Das U.S. Court of Appeals for the Federal Circuit hat am 29. August 2025 entschieden, dass die auf Basis des International Emergency Economic Powers Act (IEEPA) verhängten Strafzölle nicht rechtens sind. Das Urteil bringt erhebliche Unsicherheiten für Unternehmen und die US-Handelspolitik mit sich. Der folgende Fachbeitrag analysiert die Hintergründe, die betroffenen Zölle und die exakten rechtlichen Grundlagen.
Warum der Federal Circuit Trumps Notfallzölle für rechtswidrig erklärte – Details zu Auswirkungen, betroffenen Zöllen und den zugrundeliegenden Gesetzen
Bundesberufungsgericht stoppt IEEPA-Strafzölle: Gerichtsurteil markiert Wendepunkt für US-Handelspolitik
 

Gerichtsurteil: Kontext und Bedeutung

Am 29. August 2025 erklärte das Bundesberufungsgericht die von Ex-Präsident Trump erlassenen Reciprocal Tariffs und Trafficking Tariffs als rechtswidrig. Grundlage dieser Handelssanktionen war das IEEPA, das eigens für aussergewöhnliche Notlagen mit internationalem Bezug geschaffen wurde. Das Gericht stellte klar: IEEPA erlaubt zwar den Eingriff in Handelsflüsse und Finanztransaktionen während einer nationalen Krise, jedoch ausdrücklich keine Zölle oder Steuermassnahmen. Die Entscheidung ist sowohl in ihrer Präzision als auch Tragweite für das künftige Verhältnis zwischen Exekutive und Legislativbefugnissen im amerikanischen Handelsrecht massgeblich. Die bisherige Doktrin, wonach Notfallvollmachten den Präsidenten zur unlimitierten Kontrolle des Aussenhandels berechtigen könnten, wurde revidiert.
Stärkung der Gewaltenteilung im Handelsrecht.

Überblick: Die betroffenen Zollmassnahmen

Im Zentrum stehen zwei bedeutende Zollregime: Erstens die Reciprocal Tariffs, mit denen nahezu alle Importe aus fast allen Staaten belegt wurden. Ziel war es, die Zollsätze anderer Staaten an das US-Niveau anzupassen – teils weit über die durch den Harmonized Tariff Schedule of the U.S. (HTSUS) zugelassenen Sätze hinaus. Zweitens die Trafficking Tariffs, die als Antwort auf den Fentanyl-Schmuggel gegen Kanada, Mexiko und China verhängt wurden. Anders als offiziell behauptet, betrafen diese Zölle aber eine breite Warenpalette, und nicht primär Drogenpräparate. Für beide Massnahmen bemängelte das Gericht fehlende gesetzliche Grundlagen, mangelnde zeitliche Begrenzungen und unklare Zweck-Mittel-Relationen.

Das IEEPA und die Grenzen präsidentieller Handelspolitik

Das International Emergency Economic Powers Act (IEEPA) regelt in den Sections 1701–1707 die Möglichkeiten des Präsidenten, bei internationalen Krisen Wirtschaftstransaktionen zu beschränken. §1702 (Section 203) überlässt dem Präsidenten zwar Instrumente wie Export- oder Importverbote und das Einfrieren von Vermögen, nennt aber explizit keine Zoll- oder Steuerbefugnisse. Das Gericht widersprach der Auffassung, dass sich Zölle aus den Generalklauseln des IEEPA ableiten lassen. Im direkten Vergleich mit Section 232 (Trade Expansion Act of 1962) und Section 301 (Trade Act of 1974), die spezifisch Zollkompetenzen übertragen, zeigt sich: Nur dort, wo der Kongress dies ausdrücklich vorsieht, darf der Präsident Zölle erheben. Verfassungsrechtlich bleibt das Recht zur Steuer- und Zollerhebung im Kongress verwurzelt; eine Delegation ist nur bei eindeutiger gesetzlicher Grundlage zulässig.
Vergleich: IEEPA vs. Section 232 & 301
IEEPA Section 232/301
Bei Krisen: Handels-/Finanztransaktionen einschränken Kongressübertragene Zollbefugnisse
Keine Zoll- oder Steuerbefugnisse Zölle ausdrücklich erlaubt

Die Urteilsbegründung im Detail

In seiner Urteilsbegründung spricht das Bundesberufungsgericht mit 7:4 Stimmen von einem klaren Gesetzesverstoss: Die Erhebung von Zöllen auf Basis des IEEPA ist unvereinbar mit dem Bundesrecht. Die Mehrheitsmeinung betonte, dass jede andere Auslegung zu einer verfassungswidrigen Machtverschiebung führen würde. Eine Minderheit der Richter argumentierte, dass IEEPA in Sonderfällen Zölle als Ausnahme gestatten könnte, sofern eine akute nationale Notlage dies erfordere – im entschiedenen Fall seien diese Voraussetzungen jedoch nicht gegeben gewesen. Die Urteilsbegründung kennzeichnet einen Paradigmenwechsel: Die richterliche Kontrolle präsidentieller Notfallmassnahmen wird gestärkt und klare Grenzen gesetzt.
Richterliche Kontrolle gestärkt – Grenze der Exekutivmacht.

Folgen des Urteils: Rechtsmittel und Wirtschaft

Das CIT hatte zunächst landesweite Gültigkeit seines Verbotes der Zollerhebung verfügt, der Federal Circuit hob diese allgemeine Wirkung jedoch auf. Das bedeutet: Die Aufhebung der Zölle könnte zunächst nur für die Kläger gelten. Hintergrund ist eine neue Rechtsprechung des Supreme Court (Trump v. CASA, 2025), die landesweite Injunctions restriktiver beurteilt. Für betroffene Unternehmen heisst das: Es besteht Unsicherheit, ob nun alle oder nur einzelne Firmen von der Rückerstattung profitieren. Unternehmen wird geraten, alle Zollzahlungen zu dokumentieren und frühzeitig Erstattungs- und Protestanträge bei den US-Behörden zu sichern. Verträge sollten mögliche Rückerstattungen oder Verluste durch die sich ändernde Zollpolitik berücksichtigen. Die Regierung kündigte bereits an, das Urteil ggf. vor den Supreme Court zu bringen, was weitere Unsicherheiten mit sich bringt.
Dokumentation & rechtzeitige Antragstellung als Strategie.
Verfahrensübersicht nach dem Urteil

Handlungsempfehlungen für Unternehmen

Angesichts der unklaren Situation müssen Firmen proaktiv reagieren: Die lückenlose Dokumentation sämtlicher IEEPA-Zollzahlungen ist essenziell, um spätere Erstattungsansprüche geltend machen zu können. Für bestehende Rechtsstreitigkeiten empfiehlt es sich, verlängerte Widerspruchsfristen bei der Zollbehörde (CBP) zu beantragen. Unternehmen sollten zudem Vertragsklauseln anpassen, die Unsicherheiten bei Zollerleichterungen und Rückzahlungen abfedern. Eine offene Kommunikation mit Geschäftspartnern und schnelle Reaktion auf neue Entscheidungen der Justiz oder Administration gehören zur unternehmerischen Vorsorge. Last, but not least: Die Beobachtung laufender Prozesse am Supreme Court bietet Hinweise für die Risikobewertung und strategische Ausrichtung internationaler Lieferketten.
Fazit und Ausblick
Die Entscheidung bekräftigt die klare Grenze präsidentieller Machtbefugnisse im Zollrecht. Künftig dürfen Zölle nur aufgrund expliziter gesetzlicher Vollmachten erhoben werden – das IEEPA allein genügt nicht. Für Unternehmen bleibt die Lage ungewiss, da die Reichweite des Rechtsschutzes offen ist und mit weiteren Gerichtsverfahren zu rechnen ist.

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