Neues Zollgesetz: Politisches Manöver im Ständerat

Nach jahrelanger Debatte steht die umfassende Zollreform kurz vor dem Abschluss. In der laufenden Sommersession bereitet sich das Parlament auf die Schlussabstimmung vor – nicht ohne letzte Überraschung. Bundespräsidentin Karin Keller-Sutter sorgte am Dienstag mit einem unerwarteten Vorgehen für Aufsehen im Ständerat.

In der Debatte rund um das neue Zollgesetz griff Keller-Sutter zu einem ungewöhnlichen Schachzug: Sie nahm Bezug auf einen Minderheitsantrag von SP-Ständerat Carlo Sommaruga – der formal gar nie eingereicht worden war. Dennoch schlug sie vor, diesen Gedankengang als Antrag aufzunehmen, um darüber abstimmen zu lassen. Mit 25 zu 19 Stimmen stimmte der Ständerat diesem “fiktiven” Antrag schliesslich zu.

Die Folge: Die Besteuerung von Spirituosen soll neu im Zollgesetz geregelt werden, statt wie bisher im Alkoholgesetz. Das sorgt bei Branchenvertretern für erhebliche Kritik. Peter Platzer, Geschäftsführer von Spiritsuisse, spricht von einem verfassungsrechtlich fragwürdigen Vorgehen: „Über einen Antrag abzustimmen, der nie existiert hat, ist ein Problem für den parlamentarischen Prozess“, sagt er.

Die Spirituosenbranche hatte sich über Monate hinweg gegen die Änderungen gewehrt. Sie befürchtet eine aufwendigere Zollabwicklung, höhere Kosten und weitreichende Ermessensspielräume für die Verwaltung. Konkret kritisieren Branchenvertreter, dass Spirituosen künftig bereits beim Grenzübertritt versteuert werden sollen – was zu einer höheren Kapitalbindung führe, anstatt wie bisher direkt ins Steuerlager überführt zu werden.

Keller-Sutter entgegnete im Parlament, es handle sich um ein Missverständnis. Ziel sei es gewesen, den bürokratischen Aufwand zu verringern – auch für die Verwaltung selbst. Unterstützung erhielt sie dabei sogar von SP-Ständerat Sommaruga, der betonte, er sehe sich nicht in der Rolle, wirtschaftliche Interessen zu vertreten. Einen eigenen Antrag hatte er deshalb bewusst nicht eingebracht – woraufhin Keller-Sutter kurzerhand „die Minderheit Sommaruga“ konstruierte.

Die Episode ist sinnbildlich für die zähe Entstehungsgeschichte der Reform. Nach mehreren Jahren politischer Auseinandersetzung soll das neue Gesetz nun verabschiedet werden. Bereits beschlossen sind etwa die erweiterte Bewaffnung des Zollpersonals, die Verschmelzung von Zoll und Grenzwache sowie die Möglichkeit, biometrische Daten wie Fingerabdrücke und DNA-Proben zu erheben.