Zolltarifnummer Schweiz korrekt festlegen

Zolltarifnummern korrekt einreihen – ein praktisches Beispiel (Business-Case)

1. Einleitung

Die Zolltarifnummer, auch bekannt als Harmonisiertes System (HS-Code), ist ein zentraler Baustein des globalen Handels und spielt eine unverzichtbare Rolle bei der Klassifikation von Waren. Sie fungiert als universelle Sprache für den internationalen Handel und bietet eine Grundlage für die Zollabwicklung, die Erhebung statistischer Daten sowie die Verrechnung von Abgaben.

Die Schweiz, als integraler Bestandteil der Weltwirtschaft, ist auf eine präzise und konsistente Anwendung der Zolltarifnummer angewiesen, um ihre Handelsbeziehungen effizient zu gestalten und rechtlichen Anforderungen zu entsprechen. Diese Arbeit analysiert die Relevanz der Zolltarifnummer in der Schweiz und beleuchtet ihre rechtlichen, ökonomischen und technologischen Implikationen, wobei insbesondere auf die Rolle der Digitalisierung eingegangen wird.

2. Grundlagen und Definition

Die Zolltarifnummer basiert auf dem Harmonisierten System (HS), das von der Weltzollorganisation (WCO) entwickelt wurde und mehr als 98 % des globalen Handels abdeckt. Die HS-Codes sind hierarchisch strukturiert und bieten eine weltweit standardisierte Klassifikation von Gütern, die länderspezifisch erweitert werden kann.

Struktur der Zolltarifnummer

  • Kapitel (2 Stellen): Hauptgruppen von Waren, z. B. Kapitel 85 für elektrische Geräte.

  • Position (4 Stellen): Spezifische Unterteilungen innerhalb eines Kapitels.

  • Unterposition (6 Stellen): Präzisere Definition von Warenkategorien.

  • Nationale Erweiterungen: Die Schweiz verwendet achtstellige Zolltarifnummern (mit einem Punkt nach den ersten vier Stellen) und vergibt zusätzlich dreistellige statistische Schlüssel, um spezifische Informationen zu Waren zu ergänzen und Handelsstatistiken zu ermöglichen.

Praxisbeispiel Zolltarifeinreihung:

Ein Schweizer Importeur importiert Draht aus Kupfer. Das Kapitel Kupfer ist gemäss dem Schweizerischen Zolltarif (TARES) Kapitel 74. Innerhalb des Kapitels ist Draht aus Kupfer der Position 7408 zugeteilt. Anschliessend unterschiedet der Zolltarif zwischen Draht aus raffiniertem Kupfer sowie Draht aus Kupferlegierungen. Handelt es sich umd Draht aus raffiniertem Kupfer, ist die grösste Querschnittdimension massgebend:

Draht aus raffiniertem Kupfer, mit einer grössten Querschnittsdimension von mehr als 6 mm wird wie folgt eingereiht:  7408.1100

Draht aus raffiniertem Kupfer, mit einer grössten Querschnittsdimension von weniger als 6 mm wird wie folgt eingereiht:  7408.1900

Hingegen wird Draht aus Kupferlegierungen wie folgt eingereiht:
7408.2100: Draht aus Kupfer-Zink-Legierungen (Messing)

7408.2200: Draht aus Kupfer-Nickel-Legierungen (Kupronickel) oder Kupfer-Nickel-Zink-Legierungen (Neusilber)

7408.2800: Draht aus anderen Kupferlegierungen. 

Dabei verzichtet die Schweiz im gegebenen Fall auf eine weiterführende Vertiefung der Klassifzierung, daher sind die letzten zwei Positionen mit «00» festgelegt. 


In der EU hingegen wird der Zolltarif (TARIC) weiter aufgeschlüsselt. So unterscheidet die EU bei Draht aus raffiniertem Kupfer nach weiteren Querschnittdimensionen: 

7408 1990 entspricht Kupfer mit einer grössten Querschnittsabmessung von 0.5mm oder weniger.

Dabei ist zu beachten, dass das Punkt eine schweizerische Eigenheit ist. 

Definitionen was ein Draht ist und was eine Legierung ist, findet man unter den Allgemeinen 

Man sollte nicht nur nach Texten suchen im dazu vorgesehenen pratischen Suchfeld des Zolltarifs (TARES), sondern ein Verständis für die Allgemeinen Vorschriften zur Auslegung des Harmonisierten Systems haben, die relevanten Anmerkungen zu den Kapiteln als auch Zolltarifnummern konsultieren, genauso wie die Bemerkungen zum Zolltarif und allfällige bereits bestehende Zolltarifentscheide. Diese haben alle gesetzlichen Charakter.

