Mit Wirkung ab dem 18. August 2025 erfasst Section 232 der US-Zollgesetze erstmals über 400 zusätzliche Unterpositionen (HTSUS-Codes) für Stahl- und Aluminiumderivate. Die Massnahme trifft importierende Unternehmen überraschend hart: Nicht nur steigen die Zollsätze auf 50 %, erstmals werden auch Waren erfasst, die bereits in Transit sind. Dieser Bericht beleuchtet Hintergründe, betroffene Warengruppen, Compliance-Pflichten, Unternehmensfolgen und notwendige Handlungen.
Die Brisanz der Federal Register Notice: Massive Ausweitung der US-Schutzzölle auf Stahl- und Aluminiumprodukte betrifft globale Lieferketten und zwingt Unternehmen zu rascher Compliance-Anpassung.
Section 232: US erweitert Zollregime – ü 400 neue HTSUS-Codes für Stahl- und Aluminiumderivate ab 18. August 2025
Section 232 Zölle auf Stahl- und Aluminiumderivate: Update August 2025
Hintergrund und Zielsetzung der Section 232 Zölle
Section 232 des Trade Expansion Act von 1962 ist ein Instrument der US-Regierung zum Schutz der heimischen Metallindustrie vor importbedingten Gefährdungen der nationalen Sicherheit. Seit 2018 wurden unter diesem Regime bereits umfassende Zölle auf verschiedene Stahl- und Aluminiumprodukte erhoben. Ziel der neuen Massnahme ist es, weitere Stahl- und Aluminiumderivate dem hohen gesonderten Zollsatz zu unterwerfen.
Einordnung
Die Expansion umfasst jetzt auch bislang nicht regulierte Halbzeuge, Komponenten und Fertigteile grösseren Ausmasses. Die Massnahme wird im Rahmen der Federal Register Notice vom 15. August 2025 offiziell umgesetzt und bleibt zunächst befristet.Erweiterter Anwendungsbereich: Neue HTSUS-Unterpositionen und technische Klarstellungen
Durch die Aufnahme von über 400 zusätzlichen HTSUS-Unterpositionen weitet sich das Anwendungsspektrum entscheidend aus.Technische Klarstellungen und Empfehlungen
Die neuen Codes betreffen Produkte in bislang 17 Kapiteln des Zolltarifs, nicht mal die Lebensmittelindustrie wird ausgelassen, genauso wie zahlreiche essenzielle Komponenten für den Maschinen-, Fahrzeug-, Anlagen-, Bau- und Verpackungssektor. Neben Produktausweitungen erfolgen technische Korrekturen an bestehenden Codes. Unternehmen sollten alle Annex-I-Codes sorgfältig gegen ihre Warennummern abgleichen.Juristische und operative Neuerungen – Transitware und Rückwirkung
HinweisErstmals gibt es keine Ausnahmeregel für Waren auf dem Transportweg: Alle Sendungen, die ab 18. August 2025, 0:01 Uhr ET zur Einfuhr angemeldet werden, unterliegen unmittelbar dem neuen Zollsatz.
Operative Risiken
Kurzfristige Bestandsprüfungen, Anpassungen der Lieferabrufe und rasche Neuplanung sind unumgänglich, um unbeabsichtigte Zollnachzahlungen zu vermeiden. Die Haftung bei falscher Deklaration liegt vollumfänglich beim Anmelder.Detaillierte Analyse der betroffenen Warengruppen und Produktbeispiele
Kritische Warengruppen:- Stahl-Derivate: Kapitel 4, 21, 27–39, 72, 73, 76, 82–87, 94
- Aluminium-Derivate: Kapitel 4, 21, 27–38, 73, 76, 83–87, 94
Produktbeispiele & Neue HTSUS-Positionen
Die Auswirkungen sind fatal: Es fallen nun auf den Stahl- bzw. Aluminiumanteilen 50% Zusaztzoll an. Das ist weitaus mehr als der Gegenseitigskeitszoll in Höhe von 39%! Unternehmen wird dringendst geraden, die Anteile genau auszuweisen, weil ansonsten greift der Ansatz auf dem Gesamtwert des Produkts und dies zum Worstcase-Satz (kann gar 200% sein bei fehlenden Angaben)!
