Die französische Steuergesetzgebung hat mit dem 1. Januar 2025 eine bedeutende Änderung erfahren: Die punktuelle Fiskalvertretung wurde abgeschafft. Diese Neuregelung betrifft besonders Schweizer Unternehmen, die nach Frankreich exportieren und dort mit vereinfachten Steuerverfahren wie Verfahren 42 arbeiten. Die Umstellung erfordert entweder die Benennung eines permanenten Fiskalvertreters oder eine eigene umsatzsteuerliche Registrierung in Frankreich. Um den Übergang zu erleichtern, wurde eine Übergangsfrist bis Ende 2025 gewährt.
Neue steuerliche Herausforderungen für Schweizer Exporteure ab 2025
Ende der punktuellen Fiskalvertretung in Frankreich

Die bisherige Regelung und ihre Bedeutung

Bis Ende 2024 konnten Schweizer Unternehmen, die Waren nach Frankreich exportierten, von der sogenannten punktuellen Fiskalvertretung Gebrauch machen. Diese Regelung ermöglichte es nicht in der EU ansässigen Unternehmen, für einzelne Importe im Rahmen des Verfahrens 42 einen Fiskalvertreter nur für die jeweilige Transaktion zu benennen, ohne eine dauerhafte Vertretung oder eigene Registrierung zu benötigen. Das Verfahren 42 bezeichnet dabei die umsatzsteuerbefreite Einfuhr mit anschliessender innergemeinschaftlicher Lieferung. Diese Praxis bot erhebliche Vorteile für Schweizer Exporteure:
  • Reduzierter administrativer Aufwand, da keine permanente Struktur in Frankreich unterhalten werden musste
  • Flexibilität bei der Wahl des Dienstleisters für jede einzelne Transaktion
  • Kosteneinsparungen gegenüber einer dauerhaften Fiskalvertretung
  • Keine Notwendigkeit, sich mit dem komplexen französischen Steuersystem dauerhaft auseinandersetzen zu müssen
Die punktuelle Fiskalvertretung war besonders für kleinere und mittlere Unternehmen sowie für Exporteure mit unregelmässigen Lieferungen nach Frankreich attraktiv. Bei diesem System übernahm der Fiskalvertreter die Verantwortung für die korrekte Abwicklung der Mehrwertsteuer-Formalitäten bei der Einfuhr und stellte sicher, dass alle steuerlichen Pflichten gegenüber den französischen Behörden erfüllt wurden. Die französischen Behörden haben jedoch festgestellt, dass dieses System Schwachstellen aufwies, insbesondere im Hinblick auf die Nachverfolgbarkeit von Transaktionen und die Bekämpfung von Steuerhinterziehung. Dies führte schliesslich zum Beschluss, die punktuelle Fiskalvertretung abzuschaffen und strengere Anforderungen an Nicht-EU-Unternehmen zu stellen.

