Die Schweizer Zollverwaltung steht vor umfassenden Veränderungen: Die Totalrevision des Zollgesetzes schafft die Basis für eine beschleunigte Digitalisierung, vereinheitlichte Prozesse und neue regulatorische Rahmenbedingungen. Das Protokoll der aktuellen Sitzung der Begleitgruppe Wirtschaft zeigt, wie das BAZG mit innovativen Lösungen und gezieltem Austausch mit der Wirtschaft die Weichen für eine zukunftsfähige Zolllandschaft stellt.
Digitalisierungsschub, neue Prozesse und Herausforderungen – Einblicke in die jüngsten Entwicklungen der Zollgesetzgebung
Modernisierung des Schweizer Zollwesens: Aktuelles BAZG-Update zur Totalrevision
Die Totalrevision des Zollgesetzes: HintergrĂĽnde und Zielsetzungen
Wesentlicher Inhalt
Die Schaffung des BAZG-Vollzugsaufgabengesetzes (BAZG-VG) vereinfacht und digitalisiert sowohl die Abgabenerhebung als auch die Kontrolle des grenzüberschreitenden Warenverkehrs. Damit erhält das BAZG mehr organisatorische Flexibilität und Rechtssicherheit. Zugleich wird das bisherige Zollgesetz auf die Erhebung der Zölle und Abgaben reduziert (Zollabgabengesetz, ZoG), während weitere abgaben- und nichtabgabenrechtliche Erlasse angepasst werden. Diese tiefgreifenden Änderungen sind Teil des Digitalisierungsprogramms DaziT, das den Paradigmenwechsel zu durchgängig digitalen Prozessen ermöglicht.Mehr erfahren (BAZG)
Rechtliche Neuerungen und parlamentarische Beratung
Wichtige Änderungen
Steigerungserlöse werden künftig als Grenzabgaben behandelt. Im Veredelungsverkehr ist eine Konsultationspflicht für bestimmte landwirtschaftliche Produkte eingeführt worden. Neu ist die Möglichkeit zur minimalen Warenanmeldung, bei der fehlende Daten nachträglich ergänzt werden können. Vereinfachungen gibt es bei Rückerstattungen für landwirtschaftliche Grundprodukte. Das Alkoholgesetz gilt auch beim grenzüberschreitenden Verkehr. Die Frist für Einsprachen gegen Verfügungen des BAZG wurde auf ein Jahr erhöht – ein gestärkter Rechtsschutz und höhere Flexibilität für Unternehmen.
Digitalisierung und Automatisierung der Zollprozesse
Digitalisierungsstrategie
Zukünftig werden alle Zollprozesse digitalisiert und standardisiert. Das BAZG-VG schafft die Rechtsgrundlage für automatisierte Prüfverfahren und ermöglicht eine flexible, elektronische Warenanmeldung. Unternehmen profitieren von fünf alternativen Modellen zur Warenanmeldung, darunter vereinfachte Varianten für KMU. Die Strategie integriert auch Schnittstellen zu Kontrollbehörden und Künstliche Intelligenz für die Prozessoptimierung.
Passar als Kernelement der neuen Exportabwicklung
Status 2025
Der aktuelle Anteil der Passar-Ausfuhren beträgt 17 %. Passar übernimmt sämtliche Funktionen zur Ablösung des bisherigen E-dec-Exportsystems, inklusive automatischer Bewilligungsprüfungen. Um die Umstellungsrate zu erhöhen, werden weitere Massnahmen geprüft. Für Tabakfabrikate gilt eine verlängerte Übergangsregelung. Die Pflichtumstellung ist auf den 31. Dezember 2025 angesetzt.
Status und Roadmap der Passar-Einfuhr
Meilensteine und Ausblick
Die Entwicklung der Passar-Einfuhr verläuft planmässig. Nach Abschluss des internen Testings läuft seit Mai 2025 der Integrationstest mit Branchensoftware. Die Roadmap von Passar 2.0 ist öffentlich einsehbar. Bis 2027 läuft die Übergangsphase mit Parallelbetrieb von E-dec Import und Passar. Pilotprojekte zur Automatisierung in Schiffs-, Bahn- und Luftfracht sind gestartet.Offizielle Roadmap (BAZG)
Stammdatenanpassungen und Harmonisierung von CITES-Prozessen
Digitalisierung und Kontrolle
Ab August 2025 werden die Tarife und Stammdaten im CITES-Vollzugsbereich angepasst. Statt NZE-Codes werden regulierte Codes für verschiedene Vollzugsprozesse eingeführt. Ohne korrekte Codes und Zusatzdokumente werden Zollanmeldungen automatisch abgelehnt – ein Schritt hin zu mehr digitaler Einheitlichkeit im Umgang mit kontrollierten Gütern.
Automatisierter GrenzĂĽbertritt: Neue Technologien im Praxistest
Praxistest & Ausblick
Die Aktiv-App und automatisierte Prozesse ermöglichen Grenzübertritte ohne administrativen Halt. Drei Komponenten sind wesentlich: Transportanmeldung, Grenzsensortechnik und Anzeige des Kontrollentscheids. Die Aktiv-App dient dabei als Sensor wie Anzeige. Mit der EU werden digitale Tickets eingeführt. Das Automated Vehicle Control (AVECO) System wird an Standorten wie Chiasso und Schaanwald getestet und könnte schweizweit bis 2035 etabliert sein.
Involvierung der Wirtschaft und nächste Schritte
Partizipativer Prozess
Die Umsetzung der Revision erfolgt in enger Abstimmung mit Branchenverbänden, Software-Anbietern und internationalen Partnern. In der geplanten Vernehmlassung werden alle relevanten Verordnungen konsultiert. Die finale Ausgestaltung wichtiger Aspekte wie der minimalen Warenanmeldung findet im direkten Dialog statt. Regelmässige Sitzungen der Begleitgruppe Wirtschaft dienen als zentrale Steuerungsplattform.Detaillierte Infos (douana.ch)
Fazit und Ausblick
Die Totalrevision des Zollgesetzes markiert einen historischen Schritt hin zu einer flexiblen, digitalen und wirtschaftsnahen Schweizer Zollverwaltung. Mit neuen Rechtsgrundlagen, modernen IT-Lösungen und vereinfachten Prozessen wird sowohl die Wettbewerbsfähigkeit gefördert als auch die Rechtssicherheit gestärkt. Die Implementierung bleibt ambitioniert – und der enge Dialog zwischen BAZG, Wirtschaft und IT-Dienstleistern ein Schlüsselfaktor für den Erfolg.