Gemäss der  Pressekonferenz des Bundes (10.12.2025) reduzieren die USA den reziproken Zollansatz gegenüber der Schweiz von 39% auf 15%rückwirkend per 14.11.2025. Wie Sie Zollabgaben rückwirkend erstattet erhalten, erklären wir in unserem separaten Bericht. Nachfolgend alles weitere zum Handelsdeal.
Wie die Reduktion der US-Strafzölle die Schweizer Wirtschaft und Exporte neu gestaltet
Neuer Schweizer Zollansatz: 15% statt 39% – Das Ende des Zollhammers

Historischer Rückblick auf den Zollkonflikt

Strafzoll von 39% auf Schweizer Exportgüter wurde im Sommer 2025 unter Präsident Trump verhängt. Hauptbetroffene Branchen: Hochtechnologie, Uhren, Maschinenbau. Die Ausfuhren sanken binnen Wochen um über 14%, begleitet von Arbeitsplatzängsten & Wohlstandsverlust. Diese Belastung wirkte sich auf viele Wirtschaftszweige aus und verstärkte Rezessionsgefahr.
Die Fakten zur Exportentwicklung im Sommer 2025 belegen die gravierenden Auswirkungen der damaligen 39%-Zölle auf Schweizer Unternehmen.

Die Verhandlungsstrategie und der diplomatische Durchbruch

Monatelange intensive Verhandlungsrunden: Treffen Schweizer Wirtschaftsführer mit Präsident Trump, Reisen nach Washington (u.a. Seco-Direktorin Helene Budliger Artieda). Bundesrat Guy Parmelin reiste in den entscheidenden Tagen selbst, was zur Einigung führte in Form einer unverbindliche Absichtserklärung. Trump wies seinen Handelsbeauftragten an, den Deal zu finalisieren. Der neue Zollansatz steht nun, teilte die Pressekonferenz des Bundesrates am 10.12.25 mit. Der Gesamtdeal muss noch abgeschlossen werden, siehe unsere nachstehenden Ausführungen. Auf CH- als auch auf US-Seite sind noch Schritte notwendig: siehe unsere Ausführungen unter Punkt 4. Dieser Artikel wird fortlaufend ergänzt.
Die Schweizer Seite zeigte hohe diplomatische Expertise und setzte auf konstruktiven Dialog als Schlüssel zum Erfolg.

Handelsbeziehungen Schweiz-USA: Detailanalyse der neuen Zollvereinbarung

Ein neuer Rahmen für den transatlantischen Handel: Am 14. November 2025 gab der Bundesrat eine grundlegende Einigung mit den USA bekannt, die die seit April 2025 geltenden erhöhten „reziproken Zölle“ neu regelt. Diese Detailanalyse fasst die Kernpunkte der Pressekonferenz zusammen, beleuchtet die komplexen Regelungen und zeigt die verbleibenden Unsicherheiten auf.

🎯 Executive Summary: Die wichtigsten Ergebnisse auf einen Blick

Die Schweizer Verhandlungsdelegation hat eine signifikante Verbesserung der Handelsbedingungen mit den USA erreicht. Anstelle der bisherigen 39% betragenden Zusatzzölle, tritt ein allgemeiner Zollplafond von 15%. Damit wird die Schweizer Exportwirtschaft mit der Konkurrenz aus der Europäischen Union mindestens gleichgestellt. Im Gegenzug hat sich die Schweizer Privatwirtschaft zu Investitionen in Höhe von 200 Milliarden US-Dollar in den USA bis 2028 verpflichtet. Wichtige Sektoren wie Pharma und Chemie bleiben weiterhin zollbefreit, vorbehältlich untenstehenden Anmerkungen. Die Souveränität der Schweiz in Bereichen wie Sanktionen oder Investitionskontrollen bleibt unangetastet.
"Damit wird unsere Wirtschaft gleichgestellt gegenüber der Konkurrenz aus der Europäischen Union, welche Zusatzzölle von 15 Prozent hat."
— Bundesrat Guy Parmelin
Kernergebnis Detail Status
Zollplafond Reduktion von bis zu 39% auf maximal 15% Vereinbart
EU-Gleichstellung Gleiche Bedingungen wie für die EU Erreicht
Investitionen 200 Mrd. USD durch Privatsektor bis 2028 Zugesagt
Souveränität Keine Konzessionen bei Sanktionen/Investitionskontrollen Gewahrt
Rechtsstatus Nicht bindende Absichtserklärung (Joint Statement) Provisorisch - neuer Zollansatz jedoch abgesichert per 14.11.25 rückwirkend