Gründe für die Gesetzesänderung

Die französische Regierung hat mehrere triftige Gründe für die Abschaffung der punktuellen Fiskalvertretung angeführt. Diese Entscheidung ist Teil einer umfassenderen Strategie zur Verbesserung der Steuerkontrolle und zur Bekämpfung von Steuerbetrug. Der Hauptbeweggrund liegt in der verbesserten Steueraufsicht. Das bisherige System der punktuellen Vertretung erschwerte es den französischen Steuerbehörden, einen umfassenden Überblick über die Aktivitäten ausländischer Unternehmen auf französischem Territorium zu gewinnen. Da für jede Transaktion ein anderer Fiskalvertreter benannt werden konnte, war die Nachverfolgung der Steuerhistorie eines einzelnen Unternehmens komplex und lückenhaft. Mit der Verpflichtung zu einer dauerhaften Lösung wird die Transparenz erheblich verbessert.
Weitere wichtige Faktoren für die GesetzesänderungEin weiterer wichtiger Faktor ist die Harmonisierung mit EU-Praktiken. Frankreich passt seine Regelungen damit an die gängige Praxis in anderen EU-Mitgliedstaaten an, die bereits seit längerem auf permanente Fiskalvertretungen oder direkte Registrierungen setzen. Diese Vereinheitlichung erleichtert die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Steuerbehörden innerhalb der Europäischen Union. Zudem dient die Gesetzesänderung der Bekämpfung von Mehrwertsteuerbetrug. Das Verfahren 42, bei dem Waren umsatzsteuerfrei in die EU eingeführt und dann innergemeinschaftlich geliefert werden, gilt als besonders anfällig für Betrug. Durch die Einführung strengerer Kontrollen und die Verpflichtung zu dauerhaften Arrangements werden potenzielle Schlupflöcher geschlossen.
Nicht zuletzt geht es um eine Vereinfachung der administrativen Prozesse. Obwohl die Umstellung kurzfristig einen erhöhten Aufwand bedeutet, soll die Standardisierung auf lange Sicht zu effizienteren Verfahren führen, sowohl für die Steuerbehörden als auch für die betroffenen Unternehmen selbst.
Diese Gesetzesänderung steht auch im Einklang mit dem globalen Trend zu mehr Steuertransparenz und verstärkter internationaler Zusammenarbeit im Steuerbereich, wie er von der OECD und anderen internationalen Organisationen gefördert wird.

Neue Pflichten für Schweizer Exporteure

Mit der Abschaffung der punktuellen Fiskalvertretung in Frankreich seit dem 1. Januar 2025 sind Schweizer Exporteure mit neuen steuerlichen Verpflichtungen konfrontiert, die eine strategische Neuausrichtung erfordern. Die Unternehmen stehen nun vor der grundlegenden Entscheidung zwischen zwei Hauptoptionen.

Option 1: Bestellung eines permanenten Fiskalvertreters

Ein dauerhafter Fiskalvertreter ist eine in Frankreich ansässige natürliche oder juristische Person, die gegenüber den französischen Steuerbehörden als offizieller Vertreter des ausländischen Unternehmens fungiert. Der Fiskalvertreter übernimmt folgende Aufgaben:
  • Registrierung des Schweizer Unternehmens im französischen Mehrwertsteuerregister
  • Erstellung und Einreichung aller erforderlichen Steuererklärungen
  • Zahlung der fälligen Steuern im Namen des vertretenen Unternehmens
  • Führung der notwendigen Aufzeichnungen gemäss französischem Steuerrecht
  • Kommunikation mit den französischen Steuerbehörden
Besonders wichtig: Der Fiskalvertreter haftet gesamtschuldnerisch mit dem vertretenen Unternehmen für alle Steuerschulden. Aufgrund dieses erheblichen Risikos verlangen Fiskalvertreter in der Regel Bankgarantien oder andere Sicherheiten von ihren Klienten.

Option 2: Direkte umsatzsteuerliche Registrierung

Diese Option wurde durch EU-Richtlinien ermöglicht und erlaubt es Nicht-EU-Unternehmen, sich ohne Fiskalvertreter direkt bei den französischen Steuerbehörden zu registrieren. Dies bringt folgende Konsequenzen mit sich:
  • Das Unternehmen erhält eine französische Umsatzsteuer-Identifikationsnummer
  • Es muss alle steuerlichen Pflichten selbst erfüllen
  • Die Kommunikation mit den Behörden erfolgt direkt
  • Es ist keine Bankgarantie erforderlich
Diese Option setzt jedoch voraus, dass das Schweizer Unternehmen über ausreichende Ressourcen und Kenntnisse des französischen Steuersystems verfügt oder entsprechende externe Unterstützung in Anspruch nimmt.
Zudem müssen die Unternehmen bei beiden Optionen beachten, dass sie nun verpflichtet sind:
  • Regelmässige Mehrwertsteuererklärungen einzureichen (in der Regel monatlich oder vierteljährlich)
  • Die europäische Zusammenfassende Meldung (ZM) für innergemeinschaftliche Lieferungen zu erstellen
  • Die Intrastat-Meldungen für statistische Zwecke abzugeben
  • Rechnungen nach französischen Vorschriften auszustellen
Die Wahl zwischen diesen Optionen sollte unter Berücksichtigung verschiedener Faktoren getroffen werden, darunter das Transaktionsvolumen, die Häufigkeit der Exporte nach Frankreich, die interne Steuerexpertise und die strategischen Ziele des Unternehmens.

