Interview zu Strafzöllen und Auswirkungen auf die Schweiz: Beitrag von SRF
Im Interview von SRF sagt Swissmem-Vizedirektor Jean-Philippe Kohl: «Das Ganze kann eskalieren».
Die Ankündigung der USA, Stahl- und Aluminiumimporte mit Zöllen von 25 Prozent zu belegen, hat weltweit Besorgnis ausgelöst. Besonders betroffen ist die Schweizer Industrie, die befürchtet, zwischen die Fronten eines möglichen Handelskonflikts zu geraten. Jean-Philippe Kohl, Vizedirektor von Swissmem, dem Verband der Schweizer Maschinen-, Elektro- und Metallindustrie, äusserte in einem Interview mit SRF seine Bedenken.
Auswirkungen auf die Schweizer Exporte
Obwohl die direkten Exporte von Stahl und Aluminium aus der Schweiz in die USA mit rund 80 Millionen Franken vergleichsweise gering sind, könnten die neuen Zölle weitreichende Konsequenzen haben. Kohl betont, dass die Gesamtexporte der Schweizer Tech-Industrie in die USA etwa 10 Milliarden Franken betragen, wobei Stahl und Aluminium etwa 0,8 Prozent ausmachen. Die Hauptsorge liegt jedoch darin, dass der Konflikt eskalieren und weitere Produktgruppen betreffen könnte.
Vergleich zu Exporten in die EU
Die Exporte von Stahl und Aluminium in die Europäische Union sind mit rund 2,7 Milliarden Franken deutlich höher als jene in die USA. Sollte die EU als Reaktion auf die US-Zölle Gegenmassnahmen ergreifen und die Schweiz dabei als Drittstaat behandeln, könnte dies erhebliche Probleme für die Schweizer Industrie bedeuten. Bereits in der Vergangenheit wurde die Schweiz in ähnlichen Situationen als Drittstaat eingestuft, was zu hohen Zöllen führte und den Export erschwerte.
Rückblick auf frühere Erfahrungen
In früheren Fällen hatte die EU Schutzmassnahmen ergriffen, um einen verstärkten Stahleinstrom aus China zu verhindern. Diese Massnahmen beinhalteten Zölle von bis zu 25 Prozent, wenn bestimmte Exportmengen überschritten wurden. Die Schweiz wurde damals als Drittstaat betrachtet und konnte nur innerhalb eines festgelegten Kontingents zollfrei exportieren. Sobald dieses Kontingent ausgeschöpft war, mussten Schweizer Unternehmen die hohen Zölle zahlen, was den Export in die EU erheblich beeinträchtigte.
Erwartungen an die Zukunft
Die Schweizer Behörden setzten sich damals dafür ein, dass die Schweiz nicht als Drittstaat betrachtet wird und ähnlich wie EWR-Staaten behandelt wird. Dieser Versuch blieb jedoch erfolglos. Angesichts der aktuellen Verhandlungen über die Bilateralen III zwischen der Schweiz und der EU hofft Kohl, dass sich diese Situation nicht wiederholt. Eine erneute Einstufung der Schweiz als Drittstaat und die damit verbundenen hohen Zölle könnten die Ratifizierung der neuen Verträge gefährden und wären kontraproduktiv für beide Seiten.
Fallbeispiele
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Ein Maschinenbauunternehmen: Dieses Unternehmen exportiert spezialisierte Maschinenbauteile sowohl in die USA als auch in die EU. Mit den neuen US-Zöllen steigen die Kosten für ihre Produkte in den USA, was ihre Wettbewerbsfähigkeit mindert. Sollte die EU ebenfalls Gegenmassnahmen ergreifen und die Schweiz als Drittstaat behandeln, könnten zusätzliche Zölle den Export in die EU erschweren, was zu Umsatzeinbussen führen könnte.
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Eine Stahlproduzentin: Diese Produzentin liefert hochwertige Stahlprodukte hauptsächlich in europäische Märkte. Bei früheren EU-Schutzmassnahmen wurde das Exportkontingent schnell ausgeschöpft, wodurch hohe Zölle gezahlt werden mussten. Eine Wiederholung dieser Situation könnte das Unternehmen zwingen, die Produktionsmengen anzupassen oder neue Märkte zu suchen.
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Ein Aluminiumverarbeiter: Dieses Unternehmen beliefert Kunden in den USA mit spezialisierten Aluminiumkomponenten. Die Einführung der US-Zölle von 25 Prozent erhöht die Preise für ihre Kunden, was zu einer Reduzierung der Aufträge führen könnte. Gleichzeitig könnten EU-Gegenmassnahmen den Import von Rohmaterialien verteuern, was die Produktionskosten in die Höhe treibt.
Fazit
Die geplanten US-Zölle auf Stahl und Aluminium sowie mögliche Gegenmassnahmen der EU stellen für die Schweizer Industrie erhebliche Herausforderungen dar. Es besteht die Gefahr, dass die Schweiz erneut als Drittstaat eingestuft wird und somit von hohen Zöllen betroffen ist. Dies könnte die Wettbewerbsfähigkeit der Schweizer Unternehmen sowohl in den USA als auch in der EU beeinträchtigen und hätte potenziell negative Auswirkungen auf die gesamte Wirtschaft.
Quelle: SRF News – Neue Ängste im Zollstreit: Swissmem-Vizedirektor: «Das Ganze kann eskalieren»