Dual-Use Güter stehen im Spannungsfeld zwischen technologischem Fortschritt und sicherheitspolitischen Risiken. Diese Produkte und Technologien können gleichermassen zivil wie militärisch verwendet werden. Ihre Klassifizierung und der kontrollierte Export stellen Unternehmen vor komplexe Prüf-, Dokumentations- und Compliance-Anforderungen, die weit über den Export klassischer Industrieprodukte hinausgehen.
Wie Unternehmen die Exportkontrolle meistern und Risiken beim Handel mit dual verwendbaren Produkten minimieren
Dual-Use Güter: Zwischen ziviler Innovation und globaler Verantwortung
Grundlagen und rechtlicher Rahmen des Dual-Use Begriffs
Dual-Use Güter sind Produkte, Software und Technologien mit doppeltem Verwendungszweck: Sie können sowohl für zivile wie für militärische Zwecke eingesetzt werden. Rechtlich geregelt wird der Umgang damit durch das GKG, die GKV und entsprechende EU-Rechtsakte. Im globalen Kontext fallen darunter etwa Hochleistungsventile, sensible Elektronik, spezielle Werkstoffe, Computerprogramme oder Konstruktionspläne. Auch vermeintlich unkritische Güter können somit zum Risiko werden, wenn sie in militärischen Kontexten oder zur Entwicklung von Massenvernichtungswaffen genutzt werden. In nationale Rechtsordnungen fliessen die Erkenntnisse internationaler Gremien wie der NSG, der AG, des MTCR und des WA ein, die regelmässig Listen dieser Güter aktualisieren und harmonisieren. Rechtssicherheit für Unternehmen entsteht erst, wenn alle relevanten Regularien beachtet sowie nationale Ergänzungen berücksichtigt werden.
Betriebliche Verantwortung: Güterprüfung, Dokumentation und Compliance
Jedes Unternehmen, das potenziell Dual-Use Güter herstellt, vertreibt oder exportiert, ist verpflichtet, seine Produkte eigenverantwortlich zu prüfen und zu klassifizieren. Diese Güterprüfung umfasst nicht nur physische Waren, sondern auch zugehörige Technologien und Software. Die Unternehmensleitung muss eine klare Verantwortungsstruktur mit dokumentierten Prozessen etablieren. In der Praxis empfiehlt sich die Einführung eines ICP, das regelt, wie Verantwortlichkeiten verteilt, wie Prüfungen durchgeführt und wie Ergebnisse dokumentiert werden. Die Produktklassifizierung selbst verlangt tiefgehende Produktkenntnisse und sollte interdisziplinär – etwa zwischen Technik, Vertrieb und Exportabwicklung – erfolgen. Die Dokumentation ist unerlässlich: Für jede Warensendung muss eindeutig nachvollziehbar sein, ob eine Ausfuhrgenehmigung benötigt wird und wie diese Entscheidung begründet wurde. Ein regelmässiges Monitoring im Betrieb ist notwendig, da Güterlisten häufig aktualisiert werden und Gesetzesänderungen zeitnah umgesetzt werden müssen.
Dual-Use Güterlisten: Aufbau, Kategorien und systematische Suche
Dual-Use Güterlisten bilden das Herzstück der Exportkontrolle. International abgestimmt und von den Behörden regelmässig aktualisiert, sind sie in verschiedene Anhänge und Hauptkategorien gegliedert. In der Schweiz etwa enthalten die Anhänge 1 und 2 der GKV alle relevanten Dual-Use Produkte. Die Listen sind unterteilt nach Kategorien wie kerntechnische Materialien, besondere Werkstoffe, Sensoren und Laser, Allgemeine Elektronik oder Luftfahrttechnik. Innerhalb dieser Kategorien wird zwischen Systemen, Prüfeinrichtungen, Materialien, Software und Technologie unterschieden. Neben dem Produktbereich ist die Gattung entscheidend für die Systematik. Die Ausfuhrlistennummer /Exportkontrollnummer (EKN) codiert die genaue Position eines Gutes in der Liste. Unternehmen nutzen Übersetzungshilfen und Umschlüssungsverzeichnisse, um von der Zolltarifnummer zur korrekten EKN zu gelangen. Fehlerhafte Tarifnummern können dazu führen, dass relevante Produkte übersehen und Compliance-Anforderungen verletzt werden. Die detaillierte Liste erlaubt es, auch komplexe Erzeugnisse und innovative Technologien zu erfassen und ihre potenzielle Bewilligungspflicht zu bestimmen.
