Viele Schweizer Exporteure nutzen die Vorteile von Freihandelsabkommen (FHA), um Zölle zu sparen und ihre Produkte auf ausländischen Märkten noch attraktiver anzubieten. Doch wer sich intensiv mit den Ursprungsregeln auseinandersetzt, stösst früher oder später auf den Begriff der „einfachen Montage“ (engl. „simple assembly“).
Diese gilt in der Regel als unzureichende Be- oder Verarbeitung und führt allein betrachtet nicht zum präferenziellen Ursprung. Allerdings gibt es wichtige Ausnahmen, insbesondere dann, wenn neben der Montage noch weitere (wenngleich teilweise kleine) Verarbeitungsschritte in der Schweiz erfolgen oder Vormaterialien mit Schweizer Ursprung eingesetzt werden.
Nehmen wir als Beispiel wieder eine Espressomaschine – diesmal aus Schweizer Produktion – und blicken auf die Besonderheiten unter Schweizer Freihandelsabkommen, etwa dem Freihandelsabkommen zwischen der Schweiz und Südkorea.
1. Was bedeutet „unzureichende Be- oder Verarbeitung“ bei der Espressomaschine?
Die meisten Freihandelsabkommen, welche die Schweiz mit Handelspartnern abgeschlossen hat, beinhalten eine Liste „unzureichender Be- oder Verarbeitungen“. Dazu zählen beispielsweise:
- Das Zerlegen oder Zusammenfügen von Waren (einfache Montage)
- Das einfache Anbringen von Zeichen, Etiketten oder Verpackungen
- Das Waschen, Reinigen oder Auftragen von Schutzanstrichen
- u.ä.
Grundsätzlich gilt: Wer nur eine solche unzureichende Tätigkeit an einem Produkt ausführt (z.B. das Zusammenbau-Finish von Teilen, die sämtlich aus Drittstaaten stammen), kann nicht den Schweizer Ursprung für seine Exportware in Anspruch nehmen.
2. Die relevante Bestimmung: „Alle Be- und Verarbeitungen werden zusammen betrachtet“
Eine wichtige Klausel vieler Freihandelsabkommen – auch des Abkommens Schweiz–Südkorea – legt jedoch fest:
„Bei der Feststellung, ob eine Be- oder Verarbeitung als unzureichend anzusehen ist, werden alle in der ausführenden Vertragspartei (hier: in der Schweiz) vorgenommenen Be- oder Verarbeitungen zusammen betrachtet.“
Was bedeutet das praktisch?
- Einfache Montage wird zwar als unzureichend eingestuft.
- Aber wenn im Herstellungsprozess auch noch andere Bearbeitungsschritte vorgenommen werden – oder wenn Vormaterialien mit präferenziellem Schweizer Ursprung eingesetzt werden –, dann handelt es sich nicht mehr ausschliesslich um eine einfache Montage.
Beispiel:
- Wenn einzelne Komponenten der Espressomaschine (z.B. das Gehäuse, das Heizsystem oder bestimmte elektrotechnische Bauteile) bereits aus der Schweiz stammen und somit CH-Ursprung haben,
- …und man in der Produktionsstätte neben dem blossen Verschrauben auch noch weitere Bearbeitungsschritte bei einem Drittunternehmen durchführt,
dann kann es sein, dass die Montage nicht als reine „unzureichende“ Tätigkeit gilt.
3. Allein diese Klausel macht noch keinen Ursprung
Wichtig: Nur weil mehr als ein unzureichender Vorgang stattfindet, heisst das nicht automatisch, dass die Espressomaschine sofort Schweizer Ursprung erlangt. Zusätzlich müssen die Listenregeln erfüllt sein. Diese Regeln finden sich in den Anhängen des jeweiligen Freihandelsabkommens und definieren:
- Wertklauseln (z.B. der Wert nichtschweizerischer Vormaterialien darf einen bestimmten Prozentsatz am Ab-Werk-Preis nicht überschreiten),
- Positionswechsel (z.B. Wechsel der Zolltarifnummer auf einer bestimmten Ebene für verwendete Vormaterialien),
- Oder bestimmte spezifische Verarbeitungen, die erfolgen müssen.