Umfang und Kategorisierung der betroffenen Produkte
Die Analyse der über 400 neuen HTSUS-Codes offenbart die aussergewöhnliche Breite der Maßnahme, die sich über 24 verschiedene HS-Kapitel erstreckt. Diese Diversität unterstreicht die zunehmende Komplexität moderner Industrieprodukte, in denen Stahl und Aluminium als Komponenten in einer Vielzahl von Anwendungen verwendet werden.
Verteilung der neuen HTSUS-Codes nach HS-Kapiteln
Die Dominanz von Kapitel 84 (Maschinen und mechanische Geräte) mit 154 Codes (36,1% aller neuen Codes) ist besonders bemerkenswert. Es sind aber auch Kapitel des Lebensmittelbereiches aufgeführt, die Liste ist enorm breit aufgestellt.
Produkttyp-Klassifizierung und Zollimplikationen
Die Klassifizierung der neuen Codes nach Produkttypen zeigt eine überraschende Verteilung, die die Komplexität moderner Fertigungsprozesse widerspiegelt:
Produkttyp | Anzahl Codes | Anteil (%) | Anwendbarer Chapter-99-Code im Idealfall | Zollsatz (Minimum) |
Gemischte Derivate | 419 | 98,1% | Je nach Metallanteil | 50% auf jeweiligen Metallanteil |
Stahl-Derivate | 4 | 0,9% | 9903.81.90 (außer UK) / 9903.81.97 (UK) | 50% auf Stahlanteil |
Aluminium-Derivate | 4 | 0,9% | 9903.85.07 (außer UK) / 9903.85.14 (UK) | 50% auf Aluminiumanteil |
Die überwältigende Mehrheit der neuen Codes (98,1%) fällt in die Kategorie "Gemischte Derivate", was bedeutet, dass diese Produkte sowohl Stahl- als auch Aluminiumkomponenten enthalten können oder in Kategorien fallen, die traditionell nicht primär mit Metallverarbeitung assoziiert werden. Diese Klassifizierung stellt Unternehmen vor erhebliche Herausforderungen bei der Bestimmung des genauen Metallanteils und der entsprechenden Zollberechnung.
Branchenspezifische Auswirkungen
Beispiel Maschinenbau und Industrieausrüstung
Mit 154 betroffenen HTSUS-Codes ist der Maschinenbau die am stärksten betroffene Branche. Die neuen Maßnahmen erfassen eine breite Palette von Produkten, darunter:
- Pumpen und Kompressoren (HTSUS 8413.xx.xxxx, 8414.xx.xxxx): Diese Produkte sind essentiell für zahlreiche Industrieprozesse und enthalten erhebliche Mengen an Stahl- und Aluminiumkomponenten.
- Heizungs- und Klimaanlagen (HTSUS 8415.xx.xxxx): Die Aufnahme dieser Codes reflektiert die zunehmende Verwendung von Aluminium in energieeffizienten HVAC-Systemen.
- Förderanlagen und Materialhandhabung (HTSUS 8428.xx.xxxx, 8429.xx.xxxx): Diese Kategorie umfasst Baumaschinen und Industrieförderanlagen, die traditionell hohe Stahlanteile aufweisen.
Die Auswirkungen auf diese Branche sind besonders gravierend, da viele Unternehmen komplexe globale Lieferketten unterhalten und nun den Metallanteil in jedem importierten Bauteil dokumentieren müssen.
Automobilindustrie
Die Automobilindustrie ist mit 50 neuen HTSUS-Codes in Kapitel 87 erheblich betroffen. Die Maßnahmen erfassen sowohl Fahrzeuge als auch eine Vielzahl von Komponenten:
- Nutzfahrzeuge (HTSUS 8701.xx.xxxx, 8702.xx.xxxx): Verschiedene Kategorien von Lastkraftwagen und Bussen sind nun den erweiterten Zöllen unterworfen.
- Fahrzeugteile (HTSUS 8708.xx.xxxx): Spezifische Komponenten wie Bremssysteme, Aufhängungsteile und Karosserieteile sind betroffen.
- Anhänger und Auflieger (HTSUS 8716.xx.xxxx): Diese Kategorie ist besonders relevant für die Logistikbranche.
Die Automobilindustrie steht vor der besonderen Herausforderung, dass moderne Fahrzeuge sowohl Stahl- als auch Aluminiumkomponenten in unterschiedlichen Anteilen verwenden, was eine präzise Dokumentation und Bewertung erfordert.
