Medizinprodukte sind essentielle Bausteine der modernen Gesundheitsversorgung. Von Implantaten über moderne Diagnosegeräte bis zu In-vitro-Diagnostika gewährleisten sie Diagnostik, Therapie und Lebensqualität in der Schweiz. Angesichts komplexer globaler Lieferketten und regulatorischer Unterschiede verfolgt der Bundesrat nun einen neuen Weg: Medizinprodukte, die auf dem US-Markt verfügbar sind, sollen unter klaren Sicherheitsvorgaben auch für die Schweizer Bevölkerung zugänglich werden.
Wie die Schweiz den Zugang zu US-Medizinprodukten regelt, Patientensicherheit garantiert und auf internationale Herausforderungen reagiert
Medizinprodukte zwischen Sicherheit und Versorgung: Neue Wege für den Schweizer Markt
 

Bedeutung von Medizinprodukten für die Schweizer Gesellschaft

Medizinprodukte umfassen ein breites Spektrum: Implantate wie Herzschrittmacher, künstliche Hüftgelenke, dentaltechnische Lösungen, bildgebende Systeme wie Röntgengeräte und In-vitro-Diagnostika. Sie sind unverzichtbar für Diagnose, Behandlung und Prävention und sichern die hohe Qualität des Schweizer Gesundheitswesens. Angesichts einer alternden Gesellschaft und steigender Erwartungen an medizinische Versorgung kommt der Verfügbarkeit und Innovationsfähigkeit solcher Produkte zentrale Bedeutung zu. Die hohe Nachfrage verlangt eine stabile und flexible Versorgungskette, die auch internationale Quellen einbezieht.
Medizinprodukte im Überblick
Verteilung der Medizinprodukte nach Kategorien in der Schweiz

Der Weg der Schweiz zur internationalen Harmonisierung

Traditionell orientierte sich die Schweiz bei der Zulassung von Medizinprodukten eng an der Europäischen Union. Die Übernahme der EU-Medizinprodukteverordnung (MDR, IVDR) hatte das Ziel, höchste Sicherheitsstandards zu garantieren und einen reibungslosen Marktzugang zu ermöglichen. Das bisherige Abkommen zur gegenseitigen Anerkennung von Konformitätsbewertungen (MRA) sicherte die Gleichbehandlung mit Europa. Seit 2021 wird die Schweiz jedoch von der EU als Drittstaat behandelt. Die Anerkennung ausländischer Zertifikate erfolgt nun einseitig durch die Schweiz, was neue Herausforderungen und Risiken, aber auch Chancen für eine globale Öffnung mit sich bringt.
Die Schweiz steht vor der Herausforderung, ihre Regulierungen im Bereich der Medizinprodukte neu zu gestalten, um sowohl die Patientensicherheit zu gewährleisten als auch den Zugang zu innovativen Produkten sicherzustellen.
Zeitliche Entwicklung der Regulierungen für Medizinprodukte in der Schweiz

Gesetzliche Grundlagen und neue regulatorische Wege

Das Parlament hat den Bundesrat beauftragt, die gesetzlichen Regelungen so anzupassen, dass auch Medizinprodukte aus aussereuropäischen Staaten zugelassen werden dürfen. Zunächst liegt der Fokus auf den USA und Medizinprodukten, die von der FDA (Food and Drug Administration) zertifiziert sind. Die Grundidee: US-Produkte, die vergleichbare Sicherheitsanforderungen erfüllen, sollen unter bestimmten Voraussetzungen in der Schweiz vertrieben werden dürfen.Eine interdisziplinäre Arbeitsgruppe unter Federführung des BAG, mit Beteiligung von Swissmedic, SECO und EDA, prüft derzeit die Details für die Umsetzung in der Praxis. Private Prüfstellen sollen die Einhaltung der Rahmenbedingungen kontrollieren und eine neutrale Bewertung gewährleisten.
Beteiligte Behörden und ihre Rollen

