Nachfolgend ein umfassender Bericht zu den aktuellen US-Zöllen auf Stahl- und Aluminium (Section 232), inklusive integrierter Checkliste und praxisnaher Beispiele. Dieser Leitfaden richtet sich insbesondere an Schweizer Unternehmen, die Waren mit Stahl- oder Aluminiumanteilen in die USA exportieren.

Einleitung

Seit dem 12. März 2025 gelten in den USA weitreichende Änderungen für die Einfuhr von Stahl- und Aluminiumprodukten. Die bereits seit 2018 (Stahl) bzw. 2018/2020 (Aluminium) existierenden Zusatzzölle bleiben bestehen bzw. wurden sogar erhöht und durch neue Vorschriften erweitert:

  1. Aluminium-Zoll von 10 % auf 25 % angehoben.
  2. Alle Länderausnahmen (Kanada, Mexiko, EU usw.) und frühere Kontingente sind entfallen.
  3. Keine neuen produktbezogenen Ausnahmeanträge mehr möglich (seit 10. Februar 2025).
  4. Erweiterter Geltungsbereich („Derivatprodukte“), bei denen nur der Metallwert verzollt wird, sofern dieser genau ausgewiesen wird.
  5. Pflicht, bei Stahl- und Aluminiumprodukten das Schmelz- und Gussland zu deklarieren, sonst fällt der 25 %‑Zuschlag auf den Gesamtwert an.

Grundlage dieser Massnahmen ist Section 232 des Trade Expansion Act (1962) zum Schutz der „nationalen Sicherheit“. Die jüngsten Änderungen folgen aus den neuen Präsidialproklamationen Nr. 10895 (Aluminium) und 10896 (Stahl) (Februar 2025), die die bisherigen Regelungen (Prokl. 9704, 9705, 9980) entsprechend modifizieren.

1. Zusätzliche Zölle auf Stahl

1.1 Allgemeine Regelung

  • Seit März 2018 gilt ein 25 %-Zusatzzoll auf die meisten Stahleinfuhren in die USA (Section 232).
  • Betroffen sind primär Kapitel 72 (Stahl in Primär- und Halbzeugformen) und 73 (Waren aus Stahl) im US-Zolltarif (HTSUS).
  • Durch Proklamation 9980 (2020) wurden bereits „derivative“ Stahlwaren (z. B. Nägel, Drähte, Schrauben) einbezogen.
  • Neuerung ab 12. März 2025: Alle länderspezifischen Ausnahmen oder Quoten (z. B. für Kanada, EU, Südkorea) sind wegfallen.
  • Keine neuen Ausnahmeanträge mehr (seit 10. Februar 2025). Bereits bestehende Einzel-Ausnahmen laufen bis zum definierten Ende (Ablaufdatum oder Mengengrenze).

1.2 Erweiterter Geltungsbereich („Derivatprodukte“)

  • Gemäss Proklamation 10896 (Februar 2025) sind weitere Stahlprodukte in den HS-Kapiteln 73, 84, 85, 87, 94 betroffen.
  • Beispielhafte Positionen:
    • 7307… (Rohrformstücke aus Stahl),
    • 7308… (Konstruktionsteile aus Stahl),
    • 9403.20… (Stahlmöbel),
    • sowie Maschinen- und Fahrzeugteile (Kap. 84, 85, 87) mit relevantem Stahlanteil.
  • Bei Waren ausserhalb von Kap. 72/73 gilt der 25 %-Zoll nur auf den Wert des Stahlanteils. Fehlen genaue Angaben, erhebt der US-Zoll den 25 %‑Zuschlag auf den gesamten Warenwert.

1.3 Deklaration in der Zollanmeldung (Stahlanteil)

Laut CSMS # 64384423 (März 2025) verlangt CBP (U.S. Customs and Border Protection) bei jeder Einfuhr folgende Datenelemente:

  1. Wert abzüglich Stahlanteil (Restwert ohne Stahl)
  2. Wert des Stahlanteils
  3. Gewicht des Stahlanteils (kg)
  4. Schmelz- und Gussland („Melt and Pour Country“ – Angabe, wo der Stahl tatsächlich geschmolzen und gegossen wurde)

Werden diese Informationen nicht geliefert, erfolgt die Belastung mit 25 % auf den Gesamtwert statt nur auf den Stahlwert.

