CBP verschärft offenbar die Wertbestimmung für Section 232-Derivate – aber ohne offizielle Guidance

Analyse der einschlägigen CBP-Formulare und deren praktische Anwendung

In den vergangenen Wochen berichten Unternehmen zunehmend, dass die U.S. Customs and Border Protection (CBP) eine neue Interpretation der Wertbestimmung für Stahl- und Aluminiumderivate (Section 232) durchsetzt. Demnach soll der „Wert des Metallgehalts“ nicht mehr allein der Materialwert sein, sondern auch Arbeitskosten, Verarbeitung, Herstellung, Fertigungsgemeinkosten („manufacturing and production costs“) sowie sonstige Wertbestandteile einschliessen.

Auffällig ist, dass CBP diese geänderten Anforderungen nicht offiziell veröffentlicht hat. Stattdessen werden sie über CBP Form 28 (Request for Information) und CBP Form 29 (Notice of Action) in laufenden Vorgängen kommuniziert.

CBP Form 28 (Request for Information)

Der offizielle Zweck des Formulars ist eindeutig definiert. Direkt auf dem Formular heisst es:

“This request is for information only.”
“Please furnish the information requested…”

Ein Form 28 dient ausschliesslich dazu, CBP zusätzliche Informationen oder Dokumente zur Entscheidungsfindung bereitzustellen. Das Formular enthält keinerlei Regelungen, die eine Änderung der Bewertungsmethodik rechtfertigen würden. Es schafft weder neue Rechtsnormen, noch modifiziert es bestehende.

Trotzdem berichten Importeure, dass CBP Form 28 derzeit verwendet wird, um Anfragen wie folgende zu stellen:

  • „Provide cost breakdown including labor, processing, and manufacturing costs“

  • „Explain how the value declared reflects full manufacturing and production costs“

Dies ist ein klassisches Beispiel, wie CBP durch Informationsanforderungen eine neue Prüfungslogik einführt, ohne diese zunächst zu veröffentlichen.

CBP Form 29 (Notice of Action)

Form 29 ist stärker, da es tatsächliche Maßnahmen ankündigen oder durchführen kann. Das Formular enthält Felder wie:

“Action Taken”
“The rate of duty has been advanced.”
“The value of your merchandise has been changed.”
“Other (specify).”

Damit besitzt Form 29 die Funktion, CBP-Entscheidungen zu verkünden, aber nicht, sie zu begründen oder neue Richtlinien einzuführen.

Wichtig: Auch dieses Formular enthält keine Textstelle, die auf eine modifizierte Wertbasis für Section 232-Zwecke hindeutet.

Derzeit jedoch wird Form 29 verwendet, um Importeuren mitzuteilen, dass die CBP den deklarierten Wert erhöht oder nachberechnet, weil:

  • der deklarierte Wert „nur Materialkosten“ widerspiegelt

  • CBP nun der Auffassung sei, dass der Wert „manufacturing and production costs“ einschließen müsse

 

Dies ist neu – und nicht im Formulartext gedeckt. CBP hat keine der folgenden offiziellen Veröffentlichungswege genutzt:

  • keine Änderung der Section 232-FAQs

  • keine CSMS-Meldung

  • keine Änderung der Regulations

  • keine Presidential Proclamation

  • keine HQ-Ruling

  • keine Federal Register Notice

Es existiert also aktuell keine formelle Rechtsgrundlage, die diese neue Bewertungsmethode stützen würde. Stattdessen entsteht eine faktische Verfahrensänderung, die sich aus den CBP-Prüfpraktiken ergibt, ohne dass Importeuren eine belastbare Anleitung zur Verfügung steht.Das wirft Fragen zur Rechtsstaatlichkeit und zur Gleichmässigkeit der Zollanwendung auf.

 

Die Rechtseinschätzung zu Section 232-Abgaben basiert auf:

  • 19 U.S.C. § 1401a (Customs Value)

  • Presidential Proclamation 9705, 9980 und Folgende

  • ENFORCEMENT GUIDANCE in CSMS-Mitteilungen

  • CBP Rulings (HQ/NY)

  • Bundesregisterveröffentlichungen

  • Section 232 FAQs

Keine dieser Quellen enthält eine Änderung der Bewertungsbasis für Derivate. Damit handelt es sich faktisch um: Eine neue CBP-Praxis ohne offizielle Normsetzung, eine Durchsetzung durch Einzelfallprüfungen (Form 28/29) sowie eine Änderung materieller Bewertungsgrundlagen ohne formelle Guidance. Rechtlich betrachtet ist das problematisch, da CBP nicht im Wege von „informal rulemaking“ oder intransparenter Einzelfallanwendung die Bewertungsregeln verschärfen darf.

Empfehlung von Douana:

Solange keine offizielle Guidance vorliegt, gilt:

  • Die Praxis ist nicht bindend, kann aber im Einzelfall durchgesetzt werden.

  • Ein Form 29 kann angefochten werden (Protest gemäß 19 U.S.C. § 1514).

  • Fehlende Einheitlichkeit zwischen Ports kann Basis für eine Challenge sein.

  • Unternehmen sollten Wertkalkulationen dokumentieren, wenn CBP danach fragt.

Es ist wahrscheinlich, dass CBP bald eine formelle Klarstellung veröffentlichen wird, da die derzeitige Vorgehensweise schwer dauerhaft aufrechtzuerhalten ist.

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