Die Übergangsregelung im Detail

Um den betroffenen Unternehmen genügend Zeit für die Umstellung ihrer Prozesse zu geben, hat die französische Regierung eine Übergangsregelung implementiert. Diese Regelung erlaubt es Schweizer Exporteuren und anderen Nicht-EU-Unternehmen, das bisherige System der punktuellen Fiskalvertretung noch bis zum 31. Dezember 2025 zu nutzen.
Zeitplan der Übergangsregelung für die Fiskalvertretung in Frankreich
Diese Übergangsfrist wurde nach intensiven Konsultationen mit Wirtschaftsverbänden und auf Druck der betroffenen Handelspartner eingeführt. Sie trägt der Tatsache Rechnung, dass die Umstellung auf ein neues System Zeit und Ressourcen erfordert, insbesondere für kleine und mittlere Unternehmen. Während dieser Übergangsphase gelten folgende Bedingungen:
  1. Unternehmen können weiterhin für einzelne Importe im Rahmen des Verfahrens 42 einen punktuellen Fiskalvertreter benennen.
  2. Parallel dazu sollten sie jedoch bereits die notwendigen Schritte einleiten, um bis zum Ende der Übergangszeit eine dauerhafte Lösung zu implementieren.
  3. Die französischen Steuerbehörden erwarten einen nachweisbaren Fortschritt bei der Umstellung, auch wenn die alte Regelung noch in Anspruch genommen wird.
  4. Unternehmen, die bereits vor dem 1. Januar 2025 regelmässig nach Frankreich exportiert haben, werden besonders ermutigt, die Umstellung frühzeitig vorzunehmen.
Es ist wichtig zu verstehen, dass die Übergangsregelung nicht als Aufschub der Entscheidung verstanden werden sollte. Vielmehr bietet sie die Möglichkeit, einen geordneten Übergang zu gestalten, während das Geschäft ungestört weiterlaufen kann.
Die französischen Behörden haben angekündigt, dass nach dem 31. Dezember 2025 keine weiteren Verlängerungen gewährt werden. Ab dem 1. Januar 2026 müssen alle Nicht-EU-Unternehmen entweder über einen permanenten Fiskalvertreter verfügen oder direkt umsatzsteuerlich registriert sein, um in Frankreich Geschäfte tätigen zu können. Die Übergangsregelung stellt einen Kompromiss dar zwischen der Notwendigkeit, die Steuerkontrolle zu verbessern, und dem Interesse, den internationalen Handel nicht übermässig zu belasten. Sie gibt den betroffenen Unternehmen die Möglichkeit, die für sie optimale Lösung zu finden und umzusetzen, ohne den laufenden Geschäftsbetrieb zu gefährden.

Vergleich der Optionen: Permanenter Fiskalvertreter vs. Direkte Registrierung

Für Schweizer Exporteure stellt sich die Frage, welcher Ansatz nach der Übergangsphase am besten geeignet ist. Ein detaillierter Vergleich der beiden Hauptoptionen kann bei dieser Entscheidung helfen.