Chemische Industrie und Konsumgüter
Überraschend ist die Aufnahme von 28 Codes aus der chemischen Industrie (Kapitel 38) sowie 19 Codes aus dem Kosmetikbereich (Kapitel 33). Diese Einbeziehung reflektiert die moderne Realität, dass auch scheinbar metallfreie Produkte Stahl- oder Aluminiumkomponenten in ihrer Verpackung oder Herstellung verwenden können.
Beispiele umfassen:
- Industriechemikalien (HTSUS 3808.xx.xxxx): Pestizide und andere chemische Produkte, die in metallischen Behältern geliefert werden.
- Kosmetika und Körperpflegeprodukte (HTSUS 3303.xx.xxxx, 3304.xx.xxxx): Produkte, die Aluminiumkomponenten in Verpackungen oder als Wirkstoffe enthalten.
Spezielle Chapter-99-Codes: Deklarationspflichten und Auswirkungen
Pflichten bei der Einfuhr
Für alle betroffenen Produkte sind neben der herkömmlichen Tarifnummer auch spezielle Chapter-99-HTSUS-Codes anzugeben:- Für Stahl: 9903.81.90, 9903.81.91 (50 %); 9903.81.97, 9903.81.98 für UK (25 %); 9903.81.92 (US-Produktion, 0 %), weitere Codes mit Höchstsätzen bei fehlenden Angaben.
- Für Aluminium: 9903.85.07, 9903.85.08 (50 %); 9903.85.14, 9903.85.15 für UK (25 %); 9903.85.09 (US-Produktion, 0 %), weitere Codes mit Höchstsätzen bei fehlenden Angaben.
Fehlerhafte oder fehlende Angaben führen zu Nachzahlungen, Bussgeldern oder Rückabwicklung der Einfuhr.
Compliance-Anforderungen: Bewertung des Metallanteils und Dokumentation
Importierende müssen für jedes Produkt den exakten Stahl-/Aluminiumanteil dokumentieren – dann wird nur dieser Anteil zollpflichtig. Zusätzlich sind die Ländercodes korrekt anzugeben.Lieferantenpflichten & Nachweise
Für Befreiungen (z. B. US-Schmelze/Guss) sind detaillierte Nachweise der Lieferkette nötig. Transparente Material- und Produktionsnachweise sind vertraglich einzufordern – fehlende oder falsche Nachweise führen zur Anwendung der Höchstsätze.Reale Auswirkungen auf Einkauf, Kostenstruktur, Lieferketten
Kosten und Risiken
Die 50 %-Zölle erhöhen die Beschaffungskosten vieler Industrieprodukte. Unternehmen mit internationalen Liefernetzwerken und hoher Wertschöpfung sind besonders betroffen. Massnahmen: ERP-/Zolldatenbanken anpassen, interne Kontrollen und Prozesse zur Preisfindung & Kalkulation aktualisieren, die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber US-Gütern nimmt weiter ab.Handlungsempfehlungen für betroffene Unternehmen
Priorisierte Massnahmen
- Abgleich aller Handelswaren mit den neuen 407 HTSUS-Codes
- Ermittlung und Dokumentation des genauen Metallanteils
- Vertragsverpflichtung der Lieferanten bezüglich Material- und Produktionsnachweisen
- Neukalkulation der Importkosten (inkl. Zölle), Prüfung der Preisdurchsetzbarkeit
- Anpassung von IT- und Zolldatenbanken für Chapter-99-Codes
- Schnelles Monitoring der nächsten Inclusion Rounds (ab 1.9.2025, 1.1.2026)
Nur rasches und konsequentes Handeln minimiert existenzielle Geschäftsrisiken.
Statistik und Visualisierung
Fazit: Nie dagewesener Handlungsbedarf für Importeure
Mit der Erweiterung der Section-232-Zölle auf weitere über 400 Tarifnummern erreicht der US-Zollschutz neue Dimensionen. Unternehmen müssen ihre Warenanalysen, Lieferkettendokumentation und IT-Systeme binnen kürzester Zeit anpassen, um gravierende Compliance-Lücken, finanzielle Schäden und Haftungsrisiken zu vermeiden. Nur durch vorausschauende Analyse und enge Zusammenarbeit mit Lieferanten kann die Einhaltung der neuen Bestimmungen gewährleistet werden.