Container-Standkosten entwickeln sich schnell zur Kostenfalle im internationalen Handel. Wenn ein Container 100 Tage feststeht und täglich 280 Euro Kosten anfallen, entsteht eine Rechnung von schwindelnder Höhe. Doch wer trägt diese Last? Der DSLV-Leitfaden September 2025 , vom DSLV Bundesverband Spedition und Logistik e. V. bringt endlich Klarheit in dieser jahrzehntelangen Grauzone zwischen Spediteuren und Kunden. Zumindest aus Sicht unserer deutschen Kollegen.
Der neue DSLV-Leitfaden 2025 löst jahrzehntelange Rechtsunsicherheit bei Demurrage und Detention
Container-Standgeld: Wer zahlt? Rechtliche Klarheit für Spediteure und Kunden
Container-Standgeld: Wer zahlt wann?
Rechtliche Klarheit für Spediteure und Kunden
Das Standgeld-Szenario:
Ein Container bleibt 100 Tage im Zoll, täglich entstehen rund 280 Euro Standkosten – nach bereits einem Monat steht eine grosse Euro-Summe aus.
Das Problem
Oft fehlt eine klare Vereinbarung: Der Spediteur will die Kosten nicht allein tragen, denn die Verzögerung lag ausserhalb seines Verantwortungsbereichs. Die Situation ist Alltag im internationalen Frachtverkehr und führt häufig zu Gerichtsprozessen – mit enormen finanziellen und zeitlichen Folgen für beide Seiten.Demurrage und Detention: Zwei Begriffe, ein grosses Problem
Begriffsabgrenzung
- Detention: Gebühren bei Überschreitung der vereinbarten Container-Nutzungsdauer (ausserhalb des Hafens).
- Demurrage: Kosten für das Stehenlassen von Containern im Hafen, verursacht durch verzögerte Ent- oder Beladung.
Bei 100 Tagen Standzeit fallen beide Kostenarten an. Wer zahlt, wenn der Grund – wie Zollverzögerung – niemandem unmittelbar zuzurechnen ist? Bis 2025 fehlte eine einheitliche Regelung.
Rechtliche Ausgangslage: ADSp 2017 und ihre Grenzen
Standgeld laut ADSp
Abschnitt 11 ADSp 2017: Übersteigt die (ent)ladezeit die vertraglich vereinbarte Dauer aus Gründen, die nicht dem Spediteur zuzurechnen sind, so muss der Auftraggeber ein „angemessenes Standgeld“ zahlen.Neue Gerichtspraxis
Auch externe Störungen können dem Spediteur angelastet werden, wenn er nicht alle zumutbaren Gegenmassnahmen dokumentiert und umgesetzt hat. Passive Haltung genügt nicht mehr!Die Rechtsprechung verlangt aktives Nachfassen, Alternativen prüfen und lückenlose Kommunikation.
Der DSLV-Leitfaden 2025: Klärung statt Grauzonen
Kernpunkte des Leitfadens
- Spediteure erhalten Aufwendungsersatz nur bei vollständigem Nachweis aller zumutbaren Massnahmen.
- Dokumentation: Wer wann was unternahm, muss lückenlos vorliegen.
- Verträge: Empfehlung für klare D&D-Klauseln mit Risiko-Sharing statt starrer Schuldzuweisung.
Der Leitfaden fordert: Risiken teilen, präventiv kommunizieren und gemeinsam Verantwortung tragen.
Die zwei wegweisenden Erkenntnisse für Ihre Geschäftspraxis
Prinzipien aus dem Leitfaden
- Unverschuldetheit muss bewiesen werden: Der Spediteur muss nachweisen, dass er alles Zumutbare tat (z.B. Nachfragen bei Zoll, rechtzeitige Information des Kunden).
- Restriktivere Gerichtspraxis: Gerichte prüfen aktiv, ob Verzögerungen wirklich unvermeidbar waren. Spediteure müssen ihre AGBs anpassen, mit Obergrenzen, klaren Informations- und Haftungsklauseln.
Standgeldforderungen sind künftig detailliert zu begründen. „Kulanz“ tritt zurück, Risikominimierung und Prävention dominieren.
Praktische Konsequenzen: Kommunikation, Vertragswerk und Dokumentation
Empfehlungen für Auftraggeber und Spediteure
- Frühzeitige Kommunikation: Bereits bei ersten Verzögerungen ist der Kunde unverzüglich zu informieren.
- Dokumentieren: Jede Kommunikation, Massnahme und Kostenentwicklung lückenlos festhalten.
- All-inclusive-Angebote: Deckeln Standgeldforderungen – Spediteure tragen hier das volle Risiko.
- Einjährige Verjährungsfrist: Spediteur-Ansprüche verjähren nach 1 Jahr, daher zügiges Handeln geboten.
Kommunikation und Dokumentation entscheiden, wer zahlt – und wie viel.
Vier konkrete Massnahmen für Ihre Risikominderung
Leitfaden zur Umsetzung
- Vertragsrevision: Klare D&D-Klauseln, Obergrenzen (z.B. max. 250 € pro Tag), Informationspflichten, Risikozuordnung.
- Dokumentation: Standardisiertes System für jede Verzögerung – Erfassung von Zeit, Grund, Reaktion, Kosten.
- Risikoklassifizierung: Partner/Waren nach D&D-Risiko einstufen – von grün bis rot, entsprechende Massnahmen ableiten.
- Eskalationsmatrix: Zuständigkeiten je nach Dauer und Ausmass der Verzögerung klar festlegen – von operativ bis zur Geschäftsleitung.
Prävention und Transparenz sind der Schlüssel, um künftige hohe Rechnungen zu verhindern.
50–70 € als angemessen pro Stunde in Deutschland, bis 200 € in Österreich. Tagespauschalen differieren stark. In der Schweiz besteht kein Leitfaden.
Video: Standgeld & rechtliche Praxis (Fundstück)
Praktische Schritte zur Risikominderung
Die Lösung liegt in proaktiver Kommunikation, expliziten Vertragsklauseln und strukturierter Dokumentation. Spediteure müssen ihre Aufwendungsersatzansprüche nachweisen und zumutbare Massnahmen ergreifen. Gleichzeitig sollten Verlader ihre Verträge überprüfen und Verjährungsfristen beachten. Nur durch gegenseitige Transparenz lassen sich Container-Standkostendispute minimieren.