Permanenter Fiskalvertreter

Die Vorteile dieser Option liegen vor allem in der Auslagerung der Komplexität. Der Fiskalvertreter übernimmt die gesamte Verantwortung für die Einhaltung der französischen Steuervorschriften und verfügt über spezialisiertes Wissen zum lokalen Steuerrecht. Dies ist besonders wertvoll für Unternehmen ohne eigene Frankreich-Expertise. Zudem bietet der Fiskalvertreter eine lokale Präsenz und kann bei Bedarf schnell mit den französischen Behörden interagieren. Jedoch birgt diese Option auch Nachteile. Die Kosten sind in der Regel höher als bei einer direkten Registrierung, da der Fiskalvertreter für sein Risiko und seine Dienstleistungen entschädigt werden muss. Die erforderliche Bankgarantie oder andere Sicherheiten binden zusätzlich Kapital. Nicht zuletzt besteht eine gewisse Abhängigkeit vom Fiskalvertreter, was die Flexibilität einschränken kann.

Direkte Umsatzsteuerregistrierung

Die direkte Registrierung bietet mehr Kontrolle über die steuerlichen Angelegenheiten und ist in der Regel kostengünstiger, da keine Gebühren für einen Fiskalvertreter anfallen. Es werden keine Bankgarantien benötigt, was die Liquidität schont. Zudem ermöglicht dieser Ansatz eine direktere Kommunikation mit den Steuerbehörden. Dem stehen jedoch erhöhte interne Anforderungen gegenüber. Das Unternehmen muss eigene Expertise im französischen Steuerrecht aufbauen oder externe Berater engagieren. Der administrative Aufwand wird internalisiert, was personelle Ressourcen bindet. Bei Problemen oder Prüfungen fehlt zudem ein lokaler Ansprechpartner mit etablierten Behördenkontakten.

Entscheidungskriterien

Bei der Wahl zwischen den beiden Optionen sollten folgende Faktoren berücksichtigt werden:
Kriterium Permanenter Fiskalvertreter Direkte Registrierung
Transaktionsvolumen Vorteilhaft bei geringem bis mittlerem Volumen Wirtschaftlicher bei hohem Volumen
Häufigkeit der Exporte Empfehlenswert bei unregelmässigen Exporten Sinnvoll bei regelmässigen Geschäften
Interne Ressourcen Ideal bei fehlender Frankreich-Expertise Passend bei vorhandener Steuerabteilung
Langfristige Strategie Flexibel bei unsicheren Marktaussichten Vorteilhaft bei strategischem Frankreich-Fokus
Risikobereitschaft Reduziertes Compliance-Risiko Höheres Eigenrisiko
Für kleine und mittlere Unternehmen mit begrenzten internen Ressourcen ist der permanente Fiskalvertreter oft die praktikablere Lösung, trotz der höheren Kosten. Grössere Unternehmen mit etablierter Präsenz in Frankreich oder einer eigenen internationalen Steuerabteilung können hingegen von einer direkten Registrierung profitieren. Unabhängig von der gewählten Option ist es ratsam, professionelle Beratung in Anspruch zu nehmen, um die spezifischen Umstände des Unternehmens zu berücksichtigen und die optimale Entscheidung zu treffen.

Praktische Schritte zur Umsetzung

Die Umstellung auf die neuen Anforderungen erfordert eine strukturierte Herangehensweise. Schweizer Exporteure sollten folgende Schritte in Betracht ziehen, um den Übergang reibungslos zu gestalten.

Bestandsaufnahme und Analyse

Zunächst ist eine gründliche Analyse der aktuellen Exportaktivitäten nach Frankreich notwendig. Dabei sollten diese Aspekte untersucht werden:
  • Volumen und Häufigkeit der Exporte nach Frankreich
  • Art der exportierten Waren oder Dienstleistungen
  • Bestehende Geschäftsbeziehungen in Frankreich
  • Verwendete Zollverfahren, insbesondere Verfahren 42
  • Interne Ressourcen für steuerliche Compliance
Diese Bestandsaufnahme bildet die Grundlage für die Entscheidung zwischen einem permanenten Fiskalvertreter und einer direkten Registrierung.
Entscheidungsprozess für die Wahl der optimalen Lösung

Auswahl eines geeigneten Partners

Wenn die Entscheidung für einen permanenten Fiskalvertreter fällt, ist die sorgfältige Auswahl eines qualifizierten Partners entscheidend. Kriterien für die Wahl sind:
  • Erfahrung mit Schweizer Unternehmen und der jeweiligen Branche
  • Umfang und Qualität der angebotenen Dienstleistungen
  • Höhe der Gebühren und Transparenz der Kostenstruktur
  • Anforderungen an Bankgarantien oder andere Sicherheiten
  • Reaktionszeiten und Kommunikationskanäle
  • Referenzen und Reputation am Markt
Es empfiehlt sich, mehrere Angebote einzuholen und Referenzen zu prüfen, bevor eine Entscheidung getroffen wird.

