Das Berufungsgericht für den Federal Circuit hat der US-Regierung einen wichtigen Etappensieg verschafft: Die von Präsident Trump eingeführten Zölle bleiben vorerst in Kraft. Ursprünglich hatte das US-Handelsgericht (CIT) grosse Teile dieser Massnahmen untersagt, doch die Entscheidung wurde temporär ausgesetzt. Während die Frist für die aktuellen US-Zollpausen am 9. Juli abläuft, spitzen sich internationale Handelsverhandlungen rasant zu. Die USA drohen bei Scheitern der Gespräche mit drastischen Zollerhöhungen. Von der EU über Indien bis zur Schweiz stehen zahlreiche Länder unter Zugzwang, um empfindliche wirtschaftliche Schäden abzuwenden. Dieser Bericht analysiert die zentralen Entwicklungen und Strategien der Akteure.
Warum Präsident Trumps Zollmassnahmen weiterhin gelten – und wie es jetzt weitergeht
US-Berufungsgericht stoppt vorerst Aufhebung von Trumps Zöllen: Aktueller Stand und Perspektiven

Trumps jĂĽngste Zollpolitik: Rechtliche und wirtschaftliche Dynamiken 2025

 

Hintergrund: Trumps jĂĽngste Zollpolitik und ihre Ziele im Wettlauf gegen Fristen

Seit seiner Wiederwahl verfolgt Präsident Trump eine aggressive Handelspolitik, die in neuen, weitreichenden Zöllen auf diverse Importgüter gipfelt. Unter Berufung auf den IEEPA wurden seit Frühjahr 2025 erhebliche Abgaben auf Waren aus verschiedenen Ländern erhoben. Die Massnahmen sollten nach Trumps offizieller Begründung essentielle US-Industrien schützen und geopolitische Interessen sichern. Zeitgleich blieb die Kritik aus Wirtschaft, Politik und Justiz nicht aus, vor allem da die Anwendung des IEEPA als Präzedenzfall für präsidentielle Kompetenzausweitung gilt.

Die Urteile: US-Handelsgericht (CIT) und Bundesgerichte greifen ein

Richterliche Einschätzung zu Trumps Zollstrategie Ende Mai 2025 entschied das US-Handelsgericht (CIT), dass Präsident Trump seine Kompetenzen unter dem IEEPA überschritten habe. Parallel urteilte ein Bundesgericht in Washington, dass die Zölle in ihrer Anwendung auf kleine Unternehmen rechtswidrig seien. Beide Gerichte stellten infrage, ob der Präsident solch weitreichende Handelssanktionen einführen darf, ohne umfassende Prüfung durch den Kongress oder andere Kontrollinstanzen. Diese Urteile stellten Trumps gesamte Zollstrategie – und die Auslegung präsidentieller Notstandsbefugnisse – auf den Prüfstand. Gerichtsentscheid (PDF)

Reaktion der US-Regierung: Berufung und Eilentscheidungen

Die US-Regierung reagierte umgehend und legte Berufung beim Federal Circuit ein. Ziel war es, die Handelsmassnahmen während des laufenden Rechtsstreits aufrechtzuerhalten. Das Berufungsgericht gab dem Eilantrag statt und setzte die Wirkung der CIT-Entscheidung vorübergehend aus. Damit bleiben alle strittigen Zölle bis zur endgültigen Klärung in Kraft. Diese Vorgehensweise ist typisch für politisch und wirtschaftlich besonders relevante Rechtsstreitigkeiten, da ein Hin und Her bei Zollbestimmungen für Unternehmen hohe Unsicherheiten und Kosten verursacht.

Juristische Dimensionen: Die Reichweite des IEEPA und präsidentielle Befugnisse

Im Zentrum der Debatte steht die Auslegung des IEEPA, das dem Präsidenten weitreichende Vollmachten im wirtschaftlichen Notstand verleiht. Kritiker argumentieren, dass Trump das Gesetz für protektionistische Zwecke missbraucht. Befürworter sehen hingegen die Notwendigkeit, in Zeiten geopolitischer Spannungen rasch auf internationale Entwicklungen reagieren zu können. Die Gerichte müssen nun klären, wie weit die präsidialen Vollmachten tatsächlich reichen – ein Präzedenzfall für künftige Präsidenten und deren Spielräume in der Handelspolitik.

Wirtschaftliche Implikationen: Auswirkungen auf Unternehmen und Handelspartner

Unternehmen und Handelspartner stehen angesichts der anhaltenden Unsicherheit vor erheblichen Herausforderungen. Zölle verteuern importierte Vorprodukte und erhöhen Produktionskosten in den USA. Viele Firmen müssen ihre Lieferketten kurzfristig anpassen, während wichtige Handelspartner wie die EU und China mit Gegenmassnahmen drohen. Die Unsicherheit behindert Investitionsentscheidungen und belastet das Vertrauen in die transatlantischen und transpazifischen Wirtschaftsbeziehungen.

