Einleitung
Die Vereinigten Staaten unter Präsident Trump verfolgen im Jahr 2025 eine aggressive Zollpolitik mit dem erklärten Ziel, Handelsungleichgewichte zu korrigieren und den internationalen Handel neu zu gestalten. Im Mittelpunkt steht eine Politik sogenannter "Reciprocal Tariffs" – wechselseitiger Zölle –, die pauschal auf nahezu alle Länder erhoben werden, auch auf Staaten mit bestehenden Freihandelsabkommen. Diese Politik sowie weitere Maßnahmen wie Section 232-Zölle auf sicherheitsrelevante Produkte haben tiefgreifende Folgen für globale Lieferketten, insbesondere für exportorientierte Volkswirtschaften in Asien.
Die folgenden Informationen basieren auf einer Zusammenfassung relevanter US-Zollmaßnahmen, insbesondere im Zusammenhang mit Section 301- und Section 232-Zöllen, Anti-Dumping-Zöllen (ADD) und Ausgleichszöllen (CVD). Die Übersicht umfasst sowohl die allgemeinen Hinweise zur Tarifierung, einen Auszug zu geltenden Tarifkategorien sowie wichtige Informationsquellen.Rechtlich zu unterscheiden:
- Allgemeine US-Zollsätze (MFN): Zusätzlich zu den hier dargestellten Sonderzöllen gelten weiterhin die regulären Meistbegünstigungszollsätze für US-Importe.
- Anti-Dumping (ADD) und Ausgleichszölle (CVD): Bei bestimmten Waren können zusätzlich Anti-Dumping-Zölle oder Ausgleichszölle fällig werden.
- Section 232-Stahl/Aluminium-Zölle: Diese Zölle werden unabhängig von den hier vorgestellten Reciprocal-Tarifsätzen erhoben. Eine Überschneidung mit dem zusätzlichen Reciprocal-Zoll erfolgt nicht.
Tarif-Layering & Compliance
- 30 % Satz als Ausgangspunkt: Für viele chinesischen Ursprungswaren wird ein Basiszollsatz von 30 % veranschlagt (zusammengesetzt aus 10 % Reciprocal und 20 % nach IEEPA). Dieser Satz kann jedoch abhängig von der Produktklassifizierung weiter ansteigen.
- Keine Doppelberechnung: Produkte, die bereits dem 25 %-Zoll nach Section 232 (Stahl/Aluminium) unterliegen, sind von dem zusätzlichen 10 % Reciprocal-Zoll ausgenommen.
- Höhere 301-Zölle: Für bestimmte Kategorien (z. B. E-Fahrzeuge, Halbleiter, Solarzellen, Handschuhe, medizinische Artikel) gelten stark erhöhte Zollsätze zwischen 50 % und 100 %.
- Proaktives Compliance-Management: Da die Maßnahmen aktiv durchgesetzt werden, sollten Unternehmen ihre Zolltarifnummern, Ursprünge und geltenden Zollsätze genau prüfen.
Zollanmeldung (Filing Reminder) l aut CBP CSMS #65029337:
- Verwenden Sie HTSUS 9903.01.25, um während einer 90-Tage-Frist den 10 %-Reciprocal-Zoll anzuwenden.
- HTSUS 9903.01.63 (mit vorherigem 125 %-Satz) darf nicht mehr angewendet werden.
- Rechtsquelle CSMS Notice: CBP CSMS #65029337
"Reciprocal Tariffs" als neues Instrument
Am 2. April 2025 verkündete Präsident Trump eine globale Einfuhrzoll-Erhöhung unter dem Begriff "Liberation Day", um sich von den seiner Meinung nach unlauteren Handelspraktiken der Partnerstaaten zu befreien. Jeder US-Handelspartner wurde ab diesem Datum mit einem pauschalen 10 % Zollsatz belegt. Höhere Sätze von bis zu 39 % für einzelne Länder wie Kambodscha oder Vietnam wurden zunächst angekündigt, jedoch vorübergehend ausgesetzt. Ein 90-Tage-Zeitfenster für bilaterale Neuverhandlungen wurde eingeräumt.Bilaterale Verhandlungen: Fortschritte und Hürden
Bisher wurden lediglich mit dem Vereinigten Königreich und China vorläufige "Deals" kommuniziert. Diese beinhalten jedoch keine vollständigen Vereinbarungen, sondern stellen eher Auftakte für längere Verhandlungsprozesse dar. Vor allem asiatische Staaten zeigen sich skeptisch gegenüber den US-Vorgaben:- Die USA weigern sich, Section 232-Zölle als Teil der Verhandlungen aufzunehmen.
- Die "Reciprocal"-Tarife mit einer Mindestgrenze von 10 % gelten auch für FTA-Partner.
- Themen wie "Transshipment" werden von den USA sehr weit ausgelegt.
- Forderungen nach Reduktion chinesischer Wertschöpfungsanteile treffen auf komplexe asiatische Liefernetzwerke.
- Viele Länder zweifeln am Wert neuer Abkommen, da selbst FTA-Partner keine Zollbefreiung erhalten.
Section 232-Zölle: Nationale Sicherheit als Zollargument
Parallel zu den "Reciprocal Tariffs" erhebt die US-Regierung Zölle nach Section 232:- 25 % auf Stahl, Aluminium und daraus gefertigte Produkte (z. B. Küchenutensilien, Tennisschläger)
- 25 % auf Fahrzeuge und Fahrzeugteile
- Geplante Ausweitung auf Halbleiter, pharmazeutische Produkte, Holz, Kupfer, Lkw, kritische Mineralien und Raumfahrtgüter
Struktur der neuen Zollsätze laut CBP-Mitteilungen
Die folgende Tabelle zeigt die Kombinationen der aktuell geltenden US-Zölle:Beschreibung des Zolls | Gesamtzollsatz | Anmerkungen |
---|---|---|
Reciprocal (10 %) + IEEPA (20 %) | 30 % | Ausgangswert für die meisten Waren chinesischen Ursprungs |
Section 301 Liste 1 (25 %) + IEEPA (20 %) + Reciprocal (10 %) | 55 % | List 1 – $34B Action |
Section 301 Liste 2 (25 %) + IEEPA (20 %) + Reciprocal (10 %) | 55 % | List 2 – $16B Action |
Section 301 Liste 3 (25 %) + IEEPA (20 %) + Reciprocal (10 %) | 55 % | List 3 – $200B Action |
Section 301 Liste 4A (7.5 %) + IEEPA (20 %) + Reciprocal (10 %) | 37.50 % | List 4 – $300B Action |
Steel/Aluminium (Section 232 – 25 %) + IEEPA (20 %) | 45 % | Section 232-Zölle gelten separat; der 10 %-Reciprocal-Zoll greift nicht |
Section 301 Liste 1 (25 %) + Stahl (25 %) + IEEPA (20 %) | 70 % | List 1 – $34B Action |
Section 301 Liste 2 (25 %) + Stahl (25 %) + IEEPA (20 %) | 70 % | List 2 – $16B Action |
Section 301 Liste 3 (25 %) + Stahl (25 %) + IEEPA (20 %) | 70 % | List 3 – $200B Action |
Section 301 Liste 4A (7.5 %) + Stahl (25 %) + IEEPA (20 %) | 52.50 % | List 4 – $300B Action |
Herausforderungen für Handelspartner
Trump verfolgt mit seiner Politik das Ziel, die Zahl der Handelspartner zu reduzieren und neue bilaterale Strukturen zu schaffen. Dies führt zu folgenden Problemen:- Zeitdruck: Mit 60 betroffenen Ländern sind parallele Verhandlungen kaum machbar.
- Rechtsunsicherheit: Häufige Richtungswechsel (50 Änderungen in 100 Tagen) erschweren Planung.
- Unklarheit über "regionale" Tarife: Angeblich sollen differenzierte Regionalzollsätze per Brief kommuniziert werden.
- Systembruch im Welthandel: Auch FTA-Partner erhalten keine Vorzugsbehandlung mehr.
Handlungsempfehlungen für Exporteure und Berater
- Kontinuierliche Beobachtung der US-Zollpolitik, insbesondere neuer Section 232-Maßnahmen oder bilateraler Verhandlungsfortschritte.
- Prüfung von Lieferketten auf kritische Komponenten (z. B. Stahl, Aluminium, Halbleiter oder chinesischer Ursprung), um Risiken zu minimieren.
- Anpassung der Ursprungsregeln und Verifizierung der Zolltarifnummern, um potenziell betroffene Produkte anders zu klassifizieren.
- Aktive Kommunikation mit Kunden und Partnern, um über potenzielle Preis- und Lieferänderungen rechtzeitig zu informieren.
Fazit und Ausblick
Die US-Zollpolitik 2025 unter Trump führt zu massiven Umwälzungen im globalen Handel. Mit pauschalen "Reciprocal"-Zöllen und national sicherheitsbegründeten Section 232-Maßnahmen entsteht eine neue Form wirtschaftlicher Abschottung. Für die Schweiz und andere Exportländer bedeutet dies:- Sorgfältige Überwachung der geltenden US-Zölle
- Anpassung von Lieferketten zur Vermeidung betroffener Komponenten (z. B. Stahl, China-Anteil)
- Aktive Verhandlungsführung zur Wahrung des Marktzugangs
Nützliche Quellen
- White House Fact Sheet, Mai 2025
- Presidential Executive Order, Mai 2025
- White House Fact Sheet (Mai 2025): https://taxfoundation.org/research/all/federal/trump-tariffs-trade-war/
- Presidential Executive Order (Mai 2025): https://www.brookings.edu/articles/what-does-the-us-uk-deal-mean-for-trumps-trade-agenda/
- US-China Tarifeinschätzung: https://www.hinrichfoundation.com/research/article/us-china/major-u-turn-on-us-china-tariffs/
- Washington Post Analyse (Mai 2025): https://www.washingtonpost.com/business/2025/05/14/trump-tariffs-china-trade/
- Politico zur Tarifankündigung: https://www.politico.com/news/2025/05/16/trump-says-us-will-set-new-tariff-rates-for-countries-skirting-negotiations-00353370
- CNN-Interview mit Scott Bessent: https://edition.cnn.com/2025/05/18/business/scott-bessent-trump-tariffs-china