Vorbereitung der notwendigen Unterlagen

Unabhängig von der gewählten Option müssen bestimmte Dokumente für die Registrierung bei den französischen Steuerbehörden vorbereitet werden:
  • Handelsregisterauszug (nicht älter als drei Monate)
  • Gesellschaftsvertrag oder Satzung
  • Identitätsnachweise der Geschäftsführer oder Vorstandsmitglieder
  • Vollmacht für den Fiskalvertreter (falls relevant)
  • Nachweis der Geschäftstätigkeit in der Schweiz
  • Bankverbindung für Steuerrückerstattungen
Diese Dokumente müssen in der Regel übersetzt und teilweise beglaubigt werden.

Implementierung der neuen Prozesse

Nach erfolgreicher Registrierung müssen die internen Prozesse angepasst werden:
  • Aktualisierung der Rechnungsstellung gemäss französischen Vorschriften
  • Einrichtung eines Systems zur Erfassung aller relevanten Transaktionen
  • Festlegung von Verantwortlichkeiten für die Zusammenarbeit mit dem Fiskalvertreter oder die direkte Kommunikation mit den Behörden
  • Schulung der betroffenen Mitarbeiter
  • Anpassung der ERP-Systeme für die korrekte steuerliche Behandlung

Kontinuierliches Monitoring und Compliance

Nach der Umstellung ist es wichtig, die Einhaltung aller steuerlichen Pflichten kontinuierlich zu überwachen:
  • Termingerechte Einreichung aller Steuererklärungen
  • Korrekte Berechnung und Abführung der Mehrwertsteuer
  • Einhaltung der Aufbewahrungspflichten für relevante Dokumente
  • Verfolgung von Änderungen im französischen Steuerrecht
  • Regelmässige Überprüfung der Effizienz und Kosten des gewählten Modells
Durch einen strukturierten Ansatz kann die Umstellung erfolgreich bewältigt werden, wobei die Übergangszeit bis Ende 2025 optimal genutzt werden sollte, um alle notwendigen Anpassungen vorzunehmen.

Auswirkungen auf die Lieferkette und Importverfahren

Die Abschaffung der punktuellen Fiskalvertretung in Frankreich wirkt sich nicht nur auf steuerliche Aspekte aus, sondern hat auch weitreichende Konsequenzen für die gesamte Lieferkette und die Importverfahren von Schweizer Unternehmen. Besonders betroffen ist das Verfahren 42, bei dem Waren umsatzsteuerfrei in die EU eingeführt werden, wenn sie anschliessend in einen anderen EU-Mitgliedstaat geliefert werden sollen. Dieses Verfahren war für viele Schweizer Exporteure ein wichtiges Instrument zur Optimierung ihrer Lieferketten. Mit dem Ende der punktuellen Fiskalvertretung müssen die logistischen Prozesse neu bewertet und möglicherweise angepasst werden.

Neuausrichtung der Logistik

Unternehmen sollten ihre bestehenden Logistikprozesse überprüfen und folgende Aspekte berücksichtigen:
  • Ist Frankreich weiterhin der optimale Eintrittsmarkt für Lieferungen in die EU?
  • Könnte ein Wechsel zu einem anderen EU-Eintrittsland mit günstigeren steuerlichen Rahmenbedingungen sinnvoll sein?
  • Rechtfertigt das Exportvolumen den Aufwand für eine permanente Fiskalvertretung oder direkte Registrierung in Frankreich?
Alternative Eintrittsrouten in den EU-Markt für Schweizer Exporteure
Für einige Unternehmen könnte es wirtschaftlicher sein, ihre Waren über ein anderes EU-Land einzuführen, wo die administrativen Anforderungen möglicherweise geringer sind. Andere könnten in Erwägung ziehen, ein Auslieferungslager in der EU zu etablieren, um die Einfuhrprozesse zu zentralisieren.