2. Zusätzliche Zölle auf Aluminium

2.1 Allgemeine Regelung

  • Seit 2018 bestehen Section-232-Zölle auf Aluminium (10 %).
  • Neu: Per Proklamation 10895 (Februar 2025) wurde der Alu-Zoll auf 25 % angehoben.
  • Auch hier: Alle Länder- und Quoten-Ausnahmen sind aufgehoben (z. B. keine Sonderregel mehr für Kanada, EU etc.).
  • Keine neuen Ausnahmeanträge mehr; vorhandene laufen aus, sobald ihr Limit erreicht ist (zeitlich oder mengenmässig).

2.2 Erweiterter Geltungsbereich („Derivatprodukte“)

  • Gemäss Proklamation 10895 sind nun neben Kap. 76 auch zusätzliche Positionen in den HS-Kapiteln 66, 83, 84, 85, 87, 88, 90, 94, 95, 96 einbezogen, sofern sie signifikante Aluminiumkomponenten haben (z. B. Aluminiumkonstruktionen, Haushaltswaren, Teile von Maschinen/Fahrzeugen).
  • Bei Waren ausserhalb von Kap. 76 greift der 25 %-Zoll nur auf den exakten Aluminiumwert. Auch hier droht eine Verzollung des Gesamtwerts, falls die Meldedaten fehlen.

2.3 Deklaration in der Zollanmeldung (Aluminiumanteil)

Nach CSMS # 64384496 (März 2025) müssen Importeure bei Aluminium:

  1. Wert abzüglich Aluanteil
  2. Wert des Aluminiumanteils
  3. Gewicht des Aluanteils (kg)
  4. Primäres + sekundäres Schmelzland sowie letztes Gussland
  5. Kein Meldebedarf für Schmelz- und Gussland, wenn das Ursprungsland USA ist (denn US-Waren unterliegen nicht Section 232).

Fehlt eine dieser Angaben, erhebt CBP 25 % auf den Gesamtwert.

3. Ursprungsregeln

4. Praxisnahe Beispiele

Beispiel 1: Reine Stahlrohrleitung

  • Ausgangslage: Firma S. AG (Schweiz) exportiert eine Stahlrohrleitung (HS 7307.99) in die USA.
  • Warenwert: 50.000 USD.
  • Ursprung: Schweiz.
  • Massnahmen:
    • Regulärer MFN-Zoll (z. B. 3 % = 1.500 USD).
    • + 25 % Section 232 = 12.500 USD.
      => Gesamt 14.000 USD (zzgl. weiterer Gebühren).
  • Deklaration:
    • Wert, Stahlanteil, Gewicht, Schmelzland.
    • Keine länderspezifische Befreiung mehr.

Beispiel 2: Komplexe Maschine mit Aluminiumgehäuse

  • Ausgangslage: Firma M. SA (Zürich) liefert ein Gerät (HS 8481.80.90, Kap. 84) für 7.000 USD, davon Alu-Gehäuse 2.000 USD, Rest Elektronik 5.000 USD.
  • Aluminium-Zoll 25 % auf den Alu-Anteil (sofern klar deklariert).
    • Normalzoll 2 % auf 7.000 = 140 USD.
    • Section-232-Zuschlag 25 % auf 2.000 = 500 USD.
      => Gesamt 640 USD.
  • Ohne Aufsplitterung könnte CBP 25 % auf 7.000 (1.750 USD) ansetzen. Daher ist die saubere Materialaufteilung wichtig.

Beispiel 3: Produkt mit Stahl und Alu

  • Warenwert: 20.000 USD, davon 30 % Stahl (6.000), 20 % Alu (4.000), Rest andere Materialien.
  • Zusatzabgaben:
    • 25 % auf Stahlanteil (6.000) = 1.500.
    • 25 % auf Aluanteil (4.000) = 1.000.
      => Summe 2.500. + regulärer Zoll z. B. 5 % auf 20.000 (1.000) = 3.500.
  • Ohne exakte Auflistung droht 25 % auf 20.000 = 5.000 – also doppelt so hoch.