Bestimmung und Klassifizierung im Alltag: Von der Produktidee bis zur Exportgenehmigung
Der Prozess der Identifizierung eines möglichen Dual-Use Gutes beginnt bei der Produktentwicklung und zieht sich durch alle Stufen der Wertschöpfungskette. Zunächst muss die korrekte Zolltarifnummer für jedes Produkt ermittelt werden, idealerweise mithilfe spezialisierter Auskünfte oder Datenbanken. Anschliessend prüft das Unternehmen systematisch, ob das Produkt – oder einzelne Komponenten, Softwarebausteine oder Technologien – auf einer Dual-Use Liste geführt ist. Die Behördendokumente und Umschlüssungsverzeichnisse helfen dabei, die Exportkontrollnummern herauszufiltern, die für verschiedene Waren zutreffen können. Nach Abschluss der Klassifizierung wird jeder Exportfall dokumentiert. Falls eine Bewilligung benötigt wird, ist sie rechtzeitig zu beantragen. Zudem sind weitere Prüfungen notwendig: Beispielsweise kann das Endprodukt bewilligungspflichtige Teile enthalten, auch wenn es als Ganzes zunächst nicht auffällig erscheint. Über die reine Güterklassifizierung hinaus ist auf Embargos, Sanktionslisten und die Einhaltung internationaler Abkommen zu achten. Die Endverbleibserklärung dient als zusätzlicher Nachweis, dass die Ware nicht für verbotene Zwecke eingesetzt wird.
Globale Perspektiven: Besonderheiten im US-(Re)Exportkontrollrecht und internationale Harmonisierung
Die Herausforderung bei Dual-Use Gütern endet nicht an nationalen Grenzen: Besonders Schweizer Unternehmen sind oft vom US-(Re)Exportkontrollrecht betroffen, wenn Produkte US-amerikanische Komponenten, Software oder Technologie enthalten. Die Klassifizierung nach ECCN oder EAR99 ist für Exporte in und aus den USA essenziell. Globale Lieferketten verlangen die Beachtung verschiedener Rechtssysteme und Kontrollregime. Die nationalen Güterlisten sind überwiegend an internationale Standards angepasst, werden aber durch landesspezifische Ergänzungen ergänzt. Ein weiteres kritisches Thema sind Transaktionen in Embargo-Länder und Geschäfte mit sanktionierten Unternehmen oder Personen. Unternehmen benötigen dafür kompetente Beratung und ein internationales Netzwerk, um die Einhaltung aller relevanten Vorschriften sicherzustellen. Digitale Tools, gezielte Mitarbeiterschulungen und regelmässige Audits helfen, auch in komplexen Handelsbeziehungen die Kontrollanforderungen zu erfüllen. Siehe: EU-Kommission
Fazit: Dual-Use Güter – Verantwortung bewusst gestalten
Der Umgang mit Dual-Use Gütern erfordert weit mehr als technisches Know-how. Unternehmen tragen eine erhebliche Verantwortung für die korrekte Klassifizierung, Dokumentation und Einhaltung aller geltenden Exportbestimmungen. Wer Prozesse sauber etabliert und regelmässig prüft, schützt nicht nur das eigene Unternehmen vor Sanktionen, sondern leistet auch einen wichtigen Beitrag zur weltweiten Sicherheit.