Verzollungsprozesse

Die Verzollungsprozesse werden ebenfalls beeinflusst. Bisher konnten Schweizer Exporteure für jede Einfuhr einen anderen Dienstleister als punktuellen Fiskalvertreter beauftragen, was Flexibilität bei der Wahl des Zollagenten ermöglichte. Mit der Umstellung auf eine permanente Lösung ergeben sich folgende Änderungen:
  • Die Verzollung muss nun in Abstimmung mit dem permanenten Fiskalvertreter oder unter der eigenen Umsatzsteuer-Identifikationsnummer erfolgen
  • Die Koordination zwischen Zollagent und Fiskalvertreter wird komplexer
  • Die Dokumentationsanforderungen für das Verfahren 42 bleiben bestehen, müssen aber in ein neues System integriert werden
Diese Änderungen erfordern eine enge Zusammenarbeit zwischen dem Schweizer Exporteur, seinem Logistikdienstleister, dem Zollagenten und dem Fiskalvertreter (falls vorhanden).

Auswirkungen auf die Lieferzeiten

Die Umstellung kann auch Auswirkungen auf die Lieferzeiten haben. Während der Übergangsphase und bei der Implementierung neuer Prozesse können Verzögerungen auftreten. Unternehmen sollten:
  • Ihre Kunden frühzeitig über mögliche Verzögerungen informieren
  • Pufferzeiten in ihre Lieferplanung einbauen
  • Die neuen Prozesse testen, bevor sie vollständig implementiert werden
  • Alternative Lieferwege identifizieren, falls es zu Problemen kommt
Nach erfolgreicher Umstellung und mit etablierten Prozessen sollten die Lieferzeiten wieder auf das normale Niveau zurückkehren oder sich sogar verbessern, da die Abwicklung standardisiert wird.

Cashflow-Auswirkungen

Die Änderungen haben auch Auswirkungen auf den Cashflow. Während bei der punktuellen Fiskalvertretung die Kosten transaktionsbezogen anfielen, entstehen durch eine permanente Fiskalvertretung oder direkte Registrierung laufende Kosten, unabhängig vom tatsächlichen Transaktionsvolumen. Zudem können Bankgarantien oder Sicherheitsleistungen für einen permanenten Fiskalvertreter erhebliche Mittel binden. Des Weiteren ändert sich der Zeitpunkt der Mehrwertsteuerabführung und -erstattung, was die Liquiditätsplanung beeinflussen kann. Unternehmen sollten diese Faktoren in ihre Finanzplanung einbeziehen und gegebenenfalls Anpassungen vornehmen.

Rechtliche Risiken und deren Minimierung

Die Umstellung auf die neuen Regelungen birgt verschiedene rechtliche Risiken, die Schweizer Exporteure kennen und minimieren sollten. Eine proaktive Risikominimierung ist entscheidend, um kostspielige Strafen und Verzögerungen zu vermeiden.

