist verloren.“

2. Ursprungsmanagement als strategischer Vorteil

Ursprungsmanagement bedeutet mehr als nur Zollformulare:

  • Freihandelsabkommen gezielt nutzen: Schweizer Unternehmen können sich durch eine klare Ursprungsstrategie differenzieren. Wer künftig verstärkt in Länder mit Freihandelsabkommen liefert oder dort neue Märkte erschliesst, gewinnt strategischen Spielraum. Die Schweiz hat in den letzten Monaten mehrere neue EFTA-Abkommen abgeschlossen – diese gilt es nun aktiv zu nutzen.
  • Ursprungsland statt Versandland: Massgebend für Zollvorteile und -nachteile ist immer das Ursprungsland, nicht das Versandland. Die Stammdaten der Waren müssen daher konsequent gepflegt und regelmässig überprüft werden.
  • Nachweise und Ursprungszeugnisse: Es ist zu erwarten, dass vermehrt Ursprungsnachweise und -zeugnisse verlangt werden – sowohl von Behörden als auch von Geschäftspartnern. Herkunftsangaben sind wichtiger denn je.
  • Spezialfall Stahl und Aluminium: Bei gewissen Produkten ist es ratsam, den Ursprung von Stahl- oder Aluminiumbestandteilen separat auszuweisen, um gezielte Strafzölle auf diese Materialien zu vermeiden.

3. Preisanpassungsklauseln in Verträgen

„Wer keine Klausel für Preisanpassungen bei veränderten Zöllen in den Verträgen hat und die Kosten selbständig trägt, hat nun ein Problem.“
Verträge sollten klare Regelungen zu Zollkosten und Preisgleitklauseln enthalten – auch rückwirkend, wo möglich.

4. Lagerpolitik und Timing

„Die klugen Unternehmen haben ihre Lager in den USA gefüllt.“
Wer Lagerbestände frühzeitig vor Ort platziert hat, kann sich vor kurzfristigen Zollschlägen schützen. Vorausschauende Logistikplanung lohnt sich – trotz Kapitalbindung.

5. Kundenkommunikation und Preisstrategie

„Manche Firmen können die Zölle auf die Kunden abwälzen, andere müssen sie selber tragen, wieder andere ziehen sich aus dem amerikanischen Markt zurück.“
Unternehmen sollten ihre betroffenen Produkte analysieren und unterschiedliche Strategien entwickeln:

  • Kann der Preis erhöht werden?
  • Können Alternativprodukte angeboten werden?
  • Lohnt sich der Rückzug aus dem Markt oder die Marktdifferenzierung?

6. Produktion und Bezugsquellen anpassen

Die Verlagerung von Produktionsschritten in Drittstaaten mit besseren Handelsbedingungen – oder sogar in die USA selbst – kann helfen, Zölle zu vermeiden. Ebenso sinnvoll: alternative Bezugsquellen prüfen, die weniger sensitiv sind. Allerdings kann sich die Dynamik jederzeit verschieben.

7. Produktionsstandorte nutzen und Produktionsverlagerung neu denken

Je nach Zollregelung kann es lohnend sein, Produktionsstandorte zu nutzen, die besser gestellt sind::

  • Produkte aus der EU unterliegen aktuell „nur“ einem 20 %igen Strafzoll – das ist zwar hoch, aber unter Umständen günstiger als Schweizer Herkunft (kann sich aber jederzeit ändern).
  • Die Türkei bezahlt derzeit nur 10 % – auch das kann ein Wettbewerbsvorteil sein.
  • Aber Vorsicht: Bei etlicher Ware wie Produkten mit Stahl- oder Aluminiumbestandteilen gelten teils gesonderte Regeln. Diese unterliegen bereits eigenständigen Strafzöllen und müssen separat deklariert werden, unabhängig vom Ursprungsland des Endprodukts. Es wird empfohlen, diese Stammdaten zu erfassen und im Export anzugeben, da sonst auf dem ganzen Produkte der Zuschlag erhoben wird.

8. Frühwarnsysteme und Monitoring

Firmen sollten sich organisatorisch auf mehr Volatilität einstellen. Ein internes Monitoring von Zollentwicklungen, zollrechtlichen Änderungen und Ursprungsregelungen hilft, frühzeitig zu reagieren und Chancen zu erkennen.

Umgehungsgeschäfte

Wenn versucht wird, Handelszölle durch Verschleierung des Ursprungslands zu umgehen, werden von den US-Zollbehörden (CBP) streng überwacht und kontrolliert. Methoden wie Transshipment, bei denen Waren über Drittländer umgeleitet und dort umetikettiert werden, oder minimale Weiterverarbeitung, bei der geringfügige Änderungen vorgenommen werden, um ein neues Ursprungsland vorzutäuschen, werden als Umgehung angesehen und sind illegal. Ein Certificate of Origin (COO) ist für viele Importe erforderlich und muss den Ursprung der Waren genau angeben. Zusätzlich hat die US-Regierung die “de minimis”-Regelung, die zollfreie Einfuhren für Sendungen unter 800 $ erlaubte, für Waren aus China und Hongkong aufgehoben, um Umgehungsgeschäfte weiter einzudämmen.