Sicherstellung der Patientensicherheit

Oberstes Ziel bleibt der Schutz der Patientinnen und Patienten. Im Unterschied zu klassischen Arzneimitteln, die eine behördliche Zulassung benötigen, werden Medizinprodukte in Europa und der Schweiz primär über Konformitätsbewertungen zertifiziert. Die Schweiz übernimmt dabei zentrale Prüfprozesse europäischer und amerikanischer Behörden, setzt aber zusätzlich auf unabhängige private Stellen, die für Transparenz und Objektivität sorgen.Jegliche Zulassung neuer Produkte wird daran gemessen, ob sie mindestens den anerkannten europäischen oder schweizerischen Sicherheitsstandards entspricht. Risiken werden durch laufende Marktüberwachung und Kontrollmechanismen minimiert.
Zulassungsprozess für Medizinprodukte in der Schweiz

Versorgungssicherheit in Zeiten globaler Engpässe

Immer häufiger kommt es zu Versorgungsengpässen bei medizinischen Produkten und Arzneimitteln – eine Entwicklung, die nicht nur die Schweiz, sondern auch andere Industriestaaten betrifft. Ursachen reichen von globalen Lieferkettenstörungen über Produktionsausfälle bis hin zu geopolitischen Konflikten.
Die Schweiz begegnet diesen Engpässen durch vorausschauende Lagerhaltung, rechtzeitige Importe und jetzt auch durch die Öffnung gegenüber US-zertifizierten Produkten.
Dadurch werden Abhängigkeiten reduziert und die Versorgungssicherheit für kritische Patientengruppen gestärkt.
Ursachen für Versorgungsengpässe

Vergleich der Regulierungssysteme: Schweiz, EU und USA

Schweizer und europäische Zulassungssysteme basieren auf Konformitätsbewertungen, die in der Fachwelt durch das CE-Zeichen sichtbar gemacht werden. Die FDA in den USA verfügt über ein eigenes, auf Risiko und Evidenz basiertes System.Während gewisse Produkte beider Regionen vergleichbar geprüft werden, gibt es Unterschiede bei Anforderungen an Dokumentation, klinische Studien und Marktüberwachung. Die Schweiz strebt mit der Ausweitung auf FDA-zertifizierte Produkte an, diese Unterschiede präzise abzubilden und Sicherheitslücken zu verhindern. Der Erfolg hängt vom engen Dialog der Behörden und der transparenten Kommunikation ab.
Vergleich der Zulassungssysteme für Medizinprodukte

Die Rolle unabhängiger Prüfstellen und der laufenden Kontrolle

Das neue System setzt auf unabhängige, private Stellen, die die Einhaltung der Anforderungen prüfen und bestätigen. Der Vorteil liegt in der Neutralität und in der Entlastung staatlicher Fachstellen. Die Kontrolle erfolgt durch Audits, Dokumentationsprüfungen und stichprobenartige Produkttests.So bleibt die Verantwortung für die Sicherheit geteilt, aber klar geregelt. Jede Zulassung wird von einer kontinuierlichen Marktüberwachung begleitet, um frühzeitig Fehler, Risiken oder Missbräuche erkennen und darauf reagieren zu können.
Kontrollprozess für Medizinprodukte

Zukunftsperspektiven: Innovation, Kooperation und Herausforderungen

Die Öffnung des schweizerischen Marktes für ausgewählte US-Medizinprodukte stellt einen Innovationsschub und eine Flexibilisierung der Versorgung dar. Gleichzeitig ist sie mit Herausforderungen verbunden: Der rechtliche Rahmen muss laufend angepasst, die Zusammenarbeit mit internationalen Behörden weiter ausgebaut und das Vertrauen der Öffentlichkeit gestärkt werden.Künftige Entwicklungen – etwa im Bereich der Digitalisierung, Künstlichen Intelligenz und individualisierten Medizin – werden auch die Anforderungen an Kontrolle, Ethik und Regulierung stetig verändern. Die Schweiz kann sich dabei als internationaler Vorreiter etablieren, wenn sie das Gleichgewicht zwischen Sicherheit, Innovation und Versorgung wahrt.
Prognose zur Entwicklung des Medizinproduktemarktes in der Schweiz
 
Fazit und Ausblick
Die Schweiz positioniert sich im internationalen Medizinproduktemarkt als flexibles, aber sicherheitsbewusstes Land. Die Öffnung für FDA-zugelassene Produkte erweitert die staatlichen Spielräume und schützt Patientinnen und Patienten auch bei globalen Engpässen. Eine stetige Anpassung der rechtlichen Rahmenbedingungen und eine unabhängige Kontrolle bleiben entscheidend, um Versorgung und Sicherheit langfristig auszubalancieren.