Strafzölle, Fall Harley

Urteil vom 21.11.2024: Harley-Davidson verliert vor dem EuGH

Die Entscheidung ist gefallen: Die Verlagerung der Montage von Harley-Davidson aus den USA nach Thailand, die darauf abzielte, die von der EU eingeführten Vergeltungszölle als Reaktion auf die Handelspolitik der Trump-Administration zu umgehen, verstösst gegen die nichtpräferenziellen Ursprungsregeln. Laut dem Gerichtshof der Europäischen Union (EuGH) erfüllt diese Massnahme nicht die Anforderungen an den Erwerb eines thailändischen Ursprungs.

Bestätigung des wirtschaftlichen Rechtfertigungstests

Der EuGH hat heute das Urteil des Gerichts der Europäischen Union (EuG) bestätigt, dass die Verlagerung gegen die Regelungen des Artikels 33 der Delegierten Verordnung zum Unionszollkodex (UZK-DA) verstösst. Zentral war hierbei der sogenannte „wirtschaftliche Rechtfertigungstest“, den Harley-Davidson nicht bestanden hat. Das Gericht stellte fest, dass die Verlagerung wirtschaftlich nicht gerechtfertigt sei, da der „hauptsächliche oder dominierende Zweck“ in der Vermeidung von EU-Vergeltungszöllen bestand.

Analyse der Beweise: Ein klarer Fokus auf Zollumgehung

Die Argumentation des Gerichts stützt sich auf mehrere Aspekte:

Offizielle Dokumentation: Besonders das Formular 8-K, das Harley-Davidson bei der U.S. Securities and Exchange Commission (SEC) eingereicht hatte, spielte eine entscheidende Rolle.

Zeitliche Korrelation: Die zeitliche Übereinstimmung zwischen dem Inkrafttreten der EU-Vergeltungsmassnahmen und der Ankündigung der Verlagerung der Montageprozesse deutete darauf hin, dass die Verlagerung primär auf die Vermeidung der Zölle abzielte.

Der EuGH führte in Randnummer 79 des Urteils aus, dass das EuG zurecht davon ausgegangen sei, dass Anscheinsbeweise vorliegen, die eine Absicht zur Umgehung handelspolitischer Massnahmen erkennen lassen. Harley-Davidson hatte jedoch die Verpflichtung, eine alternative wirtschaftliche Begründung für die Verlagerung glaubhaft darzulegen, was nicht gelungen ist.

Bedeutung des Urteils für die Wirtschaft

Dieses Urteil kommt zu einem kritischen Zeitpunkt, da die geopolitischen Spannungen und die protektionistischen Massnahmen weltweit zunehmen. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, ihre Lieferketten neu zu bewerten, um die Auswirkungen von Handelspolitik und Zöllen zu minimieren. Beispiele hierfür sind:

Trump 2.0: Die mögliche Wiedereinführung von Zöllen unter einer zweiten Trump-Administration und die darauf folgenden EU-Gegenmassnahmen.

Sanktionen gegen Russland: Die verschärften Beschränkungen im Handel mit Russland erhöhen die Komplexität des globalen Warenverkehrs.

EU-China-Konflikt über Elektrofahrzeuge: Der andauernde Streit über staatliche Subventionen und Marktverzerrungen führt zu weiteren Unsicherheiten.

Fazit: Präzedenzfall mit Signalwirkung

Das Urteil des EuGH sendet ein deutliches Signal an Unternehmen, die ihre Produktions- und Lieferketten strategisch anpassen, um Handelszölle zu umgehen. Es zeigt, dass solche Massnahmen genau geprüft werden und klar begründet sein müssen. Die Verpflichtung, die wirtschaftliche Notwendigkeit einer Verlagerung zu belegen, ist nicht nur eine regulatorische Anforderung, sondern schützt Unternehmen vor Reputationsrisiken und potenziellen rechtlichen Konsequenzen.

In einer Zeit zunehmender Handelskonflikte verdeutlicht das Urteil, dass die Einhaltung zollrechtlicher Vorgaben ein zentraler Bestandteil des globalen Supply-Chain-Managements bleibt. Unternehmen sollten proaktiv sicherstellen, dass Verlagerungen nicht nur taktisch sinnvoll, sondern auch regelkonform sind. Compliance ist nicht verhandelbar!