Die Europäische Union hat ein Factsheet veröffentlicht, das die Zusammenhänge zwischen den Incoterms®-Regeln, speziell „Ex Works“ (EXW), und den aktuellen EU-Sanktionsvorschriften herausstellt. Der Beitrag analysiert die neuen Informationen und zeigt auf, welche Haftungen und Pflichten für Verkäufer und Käufer bei EXW-Lieferungen entstehen – und wie diese durch EU-Sanktionen beeinflusst werden.
Verantwortlichkeiten, Risiken und Compliance-Anforderungen bei EXW-Lieferungen im Lichte aktueller EU-Sanktionen
Incoterms® Ex Works (EXW) und EU-Sanktionen: Neue Klarstellungen der EU
Incoterms® und EXW im internationalen Handel
Grundlagen der Incoterms® und die Bedeutung von EXW
Die Incoterms® sind internationale Standardregeln zur Aufteilung von Pflichten, Kosten und Risiken im grenzüberschreitenden Handel. Die Regel "Ex Works" (EXW) spielt dabei eine Sonderrolle: Der Verkäufer stellt die Ware am eigenen Standort bereit, sämtliche Transportverantwortung und Risiken trägt ab dort der Käufer. Diese scheinbar einfache Regel birgt in der Praxis komplexe steuerliche, zollrechtliche und sanktionsbezogene Implikationen.Die Kernaussagen des EU-Factsheets zu EXW und Sanktionen
Das von der EU veröffentlichte Factsheet klärt, dass bei EXW-Lieferungen unter EU-Sanktionen nicht nur der Käufer, sondern auch der Verkäufer sorgfältige Prüf- und Dokumentationspflichten haben. Die Sanktionen können für beide Seiten weitreichende Folgen haben. Die EU betont ausdrücklich, dass Unternehmen sich nicht allein auf vertragliche Regelungen verlassen dürfen, sondern aktiv Compliance-Massnahmen implementieren und Sanktionslisten prüfen müssen.Unternehmen dürfen sich nicht allein auf vertragliche Regelungen wie EXW verlassen, um ihre Verantwortung im Bereich der Sanktions-Compliance zu delegieren.
Pflichten und Risiken für Verkäufer bei EXW-Exporten
Auch wenn der Verkäufer nach EXW formal nur die Bereitstellung der Ware schuldet, bleibt er innerhalb der EU oft an Meldepflichten und Prüfungspflichten gebunden. Im Kontext von Sanktionen muss der Verkäufer sicherstellen, dass keine sanktionsbelegten Güter, Käufer oder Endverwendungen betroffen sind. Zudem muss dokumentiert werden, dass die Ware tatsächlich exportiert wurde, um steuerliche Vorteile wie die Umsatzsteuerbefreiung geltend machen zu können.Compliance-Anforderungen für Käufer unter EXW-Bedingungen
Der Käufer übernimmt bei EXW-Lieferungen den Grossteil der Verantwortung: Transport, Ausfuhranmeldung sowie die Überprüfung der Einhaltung von Export- und Sanktionsvorschriften. Fehler oder Versäumnisse können nicht nur zollrechtliche und steuerliche Nachteile, sondern auch strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen – insbesondere, wenn EU-Sanktionen missachtet werden. Der Käufer muss zudem nachweisen, dass er berechtigt ist, die Ware zu exportieren.Hauptverantwortlichkeiten des Käufers bei EXW
- Organisation des gesamten Transports vom Werk des Verkäufers
- DurchfĂĽhrung der Ausfuhrabfertigung und Zollanmeldung
- Überprüfung von Sanktionslisten und Exportbeschränkungen
- Einhaltung aller Dokumentationspflichten fĂĽr den Warenexport
- Übernahme sämtlicher Risiken ab Werk des Verkäufers
EXW und Zollabwicklung: Stolperfallen in der Praxis
In der zollrechtlichen Praxis führt EXW häufig zu Unsicherheiten: Wird der Käufer mit der Zollanmeldung beauftragt, aber ist nicht im EU-Ausland ansässig, können fehlerhafte Erklärungen oder fehlende Nachweise zu empfindlichen Sanktionen und Steuernachforderungen führen. Häufig empfiehlt sich daher – trotz scheinbarer Einfachheit von EXW – die Vereinbarung alternativer Incoterms®, die die Verantwortlichkeiten besser abbilden.Steuerliche Aspekte: Umsatzsteuer, Dokumentation und Nachweispflichten
EXW kann steuerlich ungünstig sein: Die Nachweise für steuerbefreite innergemeinschaftliche Lieferungen oder Exporte müssen eindeutig vorliegen. Der Verkäufer muss genau dokumentieren, dass die Ware die EU tatsächlich verlassen hat. Misslingt dies, drohen Umsatzsteuer-Nachzahlungen und Sanktionen. Die EU-Factsheets unterstreichen die Wichtigkeit vollständiger Exportnachweise und sorgfältiger Vertragsgestaltung. Wichtig: Für die Umsatzsteuerbefreiung bei Exporten ist der Nachweis des tatsächlichen Warenexports unerlässlich, unabhängig von den vereinbarten Incoterms®.Sanktionen und Handelsbeschränkungen: Was ist aktuell zu beachten?
Die EU-Sanktionsvorschriften verpflichten Unternehmen, vor der Ausfuhr die Liste gesperrter Personen, Unternehmen und Güter zu prüfen. Bei Verstössen gegen Export- oder Sanktionsbestimmungen drohen empfindliche Geldbussen und strafrechtliche Folgen. Entscheidend ist eine laufende Überwachung der Sanktionslisten und die Dokumentation der eigenen Prüfungen, unabhängig davon, ob der Handelspartner die Ausfuhr formal verantwortet.Praktische Empfehlungen und Alternativen zu EXW
In der Praxis empfiehlt es sich, den Einsatz von EXW kritisch zu prüfen und gegebenenfalls vertraglich zu modifizieren oder durch andere Incoterms® wie FCA (Free Carrier) zu ersetzen. Insbesondere wenn Unsicherheiten bei der Exportabwicklung oder Compliance bestehen, können so Risiken für beide Parteien minimiert werden. Transparente Kommunikation und klare Vertragsgestaltung sind Schlüsselelemente eines rechtssicheren Exportgeschäfts unter EU-Sanktionen.Checkliste für rechtssichere EXW-Lieferungen unter EU-Sanktionen
Unternehmen sollten bei EXW-Lieferungen folgende Punkte beachten: Regelmässige Sanktionslisten-Prüfung, eindeutige Dokumentation der Warenbewegung, klare Regelungen zur Zollanmeldung, eindeutige vertragliche Zuordnung von Verantwortlichkeiten für Export- und Sanktions-Compliance sowie die laufende Unterrichtung aller Beteiligten über rechtliche Neuerungen. Nur so lassen sich Haftungsrisiken nachhaltig begrenzen.Fazit: Verantwortlichkeiten kennen – Risiken minimieren
Die Kombination aus Incoterms® EXW und EU-Sanktionen bringt erhebliche rechtliche und praktische Herausforderungen für Unternehmen mit sich. Wer exportiert, muss über die Risiken, Sorgfaltspflichten und Compliance-Anforderungen genau informiert sein. Nur eine sorgfältige Vertragsgestaltung und laufende Prüfungen sichern rechtssichere Abläufe sowie steuerliche und zollrechtliche Integrität.