Potenzielle rechtliche Risiken

Bei Nichtbeachtung oder fehlerhafter Umsetzung der neuen Vorschriften drohen verschiedene Sanktionen:
  • Bussgelder bei verspäteter oder fehlerhafter Einreichung von Steuererklärungen
  • Verzugszinsen auf nicht rechtzeitig entrichtete Mehrwertsteuer
  • Strafen bei Verstössen gegen Aufzeichnungs- und Nachweispflichten
  • Mögliche Beschlagnahme von Waren bei wiederholten oder schwerwiegenden Verstössen
  • Haftungsrisiken für die Geschäftsleitung bei systematischer Nichtbeachtung steuerlicher Pflichten
Besonders schwerwiegend können die Konsequenzen sein, wenn nach Ablauf der Übergangsphase Ende 2025 noch keine konforme Lösung implementiert wurde. In diesem Fall droht eine vollständige Blockade der Importabwicklung.
Verteilung der häufigsten Compliance-Verstösse und deren Konsequenzen

Strategien zur Risikominimierung

Um diese Risiken zu minimieren, sind verschiedene Massnahmen empfehlenswert:

1. Frühzeitige Compliance

Die Übergangszeit sollte nicht vollständig ausgereizt werden. Vielmehr empfiehlt es sich, die Umstellung deutlich vor Ablauf der Frist abzuschliessen, um Raum für unvorhergesehene Probleme zu lassen.

2. Professionelle Beratung

Die Hinzuziehung von Steuerexperten mit spezifischer Frankreich-Expertise ist ratsam, um alle rechtlichen Aspekte korrekt zu erfassen und umzusetzen. Dies gilt besonders für Unternehmen, die sich für eine direkte Registrierung entscheiden.

3. Dokumentation und Nachweisführung

Eine lückenlose Dokumentation aller relevanten Geschäftsvorgänge ist unerlässlich. Dies umfasst:
  • Vollständige und konforme Rechnungsstellung
  • Aufzeichnung aller Waren- und Dienstleistungsbewegungen
  • Nachweis der korrekten steuerlichen Behandlung
  • Archivierung aller Kommunikation mit Behörden und dem Fiskalvertreter

4. Regelmässige Überprüfungen

Interne oder externe Audits helfen, potenzielle Compliance-Probleme frühzeitig zu identifizieren und zu beheben. Diese sollten regelmässig durchgeführt werden, insbesondere nach der Implementierung der neuen Prozesse.

5. Schulung der Mitarbeiter

Alle beteiligten Mitarbeiter sollten über die neuen Regelungen und ihre Auswirkungen auf die betrieblichen Abläufe informiert sein. Regelmässige Schulungen stellen sicher, dass das Wissen aktuell bleibt.

6. Notfallplan

Es empfiehlt sich, einen Notfallplan für den Fall zu entwickeln, dass Probleme bei der Importabwicklung auftreten. Dieser könnte alternative Lieferwege oder temporäre Lösungen umfassen.

Vertragsgestaltung mit Fiskalvertretern

Bei der Wahl eines permanenten Fiskalvertreters ist die sorgfältige Gestaltung des Vertretungsvertrags von grosser Bedeutung. Folgende Aspekte sollten dabei berücksichtigt werden:
  • Klare Definition des Leistungsumfangs
  • Transparente Kostenstruktur ohne versteckte Gebühren
  • Regelungen zur Haftung und Haftungsbegrenzung
  • Vereinbarungen zur Vertraulichkeit und zum Datenschutz
  • Kündigungsfristen und -bedingungen
  • Eskalationsverfahren bei Problemen oder Meinungsverschiedenheiten
Durch eine umsichtige Vertragsgestaltung können potenzielle Konflikte vermieden und die Zusammenarbeit auf eine solide rechtliche Basis gestellt werden.

Parallele Entwicklungen im französischen Steuerrecht

Die Abschaffung der punktuellen Fiskalvertretung ist nicht die einzige relevante Änderung im französischen Steuerrecht, die Schweizer Exporteure betrifft. Für ein umfassendes Verständnis der steuerlichen Landschaft ist es wichtig, auch andere aktuelle Entwicklungen zu berücksichtigen.