Beispiel 4: Auslaufende Ausnahmeregelung

  • Firma T. GmbH hatte eine zeitlich begrenzte Exclusion (0 % Zoll) für ein Spezialprofil aus Stahl.
  • Diese Exclusion läuft am 30. April 2025 ab (oder wenn 1.000 t importiert). Keine Verlängerung möglich. Ab Mai 2025 gilt 25 % auf neue Sendungen.

5. Integrierte Checkliste für Stahl-/Alu-Exporte in die USA

  1. Tarifnummer & Ursprung
    • Ermitteln Sie die exakte HTSUS-Nummer (10-stellig) und das Ursprungsland.
    • Prüfen Sie, ob Ihre Ware unter Kap. 72/73 (Stahl) oder Kap. 76 (Alu) fällt oder ggf. „Derivat“ in Kap. 66, 83, 84, 85, 87, 88, 90, 94, 95, 96.
  2. Bestehende Ausnahmeregelungen?
    • Falls eine ältere Ausnahmeregel existiert, wann läuft diese aus?
    • Neue Anträge sind ausgeschlossen, also kalkulieren Sie den 25 %-Zoll ein, sobald die Ausnahme endet.
  3. Anteil des Stahl-/Alu-Werts ermitteln
    • Bei Waren ausserhalb Kap. 72/73/76 muss der Metallwert separat ausgewiesen werden.
    • Verlangen Sie vom Lieferanten eine detaillierte Aufschlüsselung.
    • Ohne Deklaration → 25 % auf den Gesamtwert.
  4. Zolldokumentation vorbereiten
    • Listen Sie explizit:
      1. Wert ohne Metall
      2. Wert Metall
      3. Gewicht Metall (kg)
      4. Schmelz-/Gussland (Stahl: Melt & Pour; Alu: primäre / sekundäre Schmelze, letztes Gussland).
  5. Zollkosten kalkulieren
    • Normaler Einfuhrzoll (MFN) laut HTSUS.
    • + 25 % auf den Stahl-/Alu-Anteil (ggf. getrennt, falls Stahl UND Alu).
    • Ggf. weitere Zölle (Section 301 bei China, AD/CVD). Summieren sich alle auf.
  6. Kommunikation mit US-Einführer
    • Stellen Sie sicher, dass Ihr US-Importeur sämtliche Codes korrekt anwendet (Kap. 99 Zusatztarife).
    • Besorgen Sie frühzeitig alle Material- / Ursprungsnachweise, um Verzögerungen zu vermeiden.
    • Evaluieren Sie alternative Lieferketten oder Preisanpassungen, wenn die Zusatzzölle zu hoch werden.

6. Fazit & Aktuelle Quellen

Fazit:
Die neuen Regelungen ab März 2025 verschärfen Section-232 deutlich. Keine Ausnahmen mehr sowie erhöhte 25 % für Aluminium bedeuten höhere Kosten für nahezu alle Importe. Zudem sind jetzt weitere Kapitel erfasst (Derivatprodukte). Für Exporteure ist entscheidend, den Metallanteil exakt zu dokumentieren, da sonst 25 % auf den gesamten Warenwert anfallen kann. Da Section-232-Zölle nicht erstattungsfähig sind (kein Duty Drawback) und Ausnahmeanträge nicht mehr zulässig sind, bleibt wenig Spielraum zur Umgehung dieser Mehrkosten. Eine regelmässige Überprüfung des US-Federal-Register und der CBP-Hinweise ist empfehlenswert, um auf eventuelle Änderungen (z. B. neue Annex-Positionen) schnell reagieren zu können.

Quellen (ausgeschrieben):

(Stand: März 2025. Angaben ohne Gewähr; Änderungen vorbehalten. Bei Unsicherheiten empfehlen wir, verbindliche Auskünfte beim US-Zoll bzw. eine professionelle Zollberatung einzuholen.)