Im Fokus steht insbesondere die «Directive on VAT rules for distance sales of imported goods and import VAT» (Artikel 133 TFEU. VAT). Mit dem anstehenden ECOFIN-Treffen am 13. Mai 2025 konkretisiert sich eine umfassende Reformagenda, deren Ziel die Optimierung des steuerlichen Vollzugs im Onlinehandel mit Warenlieferungen aus Drittländern ist. Die Dynamik des grenzüberschreitenden E-Commerce, insbesondere im Niedrigpreissegment, führt weiterhin zu signifikanten Herausforderungen bei der Erhebung der Einfuhrumsatzsteuer (EUSt), Missbrauchsprävention und Wettbewerbsneutralität zwischen EU- und Nicht-EU-Anbietern.
Ein zentrales Element der gegenwärtigen Diskussion ist auch die Rolle des Import One Stop Shop (iOSS). Aktuell ermöglicht das iOSS-Verfahren B2C-Verkäufern aus Drittländern mit Warenwerten bis 150 €, die Mehrwertsteuer zentral für alle EU-Staaten abzuführen. Neu ist die geplante explizite Zuweisung der Steuerentrichtungspflicht an den Lieferanten: Künftig sollen Anbieter aus Nicht-EU-Ländern für die EUSt haften, sofern sie nicht den iOSS für die Meldung und Abführung benutzen. Dieser Schritt ist darauf ausgerichtet, im internationalen Wettbewerb bestehende Ungleichheiten zu reduzieren, indem er Schlupflöcher für Steuervermeidung eindämmt und die Verantwortung für die EUSt eindeutig dem Verkäufer zuweist.
Parallel dazu sieht der aktuelle Diskussionsstand (2025) vor, dass Lieferanten mit Sitz in Staaten ohne Amtshilfeabkommen zur Bestellung eines Fiskalvertreters verpflichtet werden. Dadurch wird eine effektive Kontrolle und Haftung bei der Steuerabwicklung sichergestellt und potenziell aggressive Steuergestaltungen erschwert. Die Massnahme zielt auch auf eine Harmonisierung der Durchsetzungsmöglichkeiten in der Union ab und adressiert die bisher bestehende Rechtsunsicherheit bei Drittlandslieferungen.
Die folgende Tabelle stellt die wichtigsten, bereits konsensfähigen Veränderungen zusammen:
Massnahme | Betroffener Personenkreis | Status (Mai 2025) | Zu erwartende Auswirkung |
---|---|---|---|
Verpflichtende Steuerentrichtung | Drittland-Lieferanten (bis 150 €) | Politisch weitgehend einig | Effizienzsteigerung, Risikominimierung |
Fiskalvertreter für Nicht-Amtshilfe Staaten | Drittland-Lieferanten ohne Abkommen | Breite Zustimmung | Haftungssicherheit, Kontrolle |
Von strategischer Bedeutung ist, dass zentrale Fragen – wie die Abschaffung der 150-Euro-Schwelle, die Ausdehnung des iOSS auf lagerverwahrte Verbrauchsgüter oder eine vollständige Nutzungspflicht des iOSS – weiterhin offen bleiben und auf spätere Verhandlungsrunden vertagt wurden. Dies spiegelt die Komplexität des regulatorischen Balancings zwischen Betreiberentlastung, Missbrauchsprävention und wirtschaftlicher Praktikabilität wider. Die hohe Einigkeit der Mitgliedstaaten in den grundlegenden Reformpunkten ist bemerkenswert, jedoch besteht bei Detailregelungen nach wie vor erheblicher Abstimmungsbedarf, insbesondere bei der technischen Umsetzung und Haftungszuordnung.
Trends der bisherigen Diskussionen weisen auf eine Verschiebung hin zu stärker standardisierten und kontrollierten Prozessen für Drittländer im E-Commerce, wobei die politischen Zielsetzungen klar auf Einnahmengenerierung und Vermeidung von Wettbewerbsverzerrungen innerhalb des Binnenmarktes ausgerichtet sind. Nicht zu unterschätzen ist, dass die tatsächliche Wirkung dieser Massnahmen massgeblich von der administrativen Kapazität der nationalen Behörden und der technischen Interoperabilität der EU-Systeme abhängen wird. 2025 markiert in diesem Kontext eine wichtige Wegscheide – der Ausgang der Detailberatungen wird bestimmen, ob die Reformmassnahmen ihre intendierte Wirkung entfalten oder in der Praxis auf Umsetzungs- und Kontrollhindernisse stossen.
B2C-Lieferanten von Waren mit einem Wert bis höchstens 150 € aus Drittstaaten stehen absehbar vor einer noch stärkeren Selbstverantwortung im Hinblick auf die Entrichtung der Einfuhrumsatzsteuer. Die Möglichkeit, den Import One Stop Shop (iOSS) zu nutzen, bleibt ein zentrales Element, gewinnt dadurch jedoch an Komplexität: Die Debatte, ob iOSS-Anwendungspflichten verschärft und ausgeweitet werden sollen, ist noch nicht abgeschlossen. Ein weiteres Feld der Unsicherheit betrifft die Pflicht zur Einsetzung eines Fiskalvertreters für Anbieter aus Drittstaaten ohne Amtshilfeabkommen. Diese Verpflichtung schafft zusätzliche Hürden für aussereuropäische Akteure und erhöht administrativen Aufwand und Kostenstrukturen.
Überblick aktueller Diskussionen und deren Handlungsoptionen
Diskussionspunkt | Status Mai 2025 | Auswirkungen auf den E-Commerce |
---|---|---|
Absenkung/Abschaffung 150-€-Schwelle | Vertagt | Potenzial für Ausweitung der Steuerpflicht |
Ausweitung iOSS auf Zolllager | Vertagt | Würde Komplexität für Marktplätze erhöhen |
iOSS-Nutzung verpflichtend | Vertagt | Könnte Compliance-Aufwand für Händler erhöhen |
Fiskalvertreterpflicht für Drittländer | Im Konsens | Erhöhte Eintrittsbarrieren für nicht-europäische Anbieter |
Die Uneinigkeit über die zukünftige Ausgestaltung – speziell hinsichtlich einer möglichen Abschaffung der Wertgrenze oder einer verpflichtenden Nutzung des iOSS – spiegelt sich in vorsichtigen Positionierungen der Mitgliedstaaten. Während eine generelle Zustimmung zur Erhöhung der Steuergerechtigkeit zu verzeichnen ist, dominiert Zurückhaltung beim verbindlichen Schritt zu verschärften Pflichten. Ein Risikomoment besteht darin, dass eine Verschärfung insbesondere kleinere E-Commerce-Anbieter aus Drittländern vor erhebliche Herausforderungen stellen könnte – etwa durch die verpflichtende Bestellung von Fiskalvertretern oder die Notwendigkeit, sich an komplexe iOSS-Prozesse anzupassen.
Trends und Szenarien für 2025
Die Nachfrage nach transparenten und praktikablen Steuerlösungen nimmt im Kontext weiter wachsender B2C-Onlinehandelsströme zu. Gleichzeitig steigt der politische Druck, Wettbewerbsverzerrungen innerhalb des EU-Binnenmarkts zu reduzieren. Eine mögliche zukünftige Abschaffung der 150 €-Wertgrenze könnte zum einen für mehr Steuergerechtigkeit sorgen, zum anderen aber Einfuhrprozesse verkomplizieren und insbesondere für kleine Anbieter bürokratische Hürden massiv erhöhen. Die Digitalisierung der Zoll- und Steuerabwicklung bleibt ein kritischer Erfolgsfaktor; Verzögerungen bei der Umsetzung harmonisierter IT-Systeme oder divergierende Schnittstellen könnten zu neuen Marktineffizienzen führen.