1. Die neue Zollstruktur: Ein komplexes System aus vier Kategorien

Die zentrale Errungenschaft ist die Einführung eines allgemeinen Zollplafonds von 15%. Die Regelung ist jedoch komplex und muss in vier Hauptkategorien unterteilt werden, um die genauen Auswirkungen auf verschiedene Produkte zu verstehen. Jede dieser Kategorien unterliegt eigenen Bedingungen und birgt spezifische Unsicherheiten.

Kategorie 1: Standard-Regelung (15% Plafond)

Produkte, die auf keiner Sonderliste der USA stehen, profitieren vom neuen Zollplafond. Ihr Zollsatz sinkt von 39% auf 15%. Dies betrifft einen Grossteil von Waren.

Kategorie 2: Bestehende Ausnahmen (Annex II)

Hierbei handelt es sich um eine Liste von Produkten, die bereits seit April 2025 von den Zusatzzöllen ausgenommen waren (zum Beispiel Pharma, bestimmte Chemikalien, Gold) und es voraussichtlich auch bleiben (0%): Obwohl diese Liste bisher stabil war, kann sie von den USA jederzeit angepasst werden. Wichtig ist jedoch: Der Erlass erweitert die bestehenden Ausnahmen von reziproken Zöllen, es wurden neu auch bestimmte landwirtschaftliche Erzeugnisse aufgenommen.

Kategorie 3: Neue Ausnahmen durch den Deal (Annex III / PTAAP)

Durch die Verhandlungen erhielt die Schweiz Zugang zur sogenannten "Potential Tariff Adjustments for Aligned Partners" (PTAAP) Liste. Produkte auf diesem Annex III (einzelne Section 232 bzw andere Sections betreffende Zusatzprodukte betreffend - z.B. Flugzeuge, Generika, bestimmte Luftfahrtprodukte) fallen auf den "Meistbegünstigten"-Zollsatz zurück, was 0% Zusatzzoll bedeutet. Dies ist ein grosser Erfolg, doch auch diese Liste ist dynamisch und kann von den USA geändert werden: The White Houe schreibt: …to apply only the U.S. MFN tariff rate on certain products listed in the “Potential Tariff Adjustments for Aligned Partners” Annex to Executive Order 14346 (Modifying the Scope of Reciprocal Tariffs and Establishing Procedures for Implementing Trade and Security Agreements". Diese zusätzlichen Entlastungen sind zB für Flugzeuge, Gummiprodukte, Kosmetika und Generika vorgesehen. 

Kategorie 4: Sonderfälle (Ursprünglicher Zollsatz)

Für einige Produkte, deren regulärer US-Zollsatz bereits vor der Krise über 15% lag, ändert sich nichts. Sie fallen auf ihren ursprünglichen, höheren Satz zurück. Ein Beispiel ist der Sbrinz-Käse, der von 39% wieder auf seine ursprünglichen 19% fällt, nicht auf 15%. The White House schreibt: „The United States intends to apply the higher of either the U.S. most-favored-nation (MFN) tariff rate or a tariff rate of 15 percent, comprised of the MFN tariff and a reciprocal tariff…"

Kategorie 5: Section 232

Für Section 232 Massnahmen im Bereich Stahl, Aluminium, Autos und Kupfer bleibt hingegen der Sondersatz von 50% bestehen. Diese Liste wird leider laufend erweitert und belastet insbesondere die MEM-Branche weiterhin stark. Hingegen sollen allfällige neue sektorale Zölle Schweizer Herkunftsgüter (z.B Pharma, Halbleiter) auf 15% begrenzt werden"

⚠️ Vorbehalte und Unsicherheiten: Was nicht in Stein gemeisselt ist

Trotz des grossen Erfolgs betonte der Bundesrat, dass die Einigung noch keine endgültige Stabilität garantiert. Folgende Punkte sind entscheidend:
  • Dynamische Annex-Listen: Die USA können die Produktlisten in Annex II und Annex III jederzeit einseitig anpassen (Produkte hinzufügen oder entfernen). Die aktuelle Zollfreiheit ist also keine Garantie für die Ewigkeit.
  • Laufende Section 232-Verfahren: Die USA führen nebst u.a. bestehenden Section 232-Zöllen weiterhin Untersuchungen zur nationalen Sicherheit (Section 232) für Sektoren wie Pharma, Halbleiter und Automobile. Der Deal garantiert zwar einen Plafond von 15% in Teilbereichen, schliesst aber die Einführung sektorspezifischer Zusatzzölle nicht grundsätzlich aus, insbesondere nicht die Stahl-, Alu- und Kupferspezfischen Massnahmen
  • Kein bindendes Abkommen: Das Joint Statement ist eine politische Absichtserklärung. Es muss erst noch in ein rechtsverbindliches Abkommen überführt und von den Parlamenten beider Länder ratifiziert werden. Dazu nachfolgend mehr.
  • Politische Stabilität: Wie Bundesrat Parmelin andeutete, können sich politische Rahmenbedingungen schnell ändern, was die Langlebigkeit solcher Vereinbarungen beeinflusst.

2. Produktspezifische Regelungen und offene Punkte

Während für viele Sektoren eine Lösung gefunden wurde, bleiben für andere wichtige Branchen die Verhandlungen offen. Insbesondere die Maschinen-, Elektro- und Metall-Industrie (MEM) sowie die Uhren- und Lebensmittelbranche sind nur teilweise von den Erleichterungen erfasst.

Sektor Regelung Beispiel / Anmerkung
Maschinenindustrie Fällt unter den 15%-Plafond (vorher 39%) - sofern nicht unter Alu/Kupfer/Stahlzölle gem. Section 232 fallend. Dazu lohnt sich auch das Lesen folgendes Artikels: CBP verschärft Wertbestimmung für Section 232-Derivate Verhandlungen zur weiteren Reduktion nötig
Uhrenindustrie Fällt unter den 15%-Plafond (vorher 39%) Verhandlungen zur weiteren Reduktion nötig
Käse Komplexe Regelung je nach Sorte Gruyère: von 39% auf 15% (vorher 10%) Sbrinz: von 39% auf 19% (wie vor April 2025)
Stahl & Aluminium Nur ein Teil von Section 232 fällt ggf. unter den 15%-Plafond, vgl. Pubikation White House: The United States intends to promptly ensure that the MFN tariff and the tariff imposed pursuant to Section 232 of the Trade Expansion Act of 1962 (Section 232) do not exceed 15 percent for originating pharmaceutical goods and semiconductors of Switzerland and Liechtenstein subject to Section 232 tariffs. The United States intends to positively consider the effect of the Agreement on national security, including when taking action under Section 232 Verhandlungen zur weiteren Reduktion nötig - insbesondere Section 232 Bezug - keine Reduktion auf Stahl-, Alu- und Kupferzöllen
"Dans ce monde, d'une manière générale, il y a une chose qui est sûre, c'est qu'il n'y a plus de stabilité. [...] Il peut y avoir un accord, d'autres pays ont eu des accords, et puis ces accords sont dénoncés..."
— Bundesrat Guy Parmelin zur politischen Unsicherheit

3. Schweizer Konzessionen und Agrarprodukte

Die Schweiz hat ihrerseits ebenfalls Zugeständnisse gemacht, die sich primär auf den Agrarsektor konzentrieren, jedoch laut Bundesrat keine Gefahr für die heimische Landwirtschaft darstellen.

  • Industriegüter: Die Schweiz erhebt weiterhin keine Zölle auf US-Industriegüter.
  • Zollabbau: Zölle auf Fisch, Meeresfrüchte und bestimmte nicht-sensible Agrarprodukte (z.B. Zitrusfrüchte, Nüsse) werden aufgehoben.
  • Zollfreie Kontingente: Für Rindfleisch (500 Tonnen), Bisonfleisch (1'000 Tonnen) und Geflügel (1'500 Tonnen) werden kleine, zollfreie Importkontingente geschaffen. Die Frage, ob dies auch sogenanntes "Chlorhühnchen" umfassen könnte, wurde als Gegenstand zukünftiger Diskussionen bezeichnet.

4. Rechtlicher Rahmen und nächste Schritte

Die erzielte Einigung ist rechtlich nie endgültig in Stein gemeisselt. Zu unsicher die Rechtslage in den USA.

📋 Der Prozess im Detail, soll möglichst rasch umgesetzt werden:

  1. Umsetzung der Zollsätze: Die vereinbarten Zollsätze werden durch eine Verordnung des Bundesrates und eine entsprechende Anweisung der US-Administration schnellstmöglich umgesetzt. Die technische Implementierung bei den Zollbehörden wird einige Zeit in Anspruch nehmen.
  2. Verhandlungsmandat: Der Bundesrat wird umgehend ein Mandat für die Aushandlung eines rechtsverbindlichen Abkommens erarbeiten.
  3. Konsultation: Dieses Mandat wird mit den aussenpolitischen Kommissionen des Parlaments und den Kantonen konsultiert.
  4. Verhandlungen: Anschliessend beginnen die formellen Verhandlungen mit den USA.
  5. Parlamentarische Genehmigung: Das finale Abkommen unterliegt der Genehmigung durch das Parlament.
  6. Referendum: Wie bei Freihandelsabkommen üblich, untersteht auch dieses Abkommen theoretisch dem fakultativen Referendum.
  7. Auch auf US-Seite sind noch Schritte notwendig: Die US-Behörden haben eine Bekanntmachung im Bundesregister eingereicht, Veröffentlichung am den 18. Dezember 2025, geplant. Fehlt eine endgültige Vereinbarung bis zum 31. März 2026, werden die Vereinigten Staaten die Zollanpassungen überprüfen (Überprüfungsklausel).

💡 Fazit und Ausblick

Die Einigung stellt einen wichtigen Schritt zur Stabilisierung der Handelsbeziehungen mit dem zweitwichtigsten Handelspartner der Schweiz dar. Sie beseitigt die grösste Unsicherheit für viele Exportunternehmen und stellt eine Gleichbehandlung mit der EU her. Gleichzeitig bleiben komplexe und politisch anspruchsvolle Herausforderungen bestehen. Die Stabilität der Vereinbarung hängt zudem von den politischen Entwicklungen in den USA und der dynamischen Handhabung der Annex-Listen und Section 232-Verfahren ab.

Perspektiven für den Werkplatz Schweiz

Der Zolldeal ist ein wichtiger Fortschritt, aber noch keine vollständige Lösung. Förderung von Innovation und Abschluss moderner Freihandelsabkommen bleiben wichtige Themen. Langfristige Stabilisierung & internationale Wettbewerbsfähigkeit erfordern weitere Reformen.
„Nur mit zusätzlicher Innovationsförderung & Marktdiversifikation bleibt der Schweizer Werkplatz wettbewerbsfähig. Claudia Feusi, Geschäftsführerin Douana“
Ausblick und Bedeutung der Zollreduktion
Die Senkung des US-Zolls auf Schweizer Produkte garantiert kurzfristig Stabilität und Wettbewerbsgleichheit, birgt jedoch weiterhin Unsicherheiten. Es liegt an der Politik und Wirtschaft, den Deal nun schnell auszuarbeiten sowie nachhaltige Lösungen für den Werkplatz Schweiz zu entwickeln und international flexibel zu agieren.

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