Erst wenn die Listenregel erfüllt ist und das Produkt nicht ausschliesslich einer unzureichenden Tätigkeit unterzogen wird, kann die Espressomaschine den präferenziellen Ursprung „Schweiz“ in Anspruch nehmen.
4. Konkretes Beispiel: Espressomaschine für den Export nach Südkorea
Angenommen, ein Schweizer Hersteller baut die Endprodukte in seinem Werk in Graubünden zusammen.
- Viele Bauteile (Gehäuse, Elektronik) stammen aus Drittländern (z.B. China oder Vietnam).
- Einige kritische Komponenten, z.B. der Boiler und bestimmte Präzisionsteile für die Pumpe, werden in der Schweiz hergestellt und haben CH-Ursprung.
- Darüber hinaus führt der Hersteller vor der Montage gewisse Bearbeitungsschritte (Bohren, Fräsen, ggf. Prüfungen/Tests) aus, die über ein reines Zusammenstecken hinausgehen.
Anhand der Ursprungslistenregel für die entsprechende Zolltarifnummer (z.B. KN-Position 8516 oder 8419 je nach genauer Bauart) stellt sich dann heraus:
- Die Wertschwelle für nicht-schweizerische Materialien wird eingehalten.
- Das Vorhandensein von CH-Ursprungsvormaterialien (z.B. bei den Boilern) wird positiv angerechnet.
- Die Montage ist nicht als alleinige unzureichende Be- oder Verarbeitung zu sehen, weil das Schweizer Vormaterial + weitere Bearbeitung zusammenkommen.
Ergebnis: Die Espressomaschine kann für den Export nach Südkorea präferenziellen Schweizer Ursprung geniessen. Das bedeutet, der Empfänger in Südkorea kann dank Schweizer Nachweis (z.B. Ursprungserklärung auf der Rechnung) von einem Zollvorteil profitieren.

5. Fazit: Schweizer Exporteure sollten genau hinschauen
Gerade im Bereich Maschinenbau oder bei Elektrogeräten stellen sich häufig Fragen zum Ursprung. Oft wird vorschnell angenommen, dass blosses Verschrauben von Komponenten aus Drittstaaten immer unzureichend ist. Dabei lohnt es sich, folgende Punkte zu prüfen:
- Welche Vormaterialien kommen tatsächlich aus der Schweiz und tragen somit CH-Ursprung?
- Welche zusätzlichen Bearbeitungsschritte (über das reine Zusammenschrauben hinaus) erfolgen im schweizerischen Betrieb?
- Erfüllt man die Listenregel für das betreffende Produkt im jeweiligen Freihandelsabkommen?
Erst nach gründlicher Prüfung zeigt sich, ob Ihr Produkt – selbst bei scheinbar „einfacher Montage“ – doch den präferenziellen Schweizer Ursprung erlangen kann. Wie im Beispiel einer Espressomaschine kann die Mischung aus CH-Ursprungsmaterialien und weitergehenden Bearbeitungen ausschlaggebend sein, um die Kriterien zu erfüllen.
Hinweis: Prüfen Sie stets die Ursprungsliste und kalkulieren Sie den Wertanteil der eingekauften Nichtpräferenzmaterialien. Dabei können Sie sich an die Informationen des Bundesamts für Zoll und Grenzsicherheit (BAZG) wenden oder an spezialisierte Berater.
So erschliessen Sie Ihren Kunden in den Freihandelspartnerländern – wie etwa Südkorea – die attraktiven Zollvorteile und stärken Ihre Wettbewerbsposition im internationalen Geschäft.
Weiterführende Informationen: Freihandelsabkommen Schweiz–Südkorea (SECO)