EU: Von Gegenzöllen und Drohkulissen

Die Europäische Union zeigt sich gegenüber den US-Forderungen wenig kompromissbereit und bereitet Vergeltungsmassnahmen vor. Im Fokus stehen dabei nicht nur Autos, sondern auch Güter wie amerikanische Flugzeuge. Nachdem Trump mit einer Erhöhung der Zölle auf bis zu 50 Prozent auf EU-Importe gedroht hat, warnt die EU klar vor Eskalationen und gegenseitigen Strafmassnahmen. Besonders betroffen wären die Automobil-, Maschinenbau- und Luftfahrtbranche. Gleichzeitig setzen die EU-Mitglieder auf gemeinsame Strategien und fordern von Washington ein Ende punktueller Strafzölle zugunsten strukturierter Handelsabkommen. Dennoch wird vielerorts bezweifelt, dass die USA auf umfassende Kompromisse eingehen werden.

Indien: Patt im Agrar- und Automobilbereich

Indien steht mit den USA im Bemühen, einen Marktzugang für US-Landwirtschafts- und Autoprodukte zu verschaffen, vor internen und externen Widerständen. Die Regierung in Neu-Delhi verweist auf den Schutz heimischer Arbeitsplätze und einen aus ihrer Sicht mangelnden Zugang zu US-Märkten als Rechtfertigung für die eigene Blockadehaltung. Trotz der Spannungen wachsen indische Exporte – inzwischen vor allem im Pharma- und Elektroniksektor – stetig auf dem US-Markt. Die USA pochen jedoch weiter auf die Öffnung sensibler Branchen und erhöhen so den Druck auf die indische Regierung, die sich zum Spagat gezwungen sieht.

Japan: Automobil im Zentrum des Konflikts

Japans Verhandlungen mit den USA drehen sich nahezu ausschliesslich um die Automobilbranche. Die Drohung eines 25-Prozent-Zolls auf japanische Fahrzeuge stösst auf vehementen Widerstand, auch unter Verweis darauf, dass japanische Unternehmen inzwischen mehr Fahrzeuge direkt in den USA produzieren als exportieren. Rund 60 Milliarden US-Dollar wurden in US-Fabriken investiert, was die Verhandlungsposition Tokios zumindest teilweise stärkt. Dennoch bleibt eine Einigung nach mehreren Gesprächsrunden aus, da die US-Seite substanzielle Gegenleistungen fordert – etwa beim Abbau nichttarifärer Handelshemmnisse.

Spanien: Zölle als Hebel für NATO-Beiträge

Die US-amerikanische Handelspolitik ist im Falle Spaniens eng mit sicherheitspolitischen Aspekten verbunden. Präsident Trump koppelt die angekündigte Verdoppelung der Zölle dezidiert an die Erfüllung der NATO-Verpflichtungen durch Spanien. Die spanische Regierung steht damit vor einem doppelten Dilemma: Einerseits gilt es, die eigenen militärischen Ausgaben zu erhöhen, andererseits droht eine empfindliche Belastung spanischer Exporte, sollte keine Einigung erzielt werden. Diese Verknüpfung von Verteidigungs- und Handelspolitik ist ein Novum und verschärft den Ton.

Pakistan: Hoffnung auf Durchbruch trotz hoher Zölle

Pakistan ist eines der wenigen Länder, in denen US-Verhandler konstruktiven Optimismus zeigen. Die Exporte nach Amerika stehen jedoch weiter unter einem harten Aufschlag von aktuell 29 Prozent – eine Steuer, die direkt am pakistanischen Handelsüberschuss mit den USA bemessen wird. Auch wenn in den Gesprächen eine baldige Einigung in Sicht ist, bleibt der Druck hoch und der Ausgang angesichts der Koppelung an wirtschaftliche Leistungsdaten unsicher. Ein Durchbruch könnte jedoch zumindest als Blaupause für kleinere Schwellenländer dienen.

Vietnam und Thailand: Zwischen Zollanreizen und Kaufzusagen

Sowohl Vietnam als auch Thailand bewegen sich auf einen Kompromisspfad: Vietnam signalisiert Bereitschaft, durch grössere Importe amerikanischer Waren im Gegenzug für eine Zollobergrenze von 20 bis 25 Prozent Konzessionen zu machen. Ein Abkommen scheint in Reichweite. Thailand hingegen hat angesichts der Aussicht auf 36-Prozent-Zölle einen eigenen Vorschlag vorgelegt, der eine Absenkung auf 10 Prozent ermöglichen soll. Die hohe Bedeutung des US-Markts für beide Volkswirtschaften erhöht den Handlungsdruck massiv und führt zu wachsender Flexibilität in den Verhandlungen.

Malaysia, Kanada, Schweiz: Drei unterschiedliche Strategien

Malaysia konzentriert sich auf seine Rolle als Halbleiter-Exporteur, da über 60 Prozent der Ausfuhren in die USA gehen. Ziel ist es, Zölle unter der 10-Prozent-Marke auszuhandeln. Kanada hingegen setzt auf gezielte Gegenzölle, insbesondere im Stahl- und Aluminiumbereich, und koppelt seine Position an Fortschritte in Sicherheitsfragen und Migration. In einem Social-Media-Post hat das Weisse Haus bekannt gegeben, dass alle Verhandlungen mit Kanada nun ausgesetzt sind. Der Grund dafür liegt in dem Wunsch der USA, Steuern auf digitale Dienstleistungen auf den Export von technologie- und datenorientierten Dienstleistungen zu vermeiden. Dies ist ein heiß umstrittenes Thema für die USA, und eine ähnliche Pattsituation hat es mit Europa über das gleiche Thema gegeben.
Die Schweiz, wo Minister Guy Parmelin zügige Fortschritte mit den USA bis Juli fordert, steht angesichts der allgemeinen 10-Prozent-Zollregelung für Drittstaaten unter Zugzwang, sieht aber kleine Chancen auf Sonderbehandlung. Gegenzölle wird die Schweiz jedoch kaum erheben.

Politische Reaktionen: Debatte im Kongress und internationale Kritik

Stimmen aus Politik und AuslandIm US-Kongress herrscht über die Rechtmässigkeit und Sinnhaftigkeit der Zölle Uneinigkeit. Während Republikaner Trumps konsequentes Handeln verteidigen, fordern viele Demokraten und einige wirtschaftsnahe Republikaner eine stärkere Einbindung des Parlaments bei derart weitreichenden Entscheidungen. International wächst der Druck: Die wichtigsten Handelspartner kritisieren den einseitigen Kurs und prüfen eigene Gegenmassnahmen oder wenden sich an die WTO.

Wie geht es weiter? Das weitere juristische Verfahren und was passiert nach dem 9. Juli?

Für Ende Juli 2025 ist eine mündliche Verhandlung vor dem Federal Circuit angesetzt. Mit einem Urteil wird frühestens im August gerechnet. Bis dahin bleiben die Zölle bestehen. Unabhängig vom Ausgang könnten jedoch weitere Verfahren folgen – insbesondere, wenn die unterlegene Partei vor den Obersten Gerichtshof der USA zieht. Parallel dürfte die US-Regierung Möglichkeiten prüfen, alternative Rechtsgrundlagen für ähnliche Massnahmen zu aktivieren.
Die USA werden voraussichtlich nicht alle Zölle wieder abschaffen, selbst wenn Teilabkommen erzielt werden. Es zeichnet sich vielmehr eine Situation ab, in der gezielte, branchenspezifische oder bilaterale Deals – ähnlich dem Phase-1-Abkommen mit China – geschlossen werden. Viele Exportnationen stehen vor der Aufgabe, US-Forderungen nach spezifischen Importzusagen, Investitionen oder Marktöffnungen nachzukommen, um Zollerhöhungen abzuwenden. Das Risiko chaotischer Handelsbedingungen bleibt hoch und unterstreicht die Bedeutung international koordinierter Antworten auf US-Massnahmen.
 

Langfristige Folgen: Rechtlicher Präzedenzfall und Vertrauensfrage

Die aktuelle Entwicklung setzt einen wichtigen Präzedenzfall für den Umgang mit präsidentiellen Notstandsbefugnissen im internationalen Handel. Der Fall beeinflusst nicht nur die aktuelle US-Handelspolitik, sondern stellt auch die Frage nach der Verlässlichkeit amerikanischer Wirtschafts- und Rechtsstrukturen. Die Verunsicherung bei Unternehmen und Partnern könnte langfristige Schäden verursachen, sollte es zu weiteren Ad-hoc-Massnahmen oder plötzlichen Kurswechseln kommen.
Ausblick: Eine Entscheidung mit weitreichender Tragweite
Die vorläufige Verlängerung von Trumps Zöllen bedeutet rechtliche und wirtschaftliche Unsicherheit. Bis zur endgültigen Entscheidung des Berufungsgerichts bleibt der Status quo bestehen. Unabhängig vom Ausgang werden diese Verfahren das Verhältnis der USA zu ihren Handelspartnern sowie die rechtlichen Kompetenzen des Präsidenten im internationalen Handel dauerhaft prägen.ie anstehenden US-Zölle sorgen weltweit für Unsicherheit und zwingen Staaten zu harten Verhandlungen. Einigung bleiben punktuell, der Ton ist verschärft. Viele Exportnationen arbeiten fieberhaft an Kompromissen, aber die Gefahr neuer Handelskonflikte bleibt akut. Der 9. Juli könnte zum Wendepunkt in der globalen Handelspolitik werden – mit weitreichenden Folgen für Lieferketten und Märkte.