Aktualisierung der Quellensteuersätze

Das französische Haushaltsgesetz für 2025 hat auch Änderungen bei den Quellensteuersätzen für Nichtansässige mit sich gebracht. Diese Anpassungen betreffen zwar primär Arbeitnehmer, die in Frankreich tätig sind, ohne dort steuerlich ansässig zu sein, können aber auch für Schweizer Unternehmen relevant sein, die Mitarbeiter nach Frankreich entsenden oder dort Niederlassungen unterhalten. Die Quellensteuer wird nach progressiven Steuersätzen erhoben, wobei für Einkommen ab einem bestimmten Schwellenwert ein Satz von 20% gilt. Betroffene müssen trotz des Abzugs der Quellensteuer weiterhin eine jährliche Steuererklärung in Frankreich abgeben. Diese Verpflichtung besteht parallel zu den umsatzsteuerlichen Anforderungen und sollte in die Compliance-Strategie integriert werden.

Ende der Selbstzertifizierung für POS-Systeme

Eine weitere bedeutsame Änderung betrifft die Kassensysteme und Point-of-Sale (POS) Lösungen. Das französische Finanzgesetz 2025 hat die Selbstzertifizierung für solche Systeme abgeschafft. Diese war seit Januar 2018 als Alternative zu offiziellen Zertifikaten erlaubt. Die Selbstzertifizierung ist seit dem 16. Februar 2025 offiziell nicht mehr gültig, wobei eine Übergangsregelung bis zum 31. August 2025 gilt. Danach müssen alle POS-Systeme durch akkreditierte Stellen wie Infocert oder LNE zertifiziert sein. Diese Änderung betrifft Schweizer Unternehmen mit physischer Präsenz in Frankreich, etwa in Form von Verkaufsstellen oder Niederlassungen. Sie müssen sicherstellen, dass ihre Kassensysteme den neuen Anforderungen entsprechen, um Bussgelder und andere Sanktionen zu vermeiden.

Verstärkte Digitalisierung der Steuerverwaltung

Frankreich treibt die Digitalisierung seiner Steuerverwaltung kontinuierlich voran. Dies umfasst:
  • Zunehmende Anforderungen an elektronische Rechnungsstellung
  • Ausweitung der elektronischen Meldepflichten
  • Verstärkte automatische Datenanalyse zur Aufdeckung von Unregelmässigkeiten
  • Verbesserte digitale Schnittstellen für die Kommunikation mit den Steuerbehörden
Diese Entwicklung bietet einerseits Chancen durch effizientere Prozesse, stellt andererseits aber auch höhere Anforderungen an die IT-Systeme und die Datenverwaltung der Unternehmen.

Internationale Steuerentwicklungen

Zusätzlich zu den nationalen Änderungen sind auch internationale Entwicklungen zu beachten, insbesondere im Rahmen der OECD-Initiativen zur Bekämpfung von Steuervermeidung und zur Förderung der Steuertransparenz. Frankreich gehört zu den Vorreitern bei der Umsetzung dieser Initiativen, was sich in der nationalen Gesetzgebung widerspiegelt. Die Einführung einer globalen Mindeststeuer und die Anpassung der Regeln zur Besteuerung digitaler Geschäftsmodelle könnten weitere Auswirkungen auf die steuerlichen Rahmenbedingungen haben, unter denen Schweizer Unternehmen in Frankreich operieren. In diesem sich ständig wandelnden Umfeld ist es für Schweizer Exporteure unerlässlich, die steuerlichen Entwicklungen kontinuierlich zu beobachten und ihre Compliance-Strategien entsprechend anzupassen.
Handlungsbedarf für Schweizer Exporteure
Die Abschaffung der punktuellen Fiskalvertretung in Frankreich markiert einen bedeutenden Wendepunkt für Schweizer Exporteure. Trotz der gewährten Übergangsfrist bis Ende 2025 sollten betroffene Unternehmen nicht zögern, ihre steuerlichen Angelegenheiten neu zu ordnen. Eine rechtzeitige Entscheidung zwischen permanenter Fiskalvertretung und eigener Umsatzsteuerregistrierung kann langfristig Kosten sparen und rechtliche Sicherheit bieten. Professionelle Beratung durch Steuerexperten mit Frankreich-Expertise ist dabei der Schlüssel zum Erfolg.