Wichtig zu wissen:

Eine Zolltarifnummer kann man somit nicht, wie oft gemeint, nach belieben wählen. Die  präzise Klassifikation ist entscheidend, um die korrekten Zollsätze zu ermitteln und die Einfuhrabwicklung zu optimieren. Verantwortlich für die korrekte Einreihung ist der Importeur der Ware im jeweiligen Land. Ferner ist wichtig zu wissen, dass man bei für Produkte, deren Einreihung nach der Konsultation der entsprechenden Regelwerke immer noch kritisch ist, offizielle Zolltarifentscheide einholen kann. Bei diesen ist sind korrekte und für die Einreihung relevante Fakten massgebend, was oft auch mit dem Einreichen von Produkten oder Rezepturen verbunden ist.

Ein nationaler Zolltarifentscheid ist zudem nur für das jeweilige Land verbindlich. Andere Länder können andere Auslegungen haben, was gerade im Bereich Strafzöllen oder Lebensmittel oft der Fall ist. Oft werden kritsche Tariffragen auch im Gremium der Weltzollorganisation besprochen, ein rechtliches Vorgehen würde jedoch Jahre dauern und ist sehr kostspielig, es empfiehlt sich bei Fragestellungen zur Zolltarifeinreihung DOUANA frühzeitig ins Boot zu holen. 

 

Gesetzliche Grundlagen:

Abkommen zur Errichtung des Harmonisierten Systems (HS-Convention), ratifiziert durch die Schweiz 1988. Weitere Informationen sind auf der Website der World Customs Organization verfügbar.

Zolltarifgesetz der Schweiz: https://www.fedlex.admin.ch/eli/oc/2022/119/de

Weiterführender Link:

Schweizer Zolltarif (Übersicht der Abschnitte): https://xtares.admin.ch/tares/main/mainFormHandler.do;jsessionid=_rXg5LunTmWUp4eyltE-x26VnzbSJ4-1IfFtkTchCrn2_KR0IiGz!-18287485?tnNummer=&kopfdaten.direction=import&kopfdaten.userCountryIso2Code=DE&kopfdaten.countryIso2Code=DE&kopfdaten.date=07.02.2025&tn=&search=Suchen&searchText=&searchTextD4=&sucheEntscheideD4RadioButton=volltext&searchTextD6=&searchTextANM=&chemicalSearchType=cas&chemicalField=


3. Relevanz der Zolltarifnummer in der Schweiz

Die Zolltarifnummer ist für die Schweiz als Nicht-EU-Land von besonderer Bedeutung, da sie die Basis für den internationalen Handel bildet. Die Schweiz hat sich an internationalen Standards orientiert und spezifische Anpassungen vorgenommen, um ihre rechtlichen und wirtschaftlichen Interessen zu wahren.

  • Harmonisierung mit internationalen Vorschriften: Die Schweiz ist ein aktives Mitglied der WCO und integriert die globalen Standards in ihr nationales Zollsystem.

  • Tares-System: Ein benutzerfreundliches Online-Tool, das detaillierte Informationen zu Zolltarifnummern und anwendbaren Zollsätzen bereitstellt.

  • Statistische Relevanz: Die korrekte Anwendung von HS-Codes bildet die Grundlage für die Analyse von Handelsströmen und die Entwicklung wirtschaftspolitischer Massnahmen.

Praxisbeispiel: Die Importstatistik der Schweiz für Nahrungsergänzungsmittel zeigt anhand der Zolltarifnummer 2106.90 signifikante Importzuwächse, was auf eine steigende Nachfrage hinweist.

4. Regulatorische Aspekte im internationalen Business

Die Einhaltung von Vorschriften im Zusammenhang mit der Zolltarifnummer ist unabdingbar, um Handelsbarrieren zu reduzieren und rechtliche Sanktionen zu vermeiden. Zusätzlich dient die Zolltarifnummer als Basis für zahlreiche nicht abgabenrelevante und zollrechtliche Erlasse. Länder wenden diese Erlasse unterschiedlich an, sowohl in Bezug auf Dichte als auch Tiefe.

  • Informationsgehalt über weitere Bestimmungen: Die Zolltarifnummer gibt auch Auskunft über Regeln wie Sicherheitsstandards, Umweltauflagen oder technische Anforderungen. Beispiele hierfür sind das CBAM (Carbon Border Adjustment Mechanism) der EU, die Entwaldungsverordnung, Dual-Use-Bestimmungen und Exportkontrollvorschriften.

  • Wachsende Bedeutung: Die Bedeutung der Zolltarifnummer nimmt stetig zu, da immer mehr Regelwerke an sie anknüpfen. Dies erhöht die Notwendigkeit präziser Klassifikationen.

  • Präferenzregelungen: Durch Freihandelsabkommen können Unternehmen von reduzierten Zollsätzen profitieren, wenn die Waren korrekt klassifiziert sind.

  • Sanktionen bei Fehlern: Falsche Deklarationen führen häufig zu hohen Bussgeldern und Verzögerungen.

  • Zertifikate und Dokumente: Die Zolltarifnummer bestimmt, welche zusätzlichen Nachweise für den Export oder Import erforderlich sind.

Praxisbeispiel: Ein Schweizer Unternehmen exportiert Kunststoffbehälter nach China und nutzt das bilaterale Freihandelsabkommen, indem es die Ware unter dem HS-Code 3923.21 deklariert. Dies ermöglicht zollbegünstigte Lieferungen für das spezifische Produkt. Dazu müssen erst die Regeln des Freihandelsabkommens für die Tarifnummer 3929 konsultiert werden


5. Bedeutung von Zollabgaben in der Schweiz

In der Schweiz nimmt die Bedeutung der Zollabgaben stetig ab, insbesondere aufgrund der Abschaffung der Industriezölle ab 2024. Dennoch bleibt die präzise Einreihung in die Zolltarifnummern ein zentraler Aspekt.

  • Reduktion der Zölle: Industriezölle werden vollständig eliminiert, wodurch die Schweiz ihre Position als internationaler Handelsstandort stärkt.

  • Protektionistische Bereiche: In Sektoren wie Landwirtschaft und Lebensmittelindustrie bleiben die Zölle jedoch hoch, um den einheimischen Markt zu schützen.

  • Importvorschriften: eine korrekte Zolltarifnummer gibt auch erst korrekt Auskunft über Importvorschriften wie VOC, Importbewilligungen, etc

Praxisbeispiel: Während die Einfuhr von Maschinen zollfrei wird, fallen bei landwirtschaftlichen Erzeugnissen wie Fleisch oder Käse weiterhin erhebliche Abgaben an.

6. Wirtschaftliche Auswirkungen

Die korrekte Anwendung der Zolltarifnummer beeinflusst massgeblich die Kostenstruktur und die Wettbewerbsfähigkeit von Unternehmen im internationalen Handel.

Kostenersparnis durch Präzision

Falsche Klassifikationen können erhebliche finanzielle Auswirkungen haben, einschliesslich höherer Zollsätze und zusätzlicher Verwaltungsaufwände.

Praxisbeispiel: Ein Textilimporteur spart 80 000 CHF an Zöllen pro Jahr, indem er seine Ware korrekt deklariert. Oder umgekehrt: Ein Textiimporteur klassierte jahrelang seine Produkte falsch. Der Zoll fordert die dem Staat entgangenen Zölle über mehrer Jahre nach, Betrag: 250 000 CHF.

Minimierung von Verzögerungen

Fehlerhafte Angaben führen oft zu zeitintensiven Prüfungen durch Zollbehörden, was Lieferketten beeinträchtigen kann.

Praxisbeispiel: Ein Pharmaunternehmen erlebt Lieferverzögerungen von zwei Wochen, da ein Medikament falsch deklariert wurde und Sachbezeichnungen für die Zolltarifeinreihung unpräzise auf der Proforma-Rechnung war.

Förderung des Marktzugangs

Die Einhaltung internationaler Standards erleichtert den Zugang zu globalen Märkten und reduziert Handelsbarrieren.


7. Digitalisierung als Zukunftsperspektive

Die Digitalisierung eröffnet neue Möglichkeiten für die Automatisierung und Effizienzsteigerung im Zollwesen.

  • Blockchain-Technologie: Diese ermöglicht eine transparente und unveränderbare Dokumentation von Handelsströmen.

  • Künstliche Intelligenz: KI-gestützte Systeme automatisieren die Klassifikation von Waren und reduzieren Fehler.

  • IoT und Echtzeit-Datenanalyse: Sensoren liefern wertvolle Daten über Waren, die für die Zollabwicklung genutzt werden können.

Praxisbeispiel: Durch den Einsatz von KI könnte der Zoll die Bearbeitungszeit von Zollanmeldungen um 30 % reduzieren.


8. Fazit und Handlungsempfehlungen

Die Zolltarifnummer ist ein essenzielles Instrument für den internationalen Handel. Unternehmen sollten in die Schulung ihrer Mitarbeiter, den Einsatz moderner Technologien und die Zusammenarbeit mit Experten investieren, um die Herausforderungen eines globalisierten Handels effektiv zu meistern.


Relevante Links und Quellen

  1. Harmonisiertes System (HS-Convention): World Customs Organization

  2. Freihandelsabkommen Schweiz-China: SECO

  3. Zollverwaltung (BAZG) und Zolltarif: https://www.bazg.admin.ch/bazg/de/home/services/services-firmen/services-firmen_einfuhr-ausfuhr-durchfuhr